Stand: 07.07.2020 10:00 Uhr

Angriff auf Fotografen - noch kein Verfahren in Sicht

von Julian Feldmann

Es ist vielleicht einer der schwersten Angriff auf Journalisten in den letzten Jahren. Als zwei Fotografen im April 2018 ein Treffen von Rechtsextremisten im thüringischen Fretterode (Eichsfeld) dokumentierten, wurden sie von zwei Neonazis angegriffen, schwer verletzt und beraubt. Laut Anklageschrift sollen die beiden mutmaßlichen Täter mit einem Messer und einem schweren Schraubenschlüssel die Fotografen attackiert haben. Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen hatte im Februar 2019 Anklage beim Landgericht erhoben. Über die Zulassung dieser Anklage hat das Landgericht Mühlhausen aber fast anderthalb Jahre später noch nicht entschieden.

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Vorsitzender Richter in Pension

Der Vorsitzende Richter der zuständigen dritten großen Strafkammer sei im Dezember 2019 pensioniert worden, begründet die Sprecherin des Landgericht Mühlhausen, Gitta Fehr-Albrado, die Verzögerung. Davor sei der Richter "urlaubsbedingt" über zwei Monate "abwesend" gewesen. Der Richter hatte seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand beantragt. Das Verfahren zur Neubesetzung laufe. 

Gegenüber ZAPP ergänzt Fehr-Albrado: Derzeit bearbeite die Strafkammer nur bereits laufende Verfahren und Haftsachen. Das Verfahren gegen die beiden Rechtsextremisten werde die Kammer voraussichtlich im Spätsommer bearbeiten. Eine Übernahme der Strafsache durch eine andere Kammer des Landgerichts sei nicht möglich.*

Taten werden "nicht mit dem geborenen Nachdruck verfolgt"

Für den Anwalt eines der Opfer, Rechtsanwalt Rasmus Kahlen, ist das keine zufriedenstellende Erklärung: "Es ist nicht nachvollziehbar, wieso durch eine Pensionierung ein Verfahren eineinhalb Jahre lang nicht bearbeitet wird". Außerdem unterlägen Jugendstrafsachen "einem besonderen Beschleunigungsgebot, da das Jugendstrafrecht auch erzieherisch auf Angeklagte einwirken soll", sagt Kahlen gegenüber ZAPP : "Die Verhandlung über die Vorwürfe soll zügig stattfinden, damit für den Täter noch eine Beziehung zwischen Tat und Sanktion besteht."

Rasmus Kahlen © NDR Foto: Screenshot
Rechtsanwalt Rasmus Kahlen kritisiert das langsame Handeln der Justiz im Fall Fretterode.

Rasmus Kahlen vertritt einen der verletzen Fotografen und sieht im langsamen Handeln der Justiz auch ein falsches Signal an die mutmaßlichen Täter. "Bei rechtsextremen Tätern, bei denen anzunehmen ist, dass die Tat Ausfluss ihrer Gesinnung ist, besteht die Gefahr, dass diese aus der Verzögerung den Schluss ziehen, dass derartige Übergriffe für sie folgenlos bleiben", sagt Kahlen. Der Rechtsanwalt befürchtet dadurch "erhebliche Auswirkungen auf das zukünftige Gewaltpotenzial dieser Täter". Für die Geschädigten bleibe die Erkenntnis, dass derartige Taten von der Justiz nicht mit dem gebotenen Nachdruck verfolgt würden.

Angeschuldigten drohen hohe Haftstrafen

Weil es sich laut Anklage um einen schweren Raub mit dem Einsetzen von Waffen handelt, drohen den beiden Angeschuldigten langjährige Haftstrafen. Der zum Tatzeitpunkt 18 Jahre alte zweite Beschuldigte müsste dann wohl mit einer empfindlichen Jugendstrafe rechnen. Die Verteidiger der beiden Rechtsextremisten wollten sich auf ZAPP-Anfrage nicht äußern.

*Auf Anfrage von ZAPP teilte das Landgericht Mühlhausen Anfang November 2020 mit, dass die Anklage vollumfänglich zugelassen wurde. Ein Prozessbeginn war zunächst noch nicht terminiert.

Weitere Informationen
Neo-Nazi- Schläger verfolgt Journalisten © NDR

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Dieses Thema im Programm:

ZAPP | 28.11.2018 | 23:20 Uhr

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