Niko Kovac, Trainer des VfL Wolfsburg. © picture alliance / contrastphoto Foto: O.Behrendt

Abstiegsrang: Wolfsburgs Trainer Kovac in der Pflicht

Stand: 19.09.2022 12:35 Uhr

Für Trainer Niko Kovac vom VfL Wolfsburg wird die sportliche Situation allmählich bedrohlich. Die "Wölfe" sind nun Bundesliga-Vorletzter - und damit weit von den eigenen Zielen entfernt. Derweil sieht es danach aus, als sollte Marcel Schäfer zukünftiger VfL-Geschäftsführer werden.

von Christian Görtzen

Jörg Schmadtke ist einfach viel zu lange im Fußball-Geschäft, als dass er dieses Nachhaken nicht erwartet hätte. Wie groß das Vertrauen in Trainer Niko Kovac sei, wollte ein Journalist nach dem erschütternden Auftritt der "Wölfe" im Spiel bei Union Berlin (0:2) vom 58 Jahre alten Geschäftsführer Sport des VfL Wolfsburg wissen.

In solchen Momenten wird gerne jede Reaktion gedeutet, auch nonverbale. Schmadtke zögerte nicht: "Groß. Wir stellen den Trainer nicht in Frage. Und wir stellen ihn auch nicht in den Wind." In der aktuellen Lage des Clubs sieht der Manager alle gefordert. "Wir müssen da gemeinschaftlich rauskommen. Deswegen gibt es da keine Diskussion."

Das VfL-Dilemma: große finanzielle Möglichkeiten, mickeriger sportlicher Ertrag

Vielleicht (noch) keine Diskussion, die Frage an sich ist in jedem Fall berechtigt. Bei seiner Vorstellung in Wolfsburg hatte Kovac schließlich Folgendes gesagt: "Rang zwölf hat hier niemanden glücklich gemacht. Champions League und Europa League - das ist das, was die Leute hier möchten und was wir möchten."

Weitere Informationen
Spielszene Union Berlin - VfL Wolfsburg © IMAGO / Jan Huebner

Biederer VfL Wolfsburg verliert bei Tabellenführer Union Berlin

Gegen die Köpenicker kassierten die Grün-Weißen ihre vierte Saisonniederlage und gehen als Tabellen-17. in die Länderspielpause. mehr

Sieben Bundesliga-Spieltage später würden sich die Niedersachsen auf besagtem zwölftem Rang nur allzu gerne wiederfinden. Sie blicken von unten darauf, von Rang 17 aus, einem direkten Abstiegsplatz. Drei Punkte sind es bis Rang zwölf. Sechs Zähler sind es übrigens bis zu einem Europapokal-Platz. Aber ein Verweis darauf sorgt derzeit am Mittellandkanal ohnehin nur noch für ein müdes Lächeln.

Aus gutem Grund. Besser geworden ist unter Kovac im Vergleich zu seinem Vorgänger Florian Kohfeldt nichts. Beim VfL ist es weiterhin wie gehabt: große finanzielle Möglichkeiten, mickeriger sportlicher Ertrag. Angesichts des Kaders stellt man sich schon die Frage, warum die "Wölfe" seit längerer Zeit so deutlich unter ihren Möglichkeiten bleiben. Immerhin finden sich darin unter anderem folgende Namen: Ridle Baku, Josip Brekalo, Lukas Nmecha, Luca Waldschmidt, Jonas Wind oder Omar Marmoush.

Nach dem schwächsten Saisonstart seit dem Bundesliga-Aufstieg vor 25 Jahren hatte Kovac Anfang September öffentlich deutlich Kritik an seiner Mannschaft geäußert. Er machte in seinem Kader "viele Spielertypen" aus, "die von Haus aus den Kontakt eher nicht so suchen wie bei anderen Mannschaften. Man darf sich nicht ergeben." Eine Woche später sortierte er nach dem 1:0 bei seinem früheren Club Eintracht Frankfurt Offensivspieler Max Kruse aus - mit der Versicherung, dass der ehemalige Nationalspieler nicht mehr für den VfL spielen werde.

Kovac geht mit seinem Team hart ins Gericht

Und nach dem vor Einfallslosigkeit strotzenden Auftritt an der "Alten Försterei" in Berlin kam der 50 Jahre alte Fußballlehrer erneut nicht umhin, Kritik an seinem Team zu üben. "Wir sind keine Mannschaft, die den Gegner an die Wand spielen kann. Wir müssen aber schon leidenschaftlichen Fußball spielen, auch viel arbeiten, als Team agieren. Wir haben es nicht verstanden, uns zu wehren", bemängelte Kovac. "Wir sind einfach nicht bereit, die Basics, die man im Fußball braucht, Leidenschaft, Kameradschaft, die Mentalität, die Aufopferung an den Tag zu legen. Das fehlt mir."

Weitere Informationen
Eine Fußballtabelle vor eine Fußballmotiv © Colourbox Foto: -

Ergebnisse und Tabelle Fußball-Bundesliga

Ergebnisse, Tabellenstände und die Spieltage im Überblick. mehr

Die Tabellensituation wolle er "nicht zu sehr dramatisieren, aber auch nicht verharmlosen", fügte er hinzu. "Wir sind 17., haben nicht das erreicht, was wir erreichen wollten in den bisherigen sieben Spielen", räumte der VfL-Coach ein. Die Punktspielpause in der Bundesliga biete jetzt im Training die Gelegenheit, die "Abläufe zu trainieren, Torschusstraining zu machen, sich Selbstvertrauen zu holen - dann wird der Knoten auch platzen", sagte Kapitän Maximilian Arnold im Interview mit dem NDR.

"Müssen versuchen, das Ding zu rocken." Niko Kovac, Trainer des VfL Wolfsburg

Kovac ging mit seiner Aussage in die gleiche Richtung - mit einer Prise mehr Lifestyle: "Wenn die Spieler zurückkehren, müssen wir anders auftreten, mit Herz und Leidenschaft müssen wir versuchen, das Ding zu rocken." Angesichts des verpatzten Saisonstarts dürfte man sich aber schon die Frage stellen, wie viel Gelegenheiten Kovac dafür noch bekommt - trotz eines bis 30. Juni 2025 laufenden Vertrages, der im Falle einer Auflösung für den VfL eine satte Abfindung nach sich zöge.

Bericht: Schäfer wird Nachfolger von Geschäftsführer Schmadtke

Personelle Änderungen kündigen sich beim Club bislang nur auf der Funktionärsebene an. Schmadtke scheidet Ende Januar aus. Der 38 Jahre alte Schäfer soll dann nach Informationen des "kicker" nach viereinhalb Jahren als Sportdirektor bei den Niedersachsen aufrücken. Als möglicher Nachfolger für seinen Posten gilt seit längerem der ehemalige Bochumer Sportgeschäftsführer Sebastian Schindzielorz. Der Vertrag des 43-Jährigen beim VfL läuft zum Jahresende aus.

Was wird aus Kruse?

Die nächsten sportlichen Aufgaben für das Profiteam des VfL sind so, dass einiges möglich erscheint, um aus dem gröbsten Schlamassel herauszukommen. Nach einem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart geht es zum FC Augsburg, dann wartet zwar in Borussia Mönchengladbach ein größeres Kaliber, die Partie finde aber immerhin in der heimischen Arena statt. Fünf Punkte sollten es da schon werden, drei dürften wohl zu wenig sein für Kovac.

Kruse ist übrigens noch immer Teil des Kaders. Er trainiert mit, sieht die Auftritte des Teams aber aus der Ferne. Wer weiß, vielleicht bestreitet er ja doch noch, anders als von Kovac versichert, Partien für den VfL. Ausgeschlossen erscheint das nicht.

Weitere Informationen
Lena Oberdorf vom VfL Wolfsburg © picture alliance / foto2press | Oliver Baumgart

Lena Oberdorf vom VfL Wolfsburg: Raubein mit Star-Potenzial

Die 20 Jahre alte Ausnahmefußballerin steht nach ihrer großartigen EM für eine neue Generation, die sich von männlichen Vorbildern emanzipiert. mehr

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 18.09.2022 | 22:50 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Bundesliga

VfL Wolfsburg

Mehr Fußball-Meldungen

Rostocks Junior Brumado (r.) und Magdeburgs Baris Atik kämpfen um den Ball. © picture alliance/dpa | Andreas Gora

Hansa Rostock will Magdeburg im direkten Duell überholen

Mit einem Sieg können die Mecklenburger am FCM vorbeiziehen. Dafür braucht es aber eine andere Leistung als zuletzt in Berlin. mehr