NDR in der Kritik

Im Sommer 2022 gerieten verschiedene ARD Landesrundfunkanstalten in die Kritik. Auch der NDR wurde von Medien mit Vorwürfen konfrontiert. Im Zentrum der Kritik standen das Landesfunkhaus Schleswig-Holstein und das Landesfunkhaus Hamburg. Die Vorwürfe haben sich nach eingehender Prüfung im Einzelnen als gegenstandslos erwiesen. Der NDR hat einen Prozess des Kulturwandels angestoßen, um die Unternehmskultur in seinen Häusern nachhaltig zu verbessern.

Kritik am NDR, Prüfung und Konsequenzen

Landesfunkhaus Hamburg

Vorwürfe gegen das NDR Landesfunkhaus Hamburg richteten sich gegen die Direktorin, der Begünstigung von Familienangehörigen bei einem gleichzeitig rigidem Führungsstil vorgeworfen wurde.

Die Antikorruptionsbeauftragte überprüfte, ob die Direktorin und Fernsehchefin des Landesfunkhauses Hamburg gegen Korruptionsstraftatbestände oder gegen Compliance-Regeln des NDR verstoßen hatte. Die Ergebnisse der Prüfung wurden dem NDR am 24. Oktober 2022 vorgelegt. Es wurden keine Korruptionstatbestände durch Handeln oder Unterlassen festgestellt. Die Vorwürfe haben sich folglich als falsch herausgestellt. Das Landgericht Hamburg hat in mehreren Entscheidungen Verdachtsäußerungen der Bild-Zeitung (einstweilige Verfügung vom 27.9.2022, Az. 324 O 381/22) und des Onlineportals Business Insider (einstweilige Verfügung vom 29.9.2022, Az. 324 O 4 386/22) als unzulässig beanstanstandet.

Desweiteren hatte Intendnat Intendant Joachim Knuth eine interne journalistische Aufarbeitung der redaktionellen Abläufe im Landesfunkhaus Hamburg beauftragt. Dieser zweite Bericht wurde am 27. Oktober in Hamburg vorgestellt. NDR Intendant Joachim Knuth: „Die interne Aufarbeitung liefert keine Belege dafür, dass systematisch ins Programm eingegriffen wurde. Das ist gut. Der Bericht zeigt aber auch: Im Landesfunkhaus Hamburg gab es offensichtlich einen Führungsstil, der nicht von Respekt, Vertrauen und wertschätzendem Umgang geprägt war. In jeder Redaktion braucht es Offenheit und Transparenz, um gar nicht erst den Verdacht unzulässiger Eingriffe aufkommen zu lassen. Insofern ist ein Neuanfang im Landesfunkhaus Hamburg geboten.“

Die Landesfunkhausdirektorin hatte bereits Anfang September 2022 entschieden, ihr Amt zum April 2023 zur Verfügung zu stellen, um einen Neuanfang im Landesfunkhaus Hamburg zu ermöglichen. Als Grund nannte sie das verlorengegangene Vertrauen zwischen ihr und Teilen der Redaktion. Der Verwaltungsrat stimmte diesem Vorschlag im November zu. Auch der Landesrundfunkrat Hamburg hat den Prozess der Aufarbeitung von Beginn an begleitet und bringt sich als Aufsichtsgremium weiterhin kritisch und konstruktiv ein.

Landesfunkhaus Schleswig-Holstein

Das Landesfunkhaus Schleswig-Holstein war dem schweren Vorwurf ausgesetzt, die Redaktionsleitung würde die Berichterstattung politisch beeinflussen und nicht unabhängig sein. Konkret ging es um eine Recherche aus dem Herbst 2020 zu sogenannten Verschickungskindern und der Rolle des DRK hierbei. Das Thema der Recherche reicht bis in die Anfangsjahre der Bundesrepublik zurück. In Erholungsheimen am Meer war es zu Übergriffen und Misshandlungen von Kindern gekommen. Ein weiterer Vorwurf betraf die Berichterstattung um den Rückritt des Landesinnenministers Grote im Januar 2020 und den dahinterliegenden Konflikt mit Ministerpräsident Daniel Günther.

Der NDR arbeitete die Vorwürfe umgehend auf. Ende September wurde ein umfassender interner Prüfbericht vorgelegt. Im Zuge der unabhängigen Untersuchung wurden keine Belege für einen „politischen Filter“ im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein gefunden. Darüber hinaus gab es im Ergebnis der Prüfung bei der Recherche zu Verschickungskindern und der Rolle des DRK keine journalistisch unbegründeten Eingriffe durch die Redaktionsleitung, es wurden keine journalistischen Prinzipien verletzt. Als wesentliches Problem wurde in einigen Bereichen des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein ein Redaktionsklima identifiziert, das in Teilen von mangelnder Kommunikation und fehlendem Vertrauen geprägt war.

Eine zweite Prüfung einer externen Wirtschaftskanzlei, in Auftrag gegeben vom Landesrundfunkrat Schleswig-Holstein, bestätigte die ausgewogene Berichterstattung und journalistische Unabhängigkeit im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein. Dieser Prüfbericht wurde am 7. Dezember vorgelegt.

Zuvor hatte das Landgericht Hamburg Verdachtsäußerungen der Zeitschrift Stern in Bezug auf den NDR als unzulässig beanstandet. Die Berichterstattung des Stern über einen angeblich zurückgehaltenen Film aus dem Landesfunkhaus Schleswig-Holstein über Verschickungskinder hatte sich in wesentlichen Punkten als falsch herausgestellt. Dem Stern wurde gerichtlich untersagt, eine Reihe an Behauptungen zu wiederholen (einstweilige Verfügung vom 4.10.2022, Az. 324 O 403/22) .

Um das Redaktionsklima im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein zu verbessern und einen kuturellen Wandel einzuleiten, haben zwei leitende Redakteure das Landesfunkhaus verlassen und im NDR neue Aufgaben übernommen.

Kulturwandel im gesamten NDR

Redaktionelle Freiheit und journalistische Unabhängigkeit sind Kern der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Im NDR gibt es eine Reihe an Ansprechpartner*innen und Institutionen der Aufsicht und Kontrolle, die gewährleisten sollen, dass der Redaktionsalltag von Offenheit und Transparenz geprägt ist, um gar nicht erst den Verdacht unzulässiger Eingriffe aufkommen zu lassen. Probleme und mögliche Mißstände können u.a. angesprochen werden gegenüber den Personalräten, dem Redaktionsausschuß, der Beauftragte für Freie Mitarbeit, der Antikorruptionsbeauftragte, dem Rundfunk- und Verwaltungsrat als Aufsichtsgremeien, der Rechtsaufsicht und weiteren Organen.

Um darüberhinaus die Unternehmenskultur nachhaltig zu verbessern, hat NDR Intendant Joachim Knuth Ende 2022 für den gesamten NDR einen Prozess des Kulturwandels angestoßen. Unter Leitung des Theologen und Managers Stephan Reimers wurde das Arbeitsklima in allen Bereichen des NDR untersucht. Die Analyse soll aufzeigen, ob und welche Veränderungen in Führung und Zusammenarbeit im gesamten Sender notwendig sind. Diese sogenannte Klimaanalyse wird Ende März 2023 vorgestellt. Sie soll ein Bild von der Gesamtsituation im NDR liefern und Startpunkt für einen Kulturwandel sein.  

Joachim Knuth: „Wir richten den Blick jetzt nach vorn. Sobald wir das ganze Bild vor uns haben, müssen wir konsequent die richtigen Lehren ziehen und kraftvoll umsetzen. Dafür stehe ich und dafür werde ich mich persönlich einsetzen.“

15. Februar 2022