Stand: 20.03.2017 16:28 Uhr

Debatte über Fußfessel für "Gefährder"

von Barbara Schmickler

Die Maßnahme ist umstritten: Gefährder sollen künftig mit einer elektronischen Fußfessel leichter überwacht werden können. Darüber diskutiert in dieser Woche auch der Innenausschuss des Bundestags.

Eine Fußfessel funktioniert relativ einfach: Zunächst wird ein Gebiet festgelegt, das der Träger der Fußfessel nicht betreten darf - beispielsweise der Wohnort eines Opfers. Sobald ein Überwachter mit Fußfessel gegen diese Vorgabe verstößt, löst die Fußfessel einen Alarm aus. Überwacht wird die Fußfessel aus der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder in Hessen. Sie überwacht bislang vor allem Sexualstraftäter und Mörder. Derzeit sind es 89 deutschlandweit.

VIDEO: Debatte um Fußfessel für "Gefährder" (8 Min)

Rechtliche Hürden

Bevor ein Straftäter eine Fußfessel bekommen darf, gibt es rechtliche Hürden: Die Straftäter müssen unter anderem mindestens drei Jahre im Gefängnis gesessen haben. Nach ihrer Entlassung bekommen sie die Fußfessel, falls konkrete Tatsachen für die Gefahr sprechen, dass sie erneut eine einschlägige Straftat begehen werden.

Die Bundesregierung will mit dem neuen BKA-Gesetz auch eine Fußfessel für Gefährder ermöglichen. Das wäre dann eine präventive Maßnahme, bevor der Gefährder tatsächlich eine Straftat begangen hat. Experten bewerten diese Maßnahme unterschiedlich.

Frankreich: Attentat trotz Fußfessel

Kritiker sagen, das Band der Fessel könne leicht zerstört werden. Sie gehen davon aus, dass der Gefährder die Fessel entfernen und eine Straftat begehen könnte, bevor die Polizei eingreifen kann. In Frankreich hatte im vergangenen Juli ein Islamist sogar mit einer Fußfessel einen Priester getötet. Denn die Fußfessel zeigt zwar, wo sich eine Person befindet, aber nicht, was sie dort macht oder mit wem sie über welche Themen spricht. Ist die Person in einem Bereich, in dem sie sich aufhalten darf, schlägt sie keinen Alarm.

Helfried Roubicek, Anwalt
Kritisiert Fußfesseln als Eingriff in die Grundrechte: Anwalt Helfried Roubicek.

Kritiker wie der Strafrechtler Helfried Roubicek weisen auf die rechtlichen Hürden hin, die der Einsatz bei Gefährdern mit sich bringen wird. Denn eine Fußfessel sei ein erheblicher Eingriff in die Grundrechte.

Kein Allheilmittel, aber eine Hilfe

Für die Befürworter ist die Fußfessel kein Allheilmittel. Sie gehen jedoch davon aus, dass ihr Einsatz einen Schutz vor Terrorangriffen bieten könnte und Kosten bei der Überwachung spart. Durch das Gerät könnte die Polizei für Gefährder kritische Orte wie ein Atomkraftwerk oder einen Flughafen zur Verbotszone erklären. Betritt ein Gefährder doch einen solchen Ort, geht der Alarm los.

Zunächst befasst sich der Innenausschuss des Bundestag mit dem BKA-Gesetz, im Anschluss kommt das Thema in den Bundestag. Stimmt der Bundestag dann für das neue BKA-Gesetz, ist nur ein erster Schritt gemacht. Denn die Überwachung von Gefährdern ist zunächst Ländersache. Der innenpolitische Sprecher der niedersächsischen FDP-Fraktion, Jan-Christoph Oetjen, befürchtet hier einen möglichen Flickenteppich: Es müsse endlich eine bundesweit einheitliche und rechtssichere Definition des Gefährder-Begriffes geben. 

Fußfessel in Norddeutschland

Die norddeutschen Bundesländer haben bereits angekündigt, die Fußfessel für Gefährder prüfen und einsetzen zu wollen. Niedersachsen verkündete bereits Ende Januar, das entsprechende Gesetz möglichst schnell anzupassen. "Die Überwachung mit elektronischen Fußfesseln kann ein sinnvolles Instrument sein, auch wenn eine Ausreise oder ein Anschlag selbstverständlich damit nicht unmittelbar verhindert werden kann", so Innenminister Boris Pistorius (SPD).

In Hamburg soll eine entsprechende Regelung in das Hamburger Sicherheits- und Ordnungsgesetz aufgenommen werden. Die Innenbehörde erarbeitet derzeit einen entsprechenden Entwurf. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hat angekündigt, die elektronische Fußfessel als eine von mehreren Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus einzusetzen. Wann eine Änderung zum Sicherheits- und Ordnungsgesetz kommt, ist derzeit noch nicht absehbar. Aus dem Innenministerium in Schleswig-Holstein heißt es auf Anfrage von Panorama 3, die Gesetzgebung des Bundes bleibe abzuwarten, die Beratungen auf Landesebene dauerten an.   

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 21.03.2017 | 21:15 Uhr

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