"Buy now pay later" - Online Shopping Service auf einem Smartphone © picture alliance / Zoonar Foto: Przemek Klos
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AUDIO: "Buy now, pay later" - Praktisch oder risikant? (5 Min)

Schuldenfalle droht: Boom bei Kleinkrediten

Stand: 06.09.2023 16:52 Uhr

Immer mehr Menschen nutzen bei Online-Käufen die Option "Später zählen" oder "in Raten zahlen" - mit teils schwerwiegenden Folgen. Das hat nun auch die Politik erkannt und will die Bedingungen verschärfen.

von Verena von Ondarza

Aktuelle Zahlen der Schufa sprechen eine klare Sprache: Die Zahl der Ratenkredite ist im vergangenen Jahr um 30 Prozent gestiegen. Fast die Hälfte dieser neu abgeschlossenen Ratenkredite sind Kleinkredite, also für Anschaffungen unter 1.000 Euro. Die Gründe für den Boom dieser Zahloptionen liegen auf der Hand.

Da sind zum Einen die gestiegenen Lebenshaltungskosten, die für viele Menschen zu einer dauerhaften finanziellen Belastung geworden sind. In einer Umfrage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen hat jeder Zehnte angegeben, mit dem zur Verfügung stehenden Geld nicht mehr auszukommen und regelmäßig das Konto zu überziehen. Dabei allerdings fallen hohe Dispozinsen an. Die Möglichkeit eine Zahlung nach hinten zu schieben, erscheint da für viele als eine verlockende Alternative.

Das führt zu dem zweiten Grund: Die Zahloptionen bieten den Online-Händlern ein gut funktionierendes Marketing-Instrument, um Kundinnen und Kunden zum Kauf zu animieren und damit die Verkaufszahlen zu steigern.

Bei Ratenzahlungen fallen teils hohe Gebühren an

Grundsätzlich muss man bei den Bezahloptionen unterscheiden: "Später zahlen" lässt sich mit einem klassischen Rechnungskauf vergleichen. Dabei wird nach Erhalt der Ware eine gewisse Frist gewährt - meist zwei oder vier Wochen -, in der die Rechnung beglichen werden muss. Zusätzliche Kosten fallen dann nicht an.

Anders sieht es bei einer Ratenzahlung aus, die wie ein Ratenkredit zu behandeln ist. Dafür werden Gebühren fällig, die meist um 10 Prozent liegen, manchmal auch höher. Ein auf den ersten Blick preisgünstiger Kauf kann so zu einem teuren Unterfangen werden.

Schuldenberg steigt unbemerkt an 

Wer häufig auf Pump kauft, droht auch den Überblick zu verlieren. Das beobachten Verbraucherzentralen und Schuldnerberatungen zunehmend und berichten von Menschen, mit vielen einzelnen Ratenkreditverträgen. Die Ratsuchenden stellen dann manchmal erst bei der Beratung fest, dass sich ihre Schulden schon auf mehr als 10.000 Euro belaufen.

Keine Bonitätsprüfung bei Käufen unter 200 Euro 

Das liegt auch daran, dass sogenannte Bonitätsprüfungen erst bei Einkaufswerten von mehr als 200 Euro und Laufzeiten von mehr als drei Monaten notwendig werden. Mit vielen kleinen Onlinekäufen umgeht man also eine Kreditwürdigkeitsprüfung. So werden viele Kleinkredite möglich, ohne dass ausstehende Rückzahlung bei der Gewährung eine Rolle spielen. Verbraucherschützer sehen daher sowohl in der Möglichkeit, Zahlungen aufzuschieben als auch auf Raten zu verteilen eine echte Schuldenfalle.  

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Dem will das EU-Parlament nun einen Riegel vorschieben. In Kürze wollen die Abgeordneten über eine neue Verbraucherkreditrichtlinie abstimmen. Die sieht unter anderem vor, dass auch bei Kleinstkrediten - unter 200 Euro - künftig eine Bonitätsprüfung fällig wird. Es gilt als ziemlich sicher, dass dieser Reform zugestimmt wird. Mit der Umsetzung kann es aber noch etwas dauern. Bis zu drei Jahren haben die Mitgliedstaaten dafür Zeit.

 

VIDEO: Schuldenfalle "pay later" (29 Min)

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Wirtschaft | 06.09.2023 | 06:39 Uhr

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