Neues Medikament mit Omega-3-Fettsäuren senkt Herzinfarktrisiko
Sie sind gesund und stecken in Fisch, Algen oder Rapsöl: Omega-3-Fettsäuren. Eine Studie zeigt, dass durch die Einnahme eines neuen Präparats das Herzinfarktrisiko deutlich gesenkt werden kann.
Unser Körper kann Omega-3-Fettsäuren nicht selbst herstellen, dabei sind sie lebenswichtige Bausteine für unseren Organismus. Klar ist: Sie sind gesund. Aber lassen sich mit ihnen auch Krankheiten vorbeugen? Lange wurde über diese Frage gestritten. Nun liefert die US-amerikanische REDUCE-IT-Studie mit einem neuen Präparat mit dem Wirkstoff Icosapent-Ethyl, ein EPA-Ethylester, vielversprechende Ergebnisse.
REDUCE-IT-Studie: Herzinfarktrisiko sinkt durch EPA-Präparat
In der Gruppe, die mit dem EPA-Präparat behandelt wurde, erlitten 25 Prozent weniger Menschen einen Herzinfarkt als in der Kontrollgruppe, die nur ein Placebo bekam. Die bestimmte Form von EPA in der hohen Dosierung hat also günstige Effekte auf das sogenannte kardiovaskuläre Risiko.
Laut der Studie können mit dem neuen Medikament die enthaltenen Omega-3-Fettsäuren gefährliche Gefäßablagerungen reduzieren und das Herzinfarktrisiko senken. Wichtig dabei: Die Erkenntnisse lassen sich nicht einfach auf herkömmliche Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren übertragen.
Omega-3-Fettsäuren besonders hoch dosiert
Bislang sind in Deutschland nur wenige Omega-3-Medikamente erhältlich (zum Beispiel Eisosan und Omacor). Sie enthalten in festgelegter Menge und gleichbleibender Zusammensetzung Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, die in der Natur vor allem in Fisch und Algen vorkommen. Die Kapseln werden zur Senkung bestimmter Blutfette, der Triglyzeride, eingesetzt. Die Präparate aus der Apotheke können die Triglyzeride senken, in Studien konnte aber keine Reduktion des Herzinfarktrisikos nachgewiesen werden.
In dem neuen Medikament, das in der REDUCE-IT-Studie zum Einsatz kam, steckt nur EPA - besonders hochdosiert und speziell aufgereinigt: Es handelt sich um Icosapent-Ethyl, eine chemisch veränderte Form von EPA, die vom Körper besser aufgenommen werden kann. Zwei Kapseln täglich, vier Gramm reines EPA, haben die Studienteilnehmer fast fünf Jahre lang zu den Mahlzeiten eingenommen. Dies ist eine deutlich höhere Dosis als in bisherigen Untersuchungen. Teilnehmen konnten nur Menschen, die ein hohes Risiko für einen Herzinfarkt hatten und bereits mit Blutfettsenkern behandelt wurden - deren Triglyzeridwerte aber trotzdem zu hoch waren.
EPA hat positiven Effekt auf Plaques
Aber was genau bewirkt das EPA-Präparat? Das wollten die US-Forscher in einer Folgestudie herausfinden und haben sich dafür die kranken Herzgefäße von 80 Studienteilnehmern im Computertomograf angeschaut. Im Fokus: die sogenannten Plaques. Plaques entstehen, wenn sich Fett aus dem Blut in den Gefäßwänden ablagert. In ihrem Inneren kommt es zu einer schwelenden Entzündung. Besonders gefährlich sind instabile Plaques, bei denen nur eine dünne Haut über dem entzündeten Fettkern liegt. Reißt diese Haut ein und quillt das Fett ins Blutgefäß, bildet sich ein Gerinnsel. Es droht in der Folge ein Infarkt. Die CT-Bilder aus der Studie zeigen, dass das hochdosierte EPA einen sichtbaren Effekt auf solche instabilen Plaques hatte. Ihr Kern ist geschrumpft, sie sind stabiler geworden.
Omega-3-Fettsäuren wirken entzündungshemmend
Noch können die Forscher nur mutmaßen, warum das so ist. Aber vieles spricht dafür, dass es nicht nur daran liegt, dass Omega 3-Fettsäure die schädlichen Triglyzeride senkt. Hochdosiertes EPA kann anscheinend noch mehr: Laborversuche haben gezeigt, dass Omega-3-Fettsäuren auch entzündungshemmend wirken. Denn Omega-3-Fettsäuren binden einen speziellen Rezeptor, der auf den körpereigenen Fresszellen sitzt. Das sind Immunzellen, die Entzündungsprozesse im Körper befeuern. Docken die Fettsäuren an diesen speziellen Rezeptoren an, wird ihre Aktivität gebremst - und damit auch die Entzündung. So ist die Wirkung möglicherweise auch in den Plaques. Auch dort sind diese Fresszellen aktiv und bewirken eine Entzündung der Gefäßwand. Und die scheint laut Studie durch das EPA zurückzugehen.
Freiverkäufliche Nahrungsergänzungsmittel haben nicht die gleiche Wirkung
Die vielversprechenden Erkenntnisse lassen sich allerdings nicht einfach auf herkömmliche freiverkäufliche Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren übertragen. Laut Studie hängt die Wirkung stark von der Dosis und der genauen Zusammensetzung ab. Fischöl-Kapseln oder Algenöl aus der Drogerie oder dem Internet enthalten eine Mixtur aus natürlichem EPA und DHA. Deren Gehalt kann stark schwanken und sie sind viel niedriger dosiert. Ungesund sind solche Nahrungsergänzungsmittel nicht, aber die beschriebenen Studienergebnisse gelten nur für das neue hochdosierte und chemisch veränderte Präparat. Mit einer Zulassung des Medikaments in der EU rechnen Experten im Lauf des Jahres 2021.
