Stand: 27.04.2015 06:53 Uhr

Bergen-Belsen: Gauck betont "unermessliche Schuld"

Bundespräsident Joachim Gauk bei der Gedenkfeier zur Befreiung des KZ Bergen-Belsen 1945. © dpa - Bildfunk Foto: Peter Steffen
Bundespräsident Gauck dankte in seiner Rede zum 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen dem britischen Militär.

Im Konzentrationslager Bergen-Belsen im Landkreis Celle wurden während des Zweiten Weltkrieges mehr als 50.000 Häftlinge und 20.000 Kriegsgefangene getötet. Der Schrecken endete erst, als am 15. April 1945 britische Soldaten das Lager befreiten. Bei einer zentralen Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Befreiung würdigte Bundespräsident Joachim Gauck die Rolle des britischen Militärs. "Die britischen Soldaten waren Botschafter einer demokratischen Kultur, die nicht auf Rache am Feind bedacht war, sondern dem Recht und der Menschenwürde auch in Deutschland wieder zu neuer Geltung verhelfen sollte", sagte Gauck. Es sei sein "tief empfundenes Bedürfnis", den Befreiern von Herzen Dank zu sagen. Die Deutschen hätten zwischen 1933 und 1945 in ganz Europa eine "unermessliche Schuld" auf sich geladen. Orte wie Bergen-Belsen, Buchenwald oder Dachau seien Symbole dieses Abgrundes, so der Bundespräsident.

Weil: Müssen entschlossen gegen Rassismus vorgehen

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) rief dazu auf, die Verbrechen der Nationalsozialisten niemals zu vergessen. "Mord verjährt nicht, Massenmord und Völkermord erst recht nicht", sagte er in seiner Ansprache. Gerade in Deutschland müsse mit aller Entschlossenheit gegen jedes Anzeichen von Rassismus, Ausländerfeindlichkeit oder Rechtsextremismus vorgegangen werden."Wenn sich Flüchtlinge vor Brandanschlägen fürchten, wenn Juden in Deutschland wieder Unsicherheit verspüren, wenn Menschen wegen ihres Glaubens ausgegrenzt werden - dann dürfen wir das nicht akzeptieren und zur Tagesordnung übergehen", so Weil.

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Britischer Soldat spricht mit einem Insassen nach der Befreiung der KZ Bergen-Belsen. (Bild: DPA) © dpa - Report Foto: epa PA Beth Shalom

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Warnung vor aufkommenden Antisemitismus

Auch der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, warnte vor einem wiederauflebenden Antisemitismus in Europa. Einmal mehr verdrehten Antisemiten die Wahrheit und leugneten die Leistungen von Juden überall auf der Welt. 70 Jahre nach der Befreiung des Lagers Bergen-Belsen könne ein jüdischer Junge wieder nicht mit der jüdischen Kopfbedeckung durch die Straßen von Paris, Kopenhagen oder London gehen, ohne um sein Leben fürchten zu müssen.

Überlebende sprechen bei zentraler Gedenkfeier

Die Gedenkveranstaltung, an der auch rund 100 Überlebende aus aller Welt teilnahmen, hatte am Morgen mit einer Kranzniederlegung am Kriegsgefangenenfriedhof Bergen-Belsen begonnen. Mit dabei waren auch ehemalige britische Soldaten, die Bergen-Belsen am 15. April 1945 befreit hatten, sowie der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, und der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose. Anschließend erinnerten auch sechs Überlebende an ihre Leidenszeit im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

Noch heute sind Massengräber zu sehen

Auf dem weitläufigen Gelände in Bergen-Belsen sind heute noch 13 Massengräber zu sehen. In ihnen sind Tausende Häftlinge begraben, die im KZ verhungerten oder ermordet wurden. Schlichte, schwarze Steine erinnern an sie. Auch Anne Frank ist hier mit ihrer Schwester Margot ums Leben gekommen. Heute erinnert in der Gedenkstätte Bergen-Belsen ein Teil der Dauerausstellung an das jüdische Mädchen, das in Amsterdam lebte.

Überlebende berichten
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Dieses Thema im Programm:

26.04.2015 | 12:30 Uhr

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