Laktosefreie Produkte in einem Supermarkt. © Thomas Koehler/ picture alliance/photothek

Laktosefrei: Das Geschäft mit Lebensmitteln ohne Milchzucker

Stand: 20.09.2022 14:20 Uhr

Immer mehr Produkte werben mit der Aufschrift "laktosefrei" oder "frei von Laktose". Auch Verbraucherinnen und Verbraucher, die nicht unter einer Laktoseintoleranz leiden, greifen zu - und sind bereit, mehr Geld auszugeben.

von Wiebke Neelsen

Bis zu 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vertragen keine Milchprodukte, haben also eine Laktoseintoleranz. Ihnen fehlt ein Enzym im Körper, um den Milchzucker, die Laktose, aufzuspalten - in Glukose und Galaktose. Es kommt nach dem Verzehr von zum Beispiel Kuhmilch, Quark oder Joghurt zu Gärungen im Darm, die wiederum zu Durchfall und Blähungen führen.

Doch auch Verbraucher, die nicht von einer Laktoseintoleranz betroffen sind, greifen gerne zu Lebensmitteln, die als "laktosefrei" gekennzeichnet sind. Laut dem Marktforschungsinstitut IFH Köln kaufen zwei Drittel der Verbraucher freiwillig sogenannte "Frei von"-Produkte, weil sie sie für gesünder halten.

"Frei von Laktose" - Aufschrift als Marketing-Trick

Mit laktosefreien Produkten wurden dem Marktforschungsunternehmen Nielsen zufolge im Jahr 2021 rund 933 Millionen Euro umgesetzt - 18 Prozent mehr als im Jahr davor. "Die Industrie scannt den Markt gezielt nach Trends", erläutert Markensoziologe Prof. Dr. Arnd Zschiesche von der Fachhochschule Westküste. Gerade im Supermarkt seien die Margen sehr klein. Deshalb habe es deutliche Effekte, wenn Produkte als laktosefrei positioniert werden könnten.

Höherer Preis als bei konventionellen Produkten

Laktosefreie Produkte sind häufig teurer als ihre konventionellen Pendants. "Bei laktosefreien Produkten spalten die Hersteller die Laktose vorher mittels des Enzyms Laktase", berichtet Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Dieses Verfahren sei allerdings nicht so aufwendig, dass es einen so viel höheren Preis rechtfertige.

Deklaration als Orientierungshilfe: Wann ist sie sinnvoll?

Die Kennzeichnung eines Produktes als "laktosefrei" ist in vielen Fällen eine sinnvolle Orientierungshilfe für Kunden. Denn Laktose kann auch in verarbeiteten Lebensmitteln stecken, in denen Verbraucherinnen und Verbraucher sie auf den ersten Blick nicht vermuten: In Zwieback ist beispielsweise manchmal Süßmolkenpulver enthalten und in einigen Streichwürsten wird Laktose eingesetzt, um die Konsistenz einer Wurst zu verbessern.

Trage unter diesen Lebensmitteln eines die Aufschrift "laktosefrei", unterscheide es sich von anderen und die Deklaration sei zulässig, erläutert Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin. Auch in Bezug auf Hartkäse hat ein Gericht entschieden, dass die Bezeichnung "laktosefrei" zulässig ist. Zwar zersetzt sich die Laktose bei der Reifung von Hartkäse generell, doch diese Eigenschaft sei nicht allen Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt, so die Begründung.

Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist nicht erlaubt

Doch bei einigen Produkten mit der Aufschrift "laktosefrei" sei die Lage deutlich anders. "Im Lebensmittelrecht ist festgelegt, dass ich als Hersteller nicht eine besondere Eigenschaft auf meinem Produkt bewerben und hervorheben darf, wenn alle anderen Lebensmittel dieser Art genau die gleiche Eigenschaft aufweisen", sagt Britta Schautz. Daher könne es auch illegal sein, wenn Hersteller mit Eigenschaften wie "laktosefrei" werben - nämlich genau dann, wenn in dem Produkt sowieso keine Laktose vorkommt.

Kleine Mengen Laktose sind oft gut verträglich

Selbst Menschen mit einer Laktoseintoleranz vertragen in der Regel kleine Mengen Laktose - etwa bis zu 12 Gramm. Es lohne sich durchaus, die individuelle Toleranz auszutesten, meint Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan, Gastroenterologe an der Universitätsmedizin Mainz: "Kleine Mengen sind in der Regel günstig für die Darmflora, weil es viele Bakterien gibt, die den Milchzucker verstoffwechseln - was dann der Gesundheit zuträglich ist."

Weitere Informationen
Ein Mann hält sich den Bauch. © Colourbox Foto: Heiko Kueverling

Lebensmittel-Unverträglichkeiten erkennen und behandeln

Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten äußern sich oft durch Verdauungsbeschwerden oder Abgeschlagenheit. Tests helfen bei der Diagnose. mehr

Ein Glas Milch auf einem Holztisch. © fotolia.com Foto: pilipphoto

Wie gesund ist Milch?

Milch galt lange als Muntermacher, ist heute aber umstritten und steht im Verdacht, Entzündungen und sogar Krebs zu begünstigen. Doch was stimmt wirklich? Milch im Faktencheck. mehr

Eine Glasflasche mit einem Strohhalm steht auf einem Tisch, auf dem Mandeln und Strohhalme liegen. © picture alliance/chromorange Foto:  Barbara Neveu

Milchersatz: Wie gesund sind vegane Drinks mit Soja & Co?

Als Alternative zu Kuhmilch werden pflanzliche Drinks aus Soja, Hafer, Mandeln, Reis, Kokos und Dinkel immer beliebter. mehr

Weizenähren, -körner und Mehl auf einem Holztisch. © fotolia Foto: Christian Jung

Weizenunverträglichkeit: Was steckt dahinter?

Zöliakie, Weizenallergie, Weizensensitivität - wie ungesund ist Weizen wirklich? Sind Dinkel und andere Getreide verträglicher? mehr

Dieses Thema im Programm:

Die Tricks | 10.10.2022 | 21:00 Uhr

Mehr Verbrauchertipps

Cannabis in einem Plastiktütchen und auf einer Holzfläche. © Colourbox Foto: Nils Weymann

Cannabis: Was bedeutet die Teil-Legalisierung in Deutschland?

Besitz und Erwerb von Cannabis werden ab 1. April teilweise legal. Was ist künftig erlaubt? Was bleibt verboten? mehr