Stand: 16.11.2009 12:00 Uhr

Die Trauerrede von DFB-Präsident Zwanziger

DFB-Präsident Theo Zwanziger hält bei der Trauerfeier für Robert Enke eine Rede. © dpa
DFB-Präsident Theo Zwanziger hält bei der Trauerfeier für Robert Enke eine Rede.

Theo Zwanziger rief bei der Trauerfeier für Robert Enke zu mehr Menschlichkeit auf. Dies gelte besonders für die Welt des Fußballs. Die Worte des DFB-Präsidenten in Auszügen:

"Die Bilder dieser Woche, dieser Tage stehen vor unseren Augen. Vor Euren und auch vor meinen. Diese unfassbare Nachricht am Dienstagabend, noch nicht wissend, was ist passiert? Es nicht fassen können. Am nächsten Tag die Gespräche mit unseren Nationalspielern. Wie geht es weiter? Was können wir tun? Jungs, ich bin stolz auf Euch. Es gibt die Zeit, die wir brauchen. Der Trauer, um dies alles zu verkraften.

Die Pressekonferenz am Nachmittag, einen großen Respekt, liebe Frau Enke, für das, was Sie glaubten für Ihren Mann - und ich denke auch für uns -, tun zu können. Die Bilder aus den Medien, die uns betroffen machten von der Unfallstelle. Das Mitgefühl für alle, die unbeteiligt und doch beteiligt waren. Die Lokomotivführer, die Rettungskräfte, die Polizei. Alle, die ihren Dienst leisten mussten. Und dann am Abend die Trauerfeier hier in Hannover. Die Spontanität der Menschen in dieser Stadt, der Fans von Hannover 96, der Fans von Robert Enke. Danke an Euch. Diese Bilder verändern sich. Sie werden mal stärker und verblassen. Die Zeit wird vergehen. Das Leben wird wieder seinen Anfang nehmen.

Aber vor mir, vor meinen Augen, stehen auch zwei Sätze, gesprochen von Bischöfen der Evangelischen Kirche. Der eine am Mittwochabend von Bischöfin Käßmann: 'Fußball ist nicht alles'. Fußball, meine Damen und Herren, liebe Trauergemeinde, darf nicht alles sein. Das Leben, das uns geschenkt ist, ist vielfältig. Es ist interessant. Es ist lebenswürdig. Wir können auch auf das, was wir tun, ein Stück stolz sein. Wir können etwas leisten. Aber wir erfüllen uns immer nur in der Vielfalt und in der Gemeinschaft. Fußball darf nicht alles sein, liebe Eltern, wenn Ihr daran denkt, ob Eure Kinder einmal Nationalspieler werden könnten. Denkt nicht nur an den Schein, an dass, was sich dort zeigt, über die Medien verbreitet. Denkt auch an das, was im Menschen ist, an Zweifel und an Schwächen. Fußball ist nicht alles.

Aber meine Damen und Herren, es gibt auch den anderen Satz. Vor dreieinhalb Jahren begann die Weltmeisterschaft mit einem Gottesdienst in München. Damals, die Sonne begann genauso wie hier den Nebel und den Regen zu verdrängen, sprach Bischof Wolfgang Huber: "Fußball ist ein starkes Stück Leben". Ja, Fußball kann ein starkes Stück Leben sein, wenn wir nicht nur wie Besessene hinter Höchstleistungen herjagen. Wir dürfen uns anstrengen. Ja. Aber nicht um jeden Preis. Denn, so formulierte er damals 'den wirklichen Siegerpreis, den werden wir auf Erden nicht empfangen. Wir müssen uns diesem Preis würdig erweisen'.

Ein wenig mehr, nach diesen schlimmen Tagen an die Würde des Menschen zu denken. In seiner Vielfalt, nicht nur in seiner Stärke, sondern auch in seiner Schwäche, empfinde ich als Auftrag dieses an sich sinnlosen Sterbens. Wir alle sind dazu aufgerufen, liebe Trauergemeinde, unser Leben wieder zu gestalten, aber in ihm einen Sinn, nicht nur in überbordenden Ehrgeiz zu finden. Maß, Balance, Werte wie Fairplay und Respekt sind gefragt. In allen Bereichen des Systems Fußball. Bei den Funktionären, bei dem DFB, bei den Verbänden, den Clubs, bei mir, aber auch bei Euch liebe Fans. Ihr könnt unglaublich viel dazu tun, wenn ihr bereit seid, aufzustehen gegen Böses. Wenn Ihr bereit seid, Euch zu zeigen, wenn Unrecht geschieht. Wenn Ihr bereit seid, das Kartell der Tabuisierer und Verschweiger einer Gesellschaft (....) zu brechen.

Ihr könnt mithelfen, mit Eurem ganz persönlichen Engagement. Ich denke, so wie ich Euch hier in Hannover kennengelernt habe und viele Fans in den Bundesligastadien. Aber auch auf den Plätzen des Amateurfußballs kenne. Ein Stück mehr Menschlichkeit, ein Stück mehr Zivilcourage, ein Stück mehr Bekenntnis zur Würde des Menschen, des Nächsten, des anderen. Das wird Robert Enke gerecht. Ich bedanke mich für Eure Aufmerksamkeit."

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 16.11.2009 | 12:00 Uhr

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