Braunschweigs Immanuel Pherai jubelt. © IMAGO / Hübner

Immanuel Pherai: Neuer "Löwen"-Dompteur mit enormem Potenzial

Stand: 07.07.2022 10:30 Uhr

Mit der Verpflichtung von Immanuel Pherai könnte Fußball-Zweitligist Eintracht Braunschweig ein echter Transfercoup gelungen sein. In Dortmund hat der 21-Jährige den Durchbruch nicht geschafft. Beim Blick auf die Daten des Spielmachers wird aber deutlich: Pherai hat das Zeug zum Senkrechtstarter.

von Matthias Heidrich

Sein erstes Wort als Kind soll nach eigener Aussage "Ball" gewesen sein. Und mit dem kann Immanuel Pherai auch besser umgehen als viele andere. Im Härtest am Mittwochabend gegen Union Berlin lieferte der neue "Löwen"-Dompteur einen weiteren Beweis dafür. Nach einem Fehlpass des Bundesligisten behielt Pherai die Nerven, umkurvte Keeper Lennart Grill, schob ein und sicherte den Niedersachsen so einen 1:0-Erfolg gegen den Favoriten.

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Technisch agiert der Neu-Braunschweiger auf sehr hohem Niveau, zudem weisen die GSN-Daten Ballverarbeitung und Passspiel als weitere Stärken aus. Übersicht, Beweglichkeit und Kreativität bringt er ebenso mit.

"Er ist ein kompletter Spieler, nicht nur ein typischer Zehner, der die Bälle verteilt und fordert, sondern auch in die Tiefe geht und mit seiner Dynamik in gute Dribblings kommt. Er hat ein gutes Auge." Eintracht-Trainer Michael Schiele

Pherais aktueller GSN-Index verortet ihn mit einem Wert von 69,36 bereits auf Bundesliga-Niveau. Der mögliche GSN-Index von 82,30 attestiert dem Niederländer mit Wurzeln in Surinam, der in Braunschweig einen Zweijahresvertrag unterschrieben hat, sogar das Potenzial zur internationalen Klasse.

Stellt sich die Frage, warum der in Amsterdam geborene Ballstreichler dort noch nicht angekommen ist und lediglich ein Bundesligaspiel für Dortmund vorweisen kann?

Mino Raiola als Berater

In Amsterdam geboren und in der Jugend von AZ Alkmaar ausgebildet, zog es Pherai 2017 in die U17 von Borussia Dortmund. Auch Ajax Amsterdam und Manchester United hatten Interesse an dem Ausnahmetalent holländischer Schule bekundet. Pherais damaliger Berater war kein Geringerer als Mino Raiola, der im vergangenen April verstarb. Zlatan Ibrahimovic, Paul Pogba oder auch Erling Haaland - der für seine knallharten Verhandlungsmethoden berüchtige Italiener hatte zahlreiche Weltstars als Klienten und muss auch in Pherai das Zeug für das oberste Regal gesehen haben.

Haaland? "Der hat gar nicht viel mehr Talent als ich"

"Wegen Mino kenne ich Erling schon eine Weile und weiß noch, dass ich anfangs dachte: Der hat gar nicht viel mehr Talent als ich", sagte Pherai in einem Interview mit "goal.com" und musste dabei lachen. "Mir wurde aber schnell klar, dass ich im Vergleich mit ihm mit 19 quasi noch ein Kind war. Erling dagegen war im Kopf schon gefühlte 30."

Haaland, nur neun Monate älter als Pherai, wird künftig für Manchester City auf Torejagd gehen und brachte Dortmund eine Ablösesumme von 75 Millionen Euro ein.

Schiele: "Defensiv muss er noch zulegen"

Pherai, der bei der Borussia zwar mit dem Bundesligateam trainierte, aber vornehmlich für die Drittliga-Mannschaft auflief, nimmt bei den "Löwen" über die Zweite Liga einen neuen Anlauf für den ganz großen Durchbruch. Als klassischer Zehner oder auch Achter war die Luft im exzellent besetzten BVB-Kader auf diesen Positionen extrem dünn in den vergangenen Jahren.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der 21-Jährige "defensiv noch zulegen muss", wie Eintracht-Trainer Michael Schiele zuletzt der "Braunschweiger Zeitung" sagte. Auch die Daten spiegeln das wider. Das defensive Eins-gegen-Eins und Positionsspiel sind ebenso Schwächen wie das Pressingverhalten. Soll es mit der ganz großen Karriere klappen, muss er hier besser werden. Die im Vergleich zur Bundesliga mehr auf physische Komponenten ausgelegte Zweite Liga dürfte dabei keine schlechte Schule für den neuen "Löwen" sein.

Pherai, die "Löwen" und die System-Frage

Allerdings war in Schieles laufintensivem 4-2-3-1-System bislang wenig Platz für Freigeister wie Pherai. Setzt der Coach auch eine Liga höher auf diese Taktik, würde sich der Spielmacher im Verbund mit dem Stürmer in der ersten Pressinglinie wiederfinden - mit vielen Pflichten und weniger Freiraum für Kreativität.

Um die Stärken des neuen "Löwen"-Dompteurs - Pherai hat sicher nicht von ungefähr die Trikotnummer "10" erhalten - optimal nutzen zu können, wäre ein Systemwechsel eine Option. Schiele ließ die Eintracht zuletzt im 3-5-2 mit zwei Sechsern auflaufen. Mit zwei Anspielstationen vor ihm und der Chance, als nachrückender Offensivmann immer wieder selbst Anspielstation im gefährlichen Bereich um den Strafraum herum zu sein, könnte Pherai das Angriffsspiel der Eintracht entscheidend verändern und viel variabler machen.

Schiele: "Werden mit ihm noch Spaß haben"

Dafür würde Braunschweig ein weiterer Stürmer der Marke "falsche Neun" und nicht vom Typ "Zielspieler" wie Lion Lauberbach, Luc Ihorst und Benjamin Girth guttun. Ob hier noch etwas passiert, ist offen. Schiele dürfte auch so zurechtkommen und hat nun mit Pherai einen Akteur im Kader, der ihm mehr spielerische Möglichkeiten eröffnet. "Er kann aus Ballbesitz und im Konter agieren", sagte der Eintracht-Coach. "Ich glaube, mit ihm werden wir noch Spaß haben."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport | 17.07.2022 | 23:03 Uhr

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