Eine schematische Illustration eines Oberkörpers in dem die Lunge hervorgehoben wird. © fotolia.com Foto: yodiyim

Mukoviszidose: Durchbruch bei der Behandlung

Stand: 31.05.2021 12:31 Uhr

Vor allem Kinder kämpfen mit der Erbkrankheit Mukoviszidose, die die Atemwege mit zähem Schleim verstopft. Jetzt gibt es neue Medikamente, die einen echten Durchbruch bedeuten.

Bis vor wenigen Jahren war die Mukoviszidose, auch Cystische Fibrose genannt, eine Erbkrankheit, die den betroffenen Kindern zunehmend die Luft zum Atmen nahm, indem sie vor allem die Atemwege mit zähem Schleim verstopfte. Nur wenige Betroffene erreichten damals das Erwachsenenalter, alle verfügbaren Therapien wie zum Beispiel Inhalieren und Physiotherapie konnten nur die Symptome lindern. Geändert hat sich das mit der Einführung von Medikamenten, die an dem Proteindefekt ansetzen, der dieser Erkrankung zugrunde liegt. Mit der schrittweisen Weiterentwicklung dieser Arzneimittel verbesserten sich die Behandlungsmöglichkeiten für immer mehr Betroffene, ihre Lebenserwartung wuchs von Jahr zu Jahr. Jetzt gibt es neue Medikamente, die einen echten Durchbruch bedeuten.

Ein defektes Gen ist die Ursache für Mukoviszidose

Rund 6.500 Patientinnen und Patienten in Deutschland leiden unter einer Mukoviszidose. Die Ursache liegt in einem aufgrund bestimmter Genmutationen defekten oder fehlenden Eiweiß: dem sogenannten CFTR-Protein. CFTR steht für "Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator". Das CFTR-Protein ist im Grunde eine Art Schleuse in der Zellwand aller Drüsenzellen, die deren Salz- und Wasseraustausch steuert. Ist das Protein falsch gefaltet oder fehlt es ganz, ist der Salz- und Wasseraustausch der Zellen gestört. In der Folge bildet sich an den Schleimhäuten ein zäher Schleim, der die Lunge, die Bauchspeicheldrüse und andere Organe im Laufe der Zeit so schwer schädigt, dass es letztlich zum Tod führt. Zudem sind die Betroffenen aufgrund der eingeschränkten Lungenbelüftung stark infektionsgefährdet und müssen deshalb im Kontakt mit anderen Menschen vorsichtig sein.

Behandlung der Ursache brachte den Durchbruch

Den entscheidenden Fortschritt in der Behandlung der Mukoviszidose brachte die Einführung eines neuen Therapieprinzips: Die sogenannte CFTR-Modulation setzt direkt am defekten oder fehlenden CFTR-Protein an und führt dazu, dass mehr funktionsfähiges CFTR-Protein produziert und auch in die Zellwand eingebaut wird. Dazu werden zwei verschiedene Arten von Medikamenten eingesetzt: CFTR-Korrektoren korrigieren die Fehlfaltung des CFTR-Proteins und sorgen dafür, dass mehr dieser Proteine an die Zelloberfläche gelangen. CFTR-Potenziatoren verbessern die Funktion des CFTR-Proteins. Durch Kombination dieser beiden Wirkprinzipien ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Lebensqualität von immer mehr Betroffenen deutlich zu steigern und ihre Lebenserwartung zu verlängern. So wurde aus der früheren tödlichen Kinderkrankheit eine chronische Krankheit, die auch Erwachsene betrifft.

Medikament nicht für alle Patienten geeignet

Dass die CFTR-Modulation nicht bei allen Patientinnen und Patienten mit Mukoviszidose erfolgreich ist, liegt an der Vielfalt der Genmutationen, die der Krankheit zugrundeliegen können. Mittlerweile haben Forscherinnen und Forscher mehr als 2.000 Varianten des Gens entdeckt, von denen rund 360 zur Ausbildung einer Mukoviszidose führen. Grundsätzlich muss ein Kind von beiden Elternteilen jeweils ein defektes CFTR-Gen geerbt haben, damit die Erkrankung ausbricht. Ein Gentest, welche Defekte im Einzelfall vorliegen, bestimmt darüber, ob und wie die Krankheit mit CFTR-Korrektoren und -Potenziatoren behandelt werden kann. In den vergangenen Jahren wurden Kombinationen dieser Medikamente zugelassen, mit denen immer mehr Patientinnen und Patienten für die Therapie infrage kamen.

Dreifach-Kombination bringt Durchbruch

Die weltweit am häufigsten für Mukoviszidose verantwortliche Mutation trägt den komplizierten Namen "F508del". Sie ist bei dem größten Teil der betroffenen Patientinnen und Patienten zu finden - entweder in Kombination mit einem anderen Gendefekt oder allein, wenn beide Elternteile ihrem Kind diese Mutation vererbt haben. Eine neue Kombination von drei Medikamenten, zwei CFTR-Korrektoren und einem CFTR-Potenziator, ermöglicht nun die Behandlung aller Betroffenen, die mindestens eine F508del-Mutation aufweisen - das sind rund 90 Prozent der an Mukoviszidose Erkrankten.

Bisher ist diese Dreifach-Kombination allerdings erst ab einem Alter von zwölf Jahren zugelassen und nicht alle Betroffenen vertragen sie gleichermaßen gut. Vor allem anfangs können Unverträglichkeiten auftreten, weil sich der Körper erst darauf einstellen muss. Im weiteren Verlauf bringe die neue Therapie aber für die meisten eine große Verbesserung, betonen Expertinnen und Experten. Und davon könnten künftig auch kleinere Kinder profitieren, wenn die Zulassung der Therapie auf Jüngere erweitert wird - zumal eine möglichst frühe Behandlung die fortschreitenden Organschäden durch die Mukoviszidose womöglich abbremsen und so das gesamte Leben der Betroffenen verbessern könnte. Ganz ohne Inhalieren und Atemtherapie geht es allerdings nicht, denn auch die neuen Medikamente können das Leben mit Mukoviszidose bis heute nicht komplett normalisieren - aber immerhin stark verbessern.

 

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