Stand: 08.06.2015 10:21 Uhr

Der Mann, den sie nur "Paule" nennen

von Florian Neuhauss, NDR.de
Stefan Beinlich (l.) und Matthias Breitkreutz im Trikot des FC Hansa Rostock © Witters
Berlin, Birmingham und Rostock: Stefan Beinlich (l.) und Matthias Breitkreuz waren in ihrer Karriere lange zusammen unterwegs.

Als Berater Jörg Neubauer 1994 vom Interesse von Hansa Rostock mit Coach Frank Pagelsdorf berichtete, musste der offensive Mittelfeldspieler nicht lange überlegen. "Pagel" baute an der Ostsee eine neue Mannschaft auf - und schaffte auch dank Beinlich, der 15 Treffer beisteuerte, schon im ersten Jahr mit der Bundesliga-Rückkehr nicht weniger als ein kleines Fußball-Wunder. Der Spielmacher war auch in der Beletage kaum aufzuhalten - elf und acht Treffer erzielte er in seinen beiden ersten Bundesliga-Jahren. Grund genug, dass Bayer Leverkusen auf Beinlich aufmerksam wurde. Beim Werksclub avancierte er zum National- und Weltklassespieler, der auch in der Champions League zu überzeugen wusste. In der Saison 1999/2000 hätte es beinahe mit der deutschen Meisterschaft geklappt, doch Leverkusen verspielte mit der 0:2-Niederlage am letzten Spieltag in Unterhaching den schon sicher geglaubten Titel.

Zweite Liga statt Champions League

2000 erfüllte sich Beinlich einen Wunsch und spielte mit Hertha BSC Bundesliga in seiner Geburtsstadt. Zwei Jahre später zog der nunmehr 31-Jährige weiter zum HSV. Als sein Zweijahresvertrag an der Elbe auslief, wollten die Hamburger gern mit ihrem Leistungsträger verlängern. "Aber für ein deutlich geringeres Gehalt", betont Beinlich. Anstatt das Angebot anzunehmen und mit den "Rothosen" noch einmal in der Champions League zu spielen, kehrte er nach Rostock zurück: "Hansa ist für mich mehr als nur ein Verein. Sonst wäre ich ja nicht so bekloppt gewesen, aus der Königsklasse in die Zweite Liga zu wechseln."

Knorpelschaden beendet Beinlichs Karriere

Mit den Hanseaten, bei denen erneut Pagelsdorf als Trainer das Sagen hatte, schaffte Beinlich 2007 wieder den Aufstieg - doch spielen konnte er nur, weil er fast täglich Schmerztabletten nahm. Eine Schambeinentzündung aus HSV-Zeiten wirkte noch nach. Beinlich kurierte die Verletzung aus und fand ohne Medikamente zu alter Fitness. Doch das Ende kam jäh: Beim Auswärtsspiel in Duisburg zog er sich bei einem Foul einen Knorpelschaden zu, musste den direkten Wiederabstieg tatenlos mitansehen - und war ein Jahr lang krankgeschrieben.

Dritter Aufstieg mit Hansa - Abtritt mit Abstieg

Im Mai 2010 kehrte Beinlich zur inzwischen drittklassigen Hansa-Kogge zurück - und feierte im Jahr darauf als Manager seinen dritten Aufstieg. In der folgenden Zweitliga-Saison erlebte der Manager die wohl schwerste Zeit seiner Profikarriere: "Dass ich Aufstiegstrainer Peter Vollmann entlassen musste, tut mir noch heute menschlich unendlich leid." Der Wechsel zu Wolfgang Wolf brachte keine Besserung, Hansa stieg prompt wieder ab. "Die Erfahrung hat mich geprägt." Beinlich wollte die Verantwortung für den Misserfolg tragen und zurücktreten. "Präsident Bernd Hofmann bat mich aber, noch die Planungen für die kommende Saison mitzugestalten", sagt Beinlich. Zudem stand eine Entscheidung über finanzielle Hilfe der Stadt kurz bevor, ein Abtreten der Galionsfigur hätte Hansa geschadet. Anfang Juni wurde der Rücktritt dann öffentlich - und Beinlich verließ die Fußballbühne, obwohl es noch drei Angebote aus der Zweiten und Dritten Liga gab.

Nur einer durfte nie Paule sagen

Seit nunmehr fast zwei Jahren hat der 44-Jährige kein Spiel mehr im Ostseestadion verfolgt - und kommt nur noch in die Nähe des Profigeschäfts, wenn er bei Benefizspielen oder mit Hansas Ü40, die zuletzt zweimal deutscher Meister geworden ist, auf dem Platz steht. Den Abstand genießt er, profitiert aber nach wie vor von seinem Namen. "Ich vermarkte mich selbst", antwortet Beinlich auf die Frage, wie er Geld verdient. Einladungen zu Gesprächsrunden im Fernsehen sagt er allerdings bewusst ab. Überall kennen ihn die Leute als Paule - auch beim 1. LAV-Rostock. Nur in der Familie ist er immer Stefan geblieben: "Mein Vater hat mal versucht, den Paule auch zu Hause zu etablieren, aber darauf habe ich nicht reagiert."

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Sportclub | 01.03.2015 | 23:35 Uhr

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