Stand: 31.08.2015 09:00 Uhr

Reicher Fußball - armer Sport

von Andreas Bellinger, Hendrik Maaßen und Jonas Schützeberg

Bundeswehr macht auch den "Kühlschrank voll"

Gut gerüstet sind die Sportlerinnen und Sportler, die bei der Bundeswehr, der Bundespolizei oder dem Zoll beschäftigt sind. "Jeder Spitzensportler bei uns ist abgesichert und weiß, er muss sich nicht monatlich um das Gehalt kümmern", sagte der Leiter der Sportfördergruppe der Bundeswehr Hamburg, Bernhard Theis. In Sotschi waren 76 von 152 deutschen Olympia-Fahrern Soldaten. Stabsunteroffizier Robert Harting holte in London Diskus-Gold. "Wir sind extrem angewiesen auf solch staatliche Förderprogramme, damit der Kühlschrank voll ist“, sagte er. Sport-Philosoph Gunter Gebauer gibt aber zu bedenken: "Bundeswehr ist keine berufliche Ausbildung." Harting versucht, mittels einer Sportlotterie Geld für den Spitzensport zu generieren. Er durchbrach die herkömmliche Sportförderung und stellte sich in der Diskussion offen gegen den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Harting kann sich das leisten: Er ist auch ein Meister der Selbstvermarktung und kann wie das Beachvolleyball-Team Laura Ludwig/Kira Walkenhorst gut leben von seinem Sport.

Urlaubs-Feeling und knappe Outfits

Laura Ludwig (l.) und Kira Walkenhorst jubeln. © imago/GEPA pictures
Laura Ludwig (l.) und Kira Walkenhorst haben Chancen auf eine Olympia-Medaille in Rio 2016.

"Es ist nicht so, dass wir uns Flüge in der Business oder First Class leisten könnten", sagte Laura Ludwig. Aber getrennte Zimmer sind schon mal möglich, was bei 200 bis 300 Tagen im Jahr auf Reisen durchaus notwendig erscheint. Die Unterstützung ihrer Eltern braucht sie aber nicht mehr: "Ohne sie wäre die Karriere nicht möglich gewesen“, erklärte Ludwig, die mit Walkenhorst jüngst in Japan und bei der Europameisterschaft in Klagenfurt Turniersiege feierte. Das Erfolgs-Duo schickt sich an, im Sand der Copacabana um olympisches Gold zu spielen - wie zuletzt in London Julius Brink und Jonas Reckermann. Die Blicke der Fans und TV-Zuschauer sind ihnen sicher, was auch an der kostenlosen Urlaubsstimmung und den knappen Outfits liegen mag. Die Sponsoren mögen das: Die Deutschland-Tour mit dem Finale am Timmendorfer Strand sponsert schon einer der namhaftesten deutschen Automobilhersteller.

Goldmedaillen kann man nicht kaufen

"Man kann Goldmedaillen nicht kaufen", sagte Sportminister de Maizière. "Aber ohne Geld, ohne Top-Bedingungen für das Training, ohne auch eine angemessene Bezahlung der Trainer, ohne Verlängerung auch der Ausbildung, ohne Geld für wissenschaftliche Begleitung, Materialforschung und vieles andere mehr, geht es auch nicht." Natürlich gibt es auch Gegner, die beispielsweise Eliteschulen ablehnen, von denen es in Deutschland 50 gibt. Oder "das uneingeschränkte Bekenntnis zur Leistung, ohne das man niemals Olympiasieger wird", wie de Maizière im Sportclub betonte. Das Innenministerium investiert per anno rund 270 Millionen Euro an Steuergeld - und erwartet Höchstleistung dafür. Sollte Hamburg zudem Olympia-Gastgeber 2024 werden, müsse Deutschland auch "mit entsprechenden Medaillen glänzen können", forderte de Maizière.

Wolfsburger Vereinskollegen trennen Welten

Sven Knipphals © dpa - Bildfunk Foto: Michael Kappeler
Schnell auf der Laufbahn und kreativ bei der Selbstfinanzierung: Sprinter Sven Knipphals.

Sven Knipphals ist 30 und in neun Jahren sicher nicht mehr als Aktiver dabei. Der Sprinter vom VfL Wolfsburg hat vorgesorgt und einen ordentlichen Beruf gelernt. Vor zwei Jahren beendete er in Bournemouth sein Studium als Master of Chiropractic und praktiziert seither in Leipzig. Um sich optimal auf die WM in Peking und Olympia in Rio vorbereiten zu können, ging der Sohn von Weitsprung-Meister Jens Knipphals einen ungewöhnlichen Weg. Per Crowdfunding sammelte er im Internet Spenden und konnte dank des medialen Interesses auch zwei Sponsoren gewinnen. Die Spender bekommen als Gegenleistung Autogramme, Devotionalien oder eine persönliche Trainingsstunde. Das Beispiel machte Schule: Schon gibt es eine Website für querfinanzierte Sportler. Knipphals' Ex-Vereinskollege Kevin De Bruyne hat davon bestimmt noch nie gehört. 

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 02.09.2015 | 23:35 Uhr

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