Stand: 28.06.2020 20:13 Uhr

Blamage gegen Sandhausen - HSV bleibt Zweitligist

von Matthias Heidrich, NDR.de
Hamburgs Gideon Jung (l.) und Martin Harnik sind frustriert. © Groothuis/Witters/Pool/Witters Foto: TimGroothuis
Frust beim HSV nach dem 1:5-Debakel gegen Sandhausen.

Es war wie gemalt, aber der HSV ist einmal mehr an sich selbst gescheitert. Mit einem erschreckend schwachen Auftritt im letzten Saisonspiel zu Hause gegen den SV Sandhausen hat der Hamburger Traditionsclub den anvisierten Wiederaufstieg in die Fußball-Bundesliga verpasst - wie schon im vergangenen Jahr.

Dabei hatte Arminia Bielefeld im Zweitliga-Finale geliefert und HSV-Konkurrent 1. FC Heidenheim 3:0 besiegt. Den "Rothosen" hätte so sogar ein Remis gereicht, um noch auf den Relegationsrang drei zu springen. Doch dazu waren die lethargischen Hamburger an diesem Tag nicht in der Lage. Sie enttäuschten auf ganzer Linie und verloren 1:5 (0:2). Heidenheim darf sich nun auf die Ausscheidungsspiele am 2. und 6. Juli gegen Werder Bremen vorbereiten.

Hecking: "Haben den Aufstieg nicht heute verpasst"

"Das ist ein ganz, ganz enttäuschender Saisonausklang, weil wir nichts davon gemacht haben, was wir im Vorfeld besprochen haben", sagte Trainer Dieter Hecking, der nicht alles auf das Sandhausen-Spiel schieben wollte. "Wir haben nicht heute den Aufstieg verpasst. Wir haben in den entscheidenden Spielen keine Fortune und nicht die Konsequenz gehabt."

Was macht Sportvorstand Boldt?

Man muss kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass der verpasste Wiederaufstieg und nicht zuletzt die fleischlose Leistung gegen Sandhausen für viel Aufruhr beim HSV sorgen wird. Sportvorstand Jonas Boldt hatte zuletzt erklärt, dass er sich auch im Falle des Nicht-Aufstiegs eine weitere Zusammenarbeit mit Hecking vorstellen kann. Der Gesichtsausdruck Boldts während des Sandhausen-Debakels sagte etwas anderes aus.

Heckings Vertrag in Hamburg läuft aus, er hätte sich nur im Falle des Aufstiegs automatisch verlängert. Der Coach hatte zuletzt betont, dass er auch in der Zweiten Liga beim HSV weitermachen wollen würde. "Ich bin kein wankelmütiger Mensch", sagte Hecking nach der Partie gegen Sandhausen. "Wir werden in aller Ruhe analysieren, inwieweit das auch in der neuen Saison zusammenpasst."

HSV spielt wie aus einer anderen Zeit

34.Spieltag, 28.06.2020 15:30 Uhr

Hamburger SV

1

SV Sandhausen

5

Tore:

  • 0:1 van Drongelen (13., Eigentor)
  • 0:2 K. Behrens (22.)
  • 1:2 Hunt (62., Foulelfmeter)
  • 1:3 K. Behrens (84., Foulelfmeter)
  • 1:4 Engels (89.)
  • 1:5 Diekmeier (90. +3)

Hamburger SV: Pollersbeck - G. Jung (82. Kinsombi), van Drongelen (36. Jatta), Ewerton (46. Ambrosius) - Gyamerah (24. Vagnoman), Fein, Leibold - Dudziak, Hunt - Harnik (46. Kittel), Pohjanpalo
SV Sandhausen: Fraisl (89. Wulle) - Schirow, Kister, Verlaat - Diekmeier, Linsmayer, Taffertshofer (72. Frey), Paqarada - Biada (72. Türpitz) - Scheu (78. Engels), K. Behrens (89. Bouhaddouz)
Zuschauer:

Weitere Daten zum Spiel

Es war bemerkenswert schlecht, was der HSV in der ersten Hälfte ablieferte. Rick van Drongelens Eigentor aus der 13. Minute fiel noch unter die Kategorie "kann mal passieren". Doch in der Folge spielte der ehemalige Bundesliga-Dino wie aus einer anderen Zeit - kein Tempo, schlechtes Abwehrverhalten, von der nicht vorhandenen Offensive ganz zu schweigen. Dabei war aus Bielefeld früh frohe Kunde gekommen: Ein Eigentor von Tim Kleindienst (14.) und ein Treffer von Andreas Voglsammer (17.) brachten dem Zweitliga-Meister eine 2:0-Führung gegen Heidenheim. Der Kontrahent auf der Verliererstraße bedeutete für den HSV - ein Remis reicht.

Pfeifkonzert wäre ohrenbetäubend gewesen

Doch die HSV-Profis spielten eher so, als ob es um Platz elf oder zehn in der Endabrechnung gehen würde. Sandhausen kam durch Kevin Behrens in der 22. Minute zum 2:0. Der SVS-Stürmer hätte vor der Pause mit zwei Großchancen das Ergebnis noch deutlicher gestalten können. Wäre das Volksparkstadion voll besetzt gewesen, das Pfeifkonzert für den HSV, der auch noch van Drongelen mit einem Kreuzbandriss im linken Knie verlor (36.), wäre zur Pause wohl ohrenbetäubend gewesen.

Foulelfmeter haucht dem HSV kein Leben ein

Während in Bielefeld Jonathan Clauss mit dem 3:0 den Deckel auf die Heidenheim-Pleite machte (53.), deutete in Hamburg wenig auf ein Comeback des HSV hin. Bis zur 59. Minute: Aaron Hunt und auch Bakery Jatta wurden kurz hintereinander im SVS-Strafraum zu Fall gebracht. Schiedsrichter Frank Willenborg ließ zunächst weiterlaufen, doch der Video-Assistent intervenierte. Nach Ansicht der Szenen revidierte der Referee seine Meinung - Foulelfmeter für die Hamburger. Hunt jagte den Ball mit ungeahnter Überzeugung zum 1:2 unter die Latte (61.). Der HSV war wieder im Spiel und brauchte nur noch einen Treffer.

Diekmeier macht das Debakel perfekt

Doch die Hoffnung in Hamburg währte nur 23 Minuten. Dann foulte Josha Vagnoman Philip Türpitz - Elfmeter für Sandhausen in der 84. Minute. Behrens verwandelte sicher zum 3:1 für die Gäste. Die Gegenwehr des HSV, die es streng genommen zu keinem Zeitpunkt gegeben hatte, war nun vollends gebrochen. Am Ende ließen sich die Gastgeber sogar demütigen. Mario Engels traf zum 4:1 (88.) und ausgerechnet Ex-HSV-Profi Dennis Diekmeier machte mit seinem zweiten Profitor in der Nachspielzeit das Debakel perfekt.

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 28.06.2020 | 22:30 Uhr

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