Jubel bei den HSV-Profis © Witters

2. Bundesliga im Datencheck: Dieses Jahr steigt der HSV auf

Stand: 15.03.2023 09:15 Uhr

2018 ist der Hamburger SV in die Zweite Liga abgestiegen. Und was nur ein Betriebsunfall sein sollte, ist seit bald fünf Jahren Realität. Doch die Datenanalyse zeigt: Die Chancen des HSV auf die Bundesliga-Rückkehr stehen in dieser Saison bestens.

von Florian Neuhauss

Frühjahr ist seit Jahren keine gute Zeit für die Hamburger. Immer wieder machten sie sich in der Zweitliga-Rückrunde kaputt, was sie sich zuvor so hart erarbeitet hatten. In der vergangenen Saison, der ersten unter Trainer Tim Walter, sollte es anders werden. Das Team wurde im Laufe der Spiele immer stärker - und scheiterte am Ende erst in der Relegation am ersehnten Aufstieg.

Das 2:4 in Karlsruhe am vergangenen Wochenende dürfte bei so manchem HSV-Anhänger böse Erinnerungen geweckt haben. Die Pleite blieb aber - bis auf die Rote Karte für den Chefcoach - nahezu folgenlos: Keins der Teams aus den Top-Sechs konnte dreifach punkten.

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Und ein Blick in die Daten verdeutlicht: Spitzenreiter Darmstadt 98, die Hamburger und der 1. FC Heidenheim, der 2020 in der Relegation am erstmaligen Bundesliga-Aufstieg scheiterte, machen die ersten drei Plätze in diesem Jahr unter sich aus.

Paderborn und Düsseldorf machen Druck - aber nicht genug

Die ärgsten Verfolger haben kaum noch Außenseiterchancen: Die Aufstiegswahrscheinlichkeit des SC Paderborn, aktuell Tabellen-Vierter mit sieben Punkten Rückstand auf Heidenheim, liegt lediglich bei elf Prozent. Fortuna Düsseldorf kommt gar nur auf sieben Prozent.

Die aktuell beste Zweitliga-Elf nach Performance-Score

Jannik Huth (Paderborn/56,86) - Matthias Bader (Darmstadt/60,60), Patric Pfeiffer (Darmstadt/61,35), Jannis Heuer (Paderborn/59,90), Leart Paqarada (St. Pauli/62,59) - Ron Schallenberg (Paderborn/58,86), Ludovit Reis (HSV/61,09) - Julian Justvan (Paderborn/61,10), Marvin Wanitzek (Karlsruhe/60,35), Fabian Reese (Kiel/62,09) - Tim Kleindienst (Heidenheim/58,61)

Dabei sind die Fortunen mit 1,63 Expected Points pro Partie sowie Paderborn (1,62) eigentlich aktuell die besten Teams der Liga. Paderborn stellt in der nach Performance-Score aktuell besten Zweitliga-Elf mit vier Spielern sogar genauso viele wie das Spitzentrio zusammen. Und trotzdem verlieren Darmstadt, Heidenheim und besonders der HSV (1,59) in Sachen Expected Points oder bei den Performance-Werten der Spieler nicht so viel an Boden, dass sie ihren Vorsprung auf die Verfolger noch verspielen würden.

Spitzentrio im Saisonendspurt nah beisammen

Und so lohnt es sich, den Fokus voll auf das Spitzentrio zu richten. Der Blick aufs Restprogramm ist wenig aufschlussreich: Die drei Teams spielen nicht mehr direkt gegeneinander und treffen auf eine bunte Mischung aus Clubs aus der oberen Tabellenhälfte und solchen, die sich für den Verbleib in der Liga noch strecken müssen. Bildet man den durchschnittlichen Rang, auf dem die Gegner aktuell stehen, so ist Darmstadts Restprogramm (Platz 8,5) knapp das schwierigste, Heidenheim hat das leichteste (10,2).

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Auch die Qualität der Coaches macht nicht den entscheidenden Unterschied. Der GSN-Index der Trainer liegt recht nah beieinander: Darmstadts Torsten Lieberknecht kommt auf 67,15, Walter auf 69,18 und Heidenheims Frank Schmidt auf 65,05. Alle sind damit von ihren Fähigkeiten her Bundesliga-Trainer.

HSV muss Abwehrprobleme in den Griff bekommen

Wie schon vor dem direkten Duell festgestellt, gehen Darmstadt und der HSV unterschiedlich an ihre Aufgaben heran. Darmstadts Erfolg fußt auf der besten Defensive der Liga, und die "Lilien" spielen mit Power nach vorn. Die Hamburger setzen voll auf ihre (spielerische) Dominanz und Ballbesitz. Trainer Walter wandelt dabei auf dem schmalen Grat zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz. Den KSC-Fans, die am Sonntag die ewige Zweitklassigkeit des HSV besangen, prognostizierte der Fußball-Lehrer trotz der deutlichen Niederlage die Bundesliga-Rückkehr seines Clubs.

"Die, die sagen 'HSV, immer Zweite Liga', die wissen nicht, dass wir nächstes Jahr in der Ersten Liga spielen." HSV-Trainer Tim Walter

Dabei wurden einmal mehr die Defizite in der Defensive deutlich. Und wenn man sieht, dass den im Schnitt 1,25 Hamburger Gegentoren ein Expected-Wert von 1,49 gegenübersteht, wird klar, dass der HSV auch schlechter dastehen könnte. Pendelt sich die Gegentor-Zahl tatsächlich in Richtung 1,5 ein, dürfte es schwierig werden.

Darmstadt "bricht ein", Heidenheims Kleindienst überragt

Darmstadt wird derzeit schon von der eigenen Statistik eingeholt: Aus drei Spielen gab es zuletzt insgesamt nur einen Punkt. Mit 1,31 Expected Points pro Partie belegen die Hessen ohnehin nur Rang neun der Tabelle. Tabellenführer sind sie aber auch deshalb, weil die Gegner gerade einmal 0,88 Tore pro Partie geschossen haben (eigentlich hätten es 1,41 sein müssen). Ganz angleichen wird sich dieser Wert im Saisonendspurt nicht mehr. Und sollte auf der anderen Seite Mittelstürmer Phillip Tietz (8 Saisontore/12 Expected Goals) seine Torquote halbwegs der erwartbaren Ausbeute annähern, dürfte er Darmstadt in die Bundesliga schießen.

Was ist das "Expected points"-Modell?

Die "Expected points" ermitteln die Anzahl der Punkte, die eine Mannschaft aus einem Spiel hätte holen "müssen", basierend auf den Torchancen, also den "Expected goals", die sie in diesem Spiel generierte bzw. hätte bekommen müssen. Jedes Team bekommt zwischen 0,1 und 2,7 Expected points, je nachdem, wie einseitig das Spiel aus Sicht der "Expected goals" war.

Herausragender Spieler in Heidenheim ist Tim Kleindienst. Der Ex-Freiburger ist mit aktuell 16 Toren und drei Vorlagen der beste Stürmer der Liga. Der 27-Jährige macht sehr viel aus seinen Möglichkeiten, was gerade einmal acht Expected Goals und 4,1 Expected Assists zeigen. Kongenialer Offensivpartner ist Jan-Niklas Beste, der sieben Tore und sieben Assists (3,2 xG/12 xA) zum Heidenheimer Erfolg beigesteuert hat.

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Prognose: HSV wird Meister, Heidenheim Dritter

Verläuft die Saison nach Datenlage so weiter, wird Darmstadt die wenigsten Punkte des Spitzentrios holen (13). Heidenheim (14) kommt aber nicht mehr vorbei - sodass am Böllenfalltor nach dem Abstieg 2017 der vierte Bundesliga-Aufstieg der Club-Geschichte gefeiert werden dürfte, während der FCH wieder in die Relegation müsste. Darmstadts Aufstiegswahrscheinlichkeit liegt aktuell bei 67 Prozent.

"HSV steigt mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit auf." Saisonprognose von GSN

Der "lachende Dritte" wäre als Zweitliga-Meister der HSV, der auf eine Aufstiegswahrscheinlichkeit von 70 Prozent kommt. 16 Punkte holt das Team von Coach Walter, der damit den großen Worten große Taten folgen lassen würde, nach GSN-Simulation der restlichen Saison. Das Hamburger Warten hätte damit nach fünf Jahren Fußball-Unterhaus Liga ein Ende.

Die Abschlusstabelle - nach aktueller Datenlage
EndplatzierungVereinErrechnete Punkte
1.Hamburger SV64
2.SV Darmstadt 9862
3.1. FC Heidenheim61
4.SC Paderborn 0756
5.Fortuna Düsseldorf55
6.1. FC Kaiserslautern55
7.FC St. Pauli53
8.Karlsruher SC49
9.KSV Holstein Kiel49
10.Hannover 9640
11.SpVgg Greuther Fürth39
12.1. FC Nürnberg37
13.1. FC Magdeburg37
14.Arminia Bielefeld37
15.SSV Jahn Regensburg35
16.Hansa Rostock34
17.Eintracht Braunschweig31
18.SV Sandhausen30

Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport | 17.03.2023 | 23:03 Uhr

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