Stand: 30.04.2020 20:39 Uhr

Wie Hamburg 1945 kapitulierte

von Maiken Nielsen
Hamburg Rathausmarkt, 3. Mai 1945 © NDR/Cinecentrum/Imperial War Museum
Britische Soldaten stehen am 3. Mai 1945 auf dem Hamburger Rathausmarkt.

Es ist Krieg - Ende April 1945 in Hamburg: Inzwischen glaubt kaum noch jemand ernsthaft an eine erfolgreichen Verteidigung der Stadt. Hamburg liegt in Trümmern, die Menschen sehnen sich nach Frieden. Auch bei den nationalsozialistischen Machthabern schwindet die Hoffnung auf den Endsieg: bei Gauleiter Karl Kaufmann, Hitlers Statthalter in Hamburg ebenso wie beim militärischen Befehlshaber in der Hansestadt, Generalmajor Alwin Wolz. Doch noch sind sie gebunden an die Befehle aus Berlin. Und die lauten: Stellung halten. Die Briten sind bis auf 15 Kilometer herangerückt an die Stadt, Die britische Armee steht in der Lüneburger Heide. Dort hatten die Soldaten am 15. April das Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit.

Kurz vor dem Zusammenbruch

Am 3. Mai 1945 steht Nazi-Deutschland kurz vor dem Zusammenbruch. Adolf Hitler ist seit drei Tagen tot, das Regime aber noch nicht am Ende. Doch dieser Tag wird die entscheidende Wende bringen, kaum ein anderer Tag in Hamburg ist so voller überraschender Wendungen wie dieser 3. Mai. Ausgerechnet ein Hamburger, der weder politische noch militärische Ämter innehatte, verhandelte in den Tagen zuvor mit den Nazis: Albert Schäfer, Direktor der Phoenix-Gummiwerke in Harburg. In seiner Fabrik sind Verwundete einquartiert und er fürchtet, dass sie einem Angriff der Briten schutzlos ausgeliefert wären. Schäfer bittet die Briten auf eigene Faust um eine Feuerpause - und überbringt den Nazis im Gegenzug eine Kapitulationsaufforderung.

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Briten stellen simple Bedingungen

In den frühen Morgenstunden des 3. Mai stehen die Kapitulationsverhandlungen kurz vor dem Ende. Flakgeneral Alwin Wolz und NSDAP-Gauleiter Karl Kaufmann wollen Hamburg eine gewaltsame Eroberung ersparen - und damit ein Schicksal, wie es Bremen am 27. April ereilt hat. Die Bedingungen der Briten sind simpel: Sie verlangen, dass sich alle Kampftruppen zurückziehen und dass die Nazis keine Beweise vernichten, die ihre Verbrechen belegen.

 

Tatsächlich verwischen die Nazis seit Wochen hektisch alle Spuren ihrer Schreckensherrschaft. Aus dem Konzentrationslager Neuengamme hat die SS über 9.000 Häftlinge in Richtung Ostsee geschickt. In der Lübecker Bucht pferchen sie die KZ-Überlebenden auf den Schiffen "Thielbek" und "Cap Arcona" zusammen. Die britischen Jagdflugzeuge, die an diesem Tag über der Ostsee fliegen, bombardieren die Schiffe. Sie glauben, an Bord befänden sich SS-Leute. Nur etwa 200 der entkräfteten Häftlinge überleben die Bombardierung.

Panzerdivision kommt über die Elbbrücken

In Hamburg haben sich Nazis und Briten inzwischen auf die Übergabe der Stadt geeinigt. Die Zivilbevölkerung wird informiert. Am 3. Mai darf ab 13 Uhr kein Hamburger mehr auf die Straße. Etwa zwei Stunden später setzen sich die britischen Truppen in Bewegung. In drei Marschsäulen von Hittfeld über Sinsdorf, von Nenndorf über Tötensen und von Buxtehude über Fischbek rückt die 7. Panzerdivision auf Hamburg vor. Sie vereinigen sich vor den Elbbrücken und fahren über den Heidenkampsweg und die Mönckebergstraße zum Rathaus.

Um 18.25 Uhr übergibt Generalmajor Alwin Wolz vor dem Portal des Rathauses in seiner Eigenschaft als Kampfkommandant Hamburg an den britischen Brigadegeneral Douglas Spurling. Hamburg ist befreit.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Das Hamburger Hafenkonzert | 03.05.2020 | 06:00 Uhr

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