Unsere Geschichte

Als die Amerikaner in den Norden kamen

Samstag, 04. Mai 2024, 12:00 bis 12:45 Uhr

Die Geschichte der GIs in Norddeutschland begann im April 1945. Bremen war zu 59 Prozent, Bremerhaven zu 56 Prozent zerstört. Schon vor Kriegsende war klar, dass Bremen und Bremerhaven amerikanische Enklaven werden sollten. Die Amerikaner brauchten einen Hafen an der Küste. Über Jahrzehnte spielte Bremerhaven als "Port of Embarkation" eine zentrale Rolle in Europa. Hunderttausende GIs und sämtlicher Nachschub der US-Armee landeten hier an. Bremen nannte sich stolz "Vorstadt von New York", doch Bremerhaven war der "Vorort von New York".

Das Verhältnis war zerrüttet, doch kleine Gesten schufen Vertrauen

Amerikanische Soldaten stehen vor einem Kriegsschiff. © NDR
Bremerhaven war ein wichtiger Standort für die USA.

Anfangs war das Verhältnis zwischen Besatzern und Besetzten zerrüttet - wie sollte es anders sein. Die Amerikaner machten sich nicht beliebt, als sie über 4.000 Wohnungen in Bremen und Bremerhaven beschlagnahmten. USA übersetzten die Bremer spöttisch mit: Uhren stehlen sie auch! Es kam auch nicht besonders gut an, dass die Amerikaner im altehrwürdigen Bremer Ratskeller "GI Joe's Bar" einrichteten und am Ende 400.000 Flaschen edelster Wein in den Beständen fehlten. Doch bald gewöhnte man sich aneinander und - man mochte sich sogar. Es waren die kleinen Gesten, die Vertrauen schufen. Im Dezember 1945 feierten Bremer und Besatzer gemeinsam Weihnachten auf dem Bremer Marktplatz.

1958 machte Elvis Presley eine kurze Stippvisite in Bremerhaven

Die amerikanischen Besatzungssoldaten hatten nicht nur die Ideale von Demokratie und bürgerlicher Freiheit im Gepäck, sondern auch das Kultobjekt Jeans, coole Musik, schicke Autos, Promis wie Elvis, Nylons, Kaugummi und Schokolade. Höhepunkt des Way of Life: der lässigste GI aller Zeiten, Elvis Presley, machte 1958 Stippvisite in Bremerhaven auf dem Weg in seine Kaserne. Es gab legendäre Clubs in Bremerhaven und Bremen, in denen unter anderem James "Hansi" Last seine ersten Bühnenerfahrungen sammelte. "Ich war 16 und die Amis haben mein ganzes Leben verändert", sagt er heute.

Die Kinder überwanden ihre Scheu als erste - aus purer Not. In ganzen Rudeln liefen Kinder hinter den Soldaten her und die ließen sich erweichen. Sie zeigten Herz für die mageren deutschen Kinder und haben so vielleicht die Grundlage für das später so gute Verhältnis zwischen den Amerikanern und den Deutschen gelegt. Trotz der strengen Militärdisziplin ließen die Amerikaner auch mal fünfe gerade sein - mehr als alle Umerziehungsprogramme waren die Deutschen gerade davon fasziniert. Sie erlebten Soldaten, die die eigenen amerikanischen Waren abzweigten um sie hungernden Kindern zu geben.

Viele Menschen im Norden sind von den Amerikanern geprägt

Die Amerikaner haben die Deutschen nicht zur Demokratie gezwungen, sie haben sie dazu verführt. Bis heute sind viele Menschen im Norden von den Amerikanern geprägt. Wie Antje "Angie" Cramer, die 1947 als Dreijährige im zerstörten Bremerhaven von amerikanischen GIs durchgefüttert wurde, fast von einer amerikanischen Familie adoptiert worden wäre und deren Leben bis heute mit den USA eng verwoben ist.

Die Autorinnen Susanne Brahms und Michaela Herold erzählen in diesem Radio Bremen-Film von geglückten und misslungenen Liebesgeschichten, von Kindern der GIs in Bremerhaven, die feststellen mussten, dass ihr unbekannter Vater auf drei Kontinenten Kinder hinterließ. Von ehemaligen GIs, für die Norddeutschland zur Heimat wurde. Und vom Einzug des American Way of Life, der Deutschland-West bis heute prägt.

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Autor/in
Susanne Brahms
Michaela Herold
Redaktion
Britta-Susann Lübke
Sprecher/in
Robert Levin
Redaktion
Marc Brasse

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Zeitgeschichte

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