Stand: 20.01.2016 08:22 Uhr
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Welcher Fisch darf noch auf den Teller?
Umweltbewusste Fischesser können derzeit nur Karpfen uneingeschränkt genießen. Das ist ein Tipp des aktuellen Einkaufsratgebers, den die Umweltorganisation Greenpeace jetzt in Hamburg vorgestellt hat. Hering und Afrikanischen Wels halten die Experten ebenfalls für empfehlenswert, allerdings nur, wenn Verbraucher auf die Herkunft der Fische achten.
So sollte Wels nicht aus Aquakulturen in Deutschland, den Niederlanden, Ungarn, Thailand, Vietnam oder Brasilien stammen. Bei Hering hält Greenpeace den Kauf für "nicht empfehlenswert", wenn die Fische in Teilen des Nordwest- oder Nordost-Atlantiks gefangen wurden. Das betrifft unter anderem das sogenannte Subfanggebiet Skagerrak/Kattegat oder die Westküste Neufundlands. Einige beliebte Fischarten wie Makrele, Alaska-Seelachs, Rotbarsch oder Seehecht sollten laut Greenpeace derzeit nicht auf dem Einkaufszettel stehen.
Von Aal bis Zander: Was ist ökologisch korrekt?
Umweltschützer raten allgemein dazu, Fisch nicht täglich zu essen, sondern ihn als Delikatesse zu betrachten.
Karpfen stammen aus Seen und Zuchtteichen und dürfen bedenkenlos gekauft werden. Ähnlich wie Muscheln wird Karpfen traditionell in Monaten gegessen, die mit "r" enden.
Heimisch in Flüssen, Bächen und Teichen: Regenbogen- und Bachforellen. Greenpeace bewertet den Verzehr nur als noch empfehlenswert, wenn Regenbogenforellen aus Aquakultur in Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Irland, Italien und Spanien stammen. Bachforellen sind nur aus Aquakulturen in Deutschland, Großbritannien, Italien, Österreich und der Schweiz noch empfehlenswert.
Hering ist weitgehend unbedenklich. Bei Greenpeace steht er nur auf der roten Liste, wenn er aus bestimmten Gebieten des Nordost- oder dem Nordwestatlantik stammt.
Makrelen aus Wildfang sind nach Ansicht der Umweltschützer grundsätzlich keine gute Wahl.
Kabeljau oder Dorsch sollte laut Greenpeace nur auf den Tisch, wenn er aus Teilen des Nordostpazifiks oder des Nordostatlantiks stammt.
Zander steht bei Greenpeace auf der Tabu-Liste. Ausnahmen gelten nur für Fische aus dem schwedischen Hjälmaren-See.
Beim Aal sind sich die Umweltschützer einig: Der Bestand der Tiere ist so gering, dass man sie von der Einkaufsliste streichen sollte.
Weltweit haben die Bestände an Schwertfisch drastisch gelitten. Hinzu kommt, dass beim Fang der großen Seeräuber viel Beifang anfällt. Greenpeace hält nur den Verzehr von Fischen für vertretbar, die aus dem Südostpazifik stammen und mit schonenden Methoden gefangen wurden.
Doraden sind laut Greenpeace nur dann noch empfehlenswert, wenn sie aus zertifizierter extensiver Zucht in Griechenland oder Kroatien stammen.
Ein großer Fisch, der Schutz braucht: Laut Greenpeace sollte man Heilbutt nur essen, wenn er aus wenigen kleinen Teilen des Nordwestatlantiks stammt und mit Langleinen oder Stellnetzen gefangen wurde.
Lachs gehört zu den beliebtesten Fischsorten. Greenpeace rät nur bei genauem Hinsehen zum Verzehr: Von dem im Handel verbreiteten Atlantischen Lachs raten die Umweltschützer ab - auch wenn er gezüchtet wurde. Pazifischer Lachs sollte aus bestimmten Gebieten des Nordwest- und des Nordostpazifiks stammen.
Rotbarsch ist eine besonders langsam wachsende Fischart und reagiert deshalb empfindlich auf Überfischung. Das Urteil der Umweltschützer lautet: Finger weg.
Bei den kleinen Sardellen richtet sich die Empfehlung nach der Herkunft: Stammen sie aus dem Golf von Biskaya oder Teilen des Südwestatlantiks, dürfen Kunden noch zugreifen.
Seelachs ist keine Lachsart, sondern gehört zu den Dorschen. Die auch als Köhler bezeichneten Fische sollten nur auf dem Speiseplan stehen, wenn sie aus dem Nordostatlantik bei Island stammen und mit schonenden Methoden gefangen wurden.
Als Schillerlocke bezeichnet man den geräucherten Bauchlappen des Dornhais. Umweltschützer raten vom Verzehr des Dornhais ab, weil die Bestände stark überfischt sind.
Schollen dürfen nach Angaben von Greenpeace gegessen werden, wenn sie aus Teilen des Nordostpazifiks stammen.
Hässlicher Fisch mit vielen Gourmet-Freunden: Der Seeteufel sollte Greenpeace zufolge allerdings am besten überhaupt nicht auf den Tisch kommen.
Beim Schellfisch entscheidet die Herkunft über die Empfehlung der Umweltschützer. Wenn er aus Teilen des Nordwest- oder des Nordostatlantiks kommt, gibt Greenpeace das Prädikat "noch empfehlenswert".
Auch wenn es Thunfisch sein soll, entscheiden Sorte und Herkunft. Noch empfehlenswert sind Bonitos, Albacore und Gelbflossenthunfisch aus dem westlichen und zentralen Pazifik sowie dem Indischen Ozean.
Zahlreiche Ausnahmen
Der Greenpeace-Ratgeber, den es auch als Kühlschrankposter oder App für Smartphones gibt, bewertet 116 Fisch- und Muschelarten - von Aal bis Zander. Er unterteilt die Arten in die Kategorien "noch empfehlenswert" oder "nicht empfehlenswert". Schwierig wird die Orientierung für Fischkäufer bei den zahlreichen Fischarten, die als "nicht empfehlenswert mit Ausnahmen" eingestuft wurden. Auch hier entscheidet die regionale Herkunft oder die Zuchtmethode. So gilt beispielsweise nur Schwertfisch aus dem Südostpazifik als "noch empfehlenswert".
Die Herkunft der Fische ist bei Tiefkühl-Fisch und vielen Fertigprodukten auf der Verpackung verzeichnet. Frische Fische müssen vom Händler entsprechend ausgezeichnet werden. Allerdings sind die Informationen teilweise nicht vollständig, denn vorgeschrieben ist nur die Angabe großer Fanggebiete wie Nordatlantik, nicht aber die präzisere Region.
Industrie und Wissenschaftler kritisieren Bewertung
Der Bundesverband der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels bezeichnete den Einkaufsratgeber für "wirklichkeitsfremd". Er ignoriere viele Entwicklungen, die von der Fischindustrie und zum Teil auch von Greenpeace selbst in den vergangenen zehn Jahren angestoßen worden seien, sagte Verbandsgeschäftsführer Matthias Keller. "Das sind sehr ideologische Empfehlungen." Die Umweltschutzorganisation rate vom Kauf von Kabeljau ab, tatsächlich komme die Mehrzahl der Fische aber aus nachhaltigem Fang. Auch bei der Scholle sei die freigegebene Fangmenge in der Nordsee noch nie so groß wie 2015 und 2016 gewesen.
Auch Wissenschaftler aus Mecklenburg-Vorpommern, die mit der Fischindustrie kooperieren, hatten den Fischratgeber zuletzt kritisiert. Dieser sei nicht nur falsch, sondern auch nutzlos, sagte der Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, Christopher Zimmermann. Die Fischerei sei ein sehr kompliziertes Metier, man müsse sich sehr genau anschauen, aus welcher Fischerei und mit welcher Fangmethode Fische gefangen wurden und aus welchem Bestand sie kommen. "Arten von pauschalen Abwertungen, so wie sie Greenpeace macht, sind nicht zielführend."
Auch WWF gibt Tipps zum Fischkauf
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Fisch aus Bio-Zucht ist laut WWF eine gute Wahl.
Auch die Umweltstiftung WWF empfiehlt, beim Kauf auf Art und Herkunft der Fische zu achten und bietet ebenfalls einen Einkaufsratgeber an. Der WWF bewertet darin handelsübliche Fischarten und Meeresfrüchte nach ökologischen Kriterien wie Bestandsentwicklung und Fangmethoden, kommt aber bei einigen Arten zu anderen Ergebnissen als Greenpeace.
Nachhaltig gefangenen Fisch oder Bio-Ware wählen
Wer Fisch bewusst genießen möchte, sollte laut WWF nachhaltig gefangene, zertifizierte Ware oder auf Produkte aus Bio-Zucht bevorzugen. Bei Fischen und Meeresfrüchten aus Bio-Zucht rät der WWF zu Produkten mit dem Bioland- oder Naturland-Label. Für gentechnikfreie Futtermittel steht das Siegel des ASC. Bei Wildfang empfiehlt der WWF das Siegel des "Marine Stewardship Council", kurz MSC. Das Siegel ist in Fachkreisen allerdings umstritten. Kritiker halten die Vergabe-Kritierien für zu lasch.
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NDR 1 Radio MV |
26.06.2015 | 17:15 Uhr