Hoffmann-Aus: Steigt Kühne-Einfluss beim HSV?
An der Entscheidungsfindung des Aufsichtsrats der HSV Fußball AG zum Rauswurf von Vorstandschef Bernd Hoffmann war Klaus-Michael Kühne nicht beteiligt. Zumindest nicht direkt. Schließlich übt der Anteilseigner kein Amt bei der aus dem Hamburger SV e.V. ausgegliederten Profiabteilung aus. Doch mit seinem klaren Statement im Vorfeld des Treffens des Kontrollgremiums am Sonnabend, dass er einen Führungswechsel beim Zweitligisten befürworte, hatte der Milliardär zumindest Druck auf die Aufsichtsräte ausgeübt.
Schließlich könnte der finanziell seit Jahren schwer angeschlagene Traditionsclub durch die Corona-Krise in existenzielle Nöte kommen. Und möglicherweise wäre Kühne in diesem Fall der Rettungsanker für den sechsmaligen deutschen Meister. Die Chancen des HSV auf weitere Zuwendungen des Unternehmers scheinen jetzt jedenfalls wieder gestiegen zu sein. Denn während der von ihm offenbar nicht mehr sonderlich geschätzte Hoffmann entlassen wurde, blieb Finanzvorstand Frank Wettstein im Amt und wurde Marcell Jansen zum Aufsichtsratsboss gewählt. Beide gelten als Vertraute des 82-Jährigen.
Zwei Kühne-Vertraue in exponierten Positionen
Kühne hatte einige Tage vor der Abstimmung des Aufsichtsrats, die mit 5:2-Stimmen gegen Hoffmann ausfiel, Jansen öffentlich sogar als Nachfolger des Clubchefs ins Spiel gebracht. Dass sich dafür keine Mehrheit im Kontrollgremium finden würde, war allerdings bereits vor dem sonnabendlichen Treffen der sieben Aufsichtsräte durchgesickert. Der 34 Jahre alte Präsident des Gesamtvereins sei dafür zu unerfahren, war nach NDR 90,3 Informationen der Tenor. Nichtsdestotrotz dürfte Jansen, der noch für die Oberliga-Mannschaft des HSV aufläuft, nun der wichtigste Mann beim Zweitligisten sein, wenn es darum geht, Kühne für weitere Zuwendungen zu begeistern.
Ob der Milliardär, der 20,6 Prozent der AG-Anteile hält, an erneute Finanzspritzen Bedingungen knüpfen würde, ist zwar ungewiss. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass der 82-Jährige über Vertrauenspersonen im Vorstand (zum Beispiel Ex-Aufsichtsratschef Karl Gernandt) zumindest indirekt ein Wörtchen im operativen Geschäft mitsprechen möchte. Durch die Konstellation mit seinen Vertrauten Jansen und Wettstein in exponierten Positionen könnte dies nun für ihn wieder leichter sein.
Hoffmann und Kühne: Keine Freunde fürs Leben
Denn mit Hoffmann verband den Wahl-Schweizer dem Vernehmen nach ein eher unterkühltes Verhältnis.
Der 57-Jährige hatte versucht, den HSV von Kühne zu emanzipieren und die Aufstockung von dessen Anteil an der AG zu verhindern. Und auch die Versuche des Investors, Einfluss auf personelle Entscheidungen zu nehmen oder solche zu forcieren, schlugen in der zweiten Amtszeit von Hoffmann fehl. Bestes Beispiel hierfür ist die Causa Hannes Wolf. "Ich wollte den Trainer am 26. Februar auswechseln", erklärte Kühne der "Bild", nachdem der Club Monate später den Aufstieg unter dem jungen Coach verpasst hatte. Hoffmanns Replik: "Herr Kühne ist ein riesen HSV-Fan. Von daher steht ihm auch jede Meinung in dem Bereich zu."
Meinung ja, Mitbestimmung nein - so sollte das Zusammenspiel mit dem Investor nach dem Willen des Ex-Bosses laufen. Das hätte auf Dauer wohl nur funktionieren können, wenn Hoffmann den Zweitligisten finanziell wirklich auf breitere Beine gestellt hätte. Weil der 57-Jährige nach übereinstimmenden Medienberichten zudem seine Kompetenzbereiche überschritt und sich offenbar heillos mit dem von ihm verpflichteten Sportvorstand Jonas Boldt zerstritt, war seine zweite Amtszeit als HSV-Chef nach knapp zwei Jahren beendet.
