Die Hand einer Seniorin hält sich an einem Rollator fest.  Foto: Robert Kneschke

Hilfsmittel: Rollatoren und Co richtig beantragen

Stand: 25.02.2022 09:24 Uhr

Wer krank ist oder eine Behinderung hat, braucht oft Hilfsmittel wie Rollatoren, Rollstühle oder Prothesen. Was sollten Versicherte bei der Kostenübernahme durch die Krankenkasse und beim Kauf beachten?

von Susann Kowatsch

Hilfsmittel sind bewegliche Gegenstände, die Menschen mit Erkrankungen oder Behinderungen im Alltag helfen, schmerzfrei und selbstbestimmt zu leben. Sie sollen den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern, einer drohenden Behinderung vorbeugen oder eine Behinderung ausgleichen. Weit über 30.000 sind im sogenannten Hilfsmittelverzeichnis aufgelistet. Gesetzliche Krankenkassen können die Kosten übernehmen oder sie stellen Hilfsmittel leihweise zur Verfügung.

Rezept für Kostenübernahme durch Krankenkasse notwendig

Damit die Krankenkasse ein Hilfsmittel genehmigt und die Kosten übernimmt, benötigt man eine ärztliche Verordnung - ein Rezept. Der Arzt entscheidet, welches Hilfsmittel in der Situation sinnvoll und erforderlich ist. Für die Bewertung und Einordnung gibt es eine sogenannte Hilfsmittel-Richtlinie. Wichtig ist, dass die Verordnung möglichst präzise ausgefüllt ist. Aus dem Rezept muss unbedingt die medizinische Notwendigkeit hervorgehen. Wird ein Hilfsmittel durch die Krankenkasse abgelehnt, haben Versicherte das Recht, Widerspruch oder Klage einzureichen.

Wie viel müssen Versicherte zuzahlen?

Für jedes Hilfsmittel müssen Erwachsene mindestens fünf Euro und höchstens zehn Euro zuzahlen. Bei Hilfsmitteln zum Verbrauch - wie Inkontinenzhilfen - sind es höchstens zehn Euro im Monat.

Wenn sämtliche Zuzahlungen im Jahr zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen übersteigen, können Versicherte sich bei Ihrer Krankenkasse von weiteren Zuzahlungen in dem Kalenderjahr befreien oder sich Zuzahlungen erstatten lassen. Bei schweren oder chronischen Krankheiten gilt eine Belastungsgrenze von einem Prozent. Die Zuzahlungsbefreiung erfolgt nicht automatisch, sie muss beantragt werden. Rechnungen und Quittungen sollten Betroffene daher gut aufbewahren.

Kassenmodelle decken nur medizinischen Bedarf

Bei den verschriebenen Hilfsmitteln handelt es sich meist um Standardausführungen, für die neben der Zuzahlung von maximal zehn Euro keine weiteren Eigenleistungen erforderlich sind. Laut Verbraucherzentrale reichen diese Kassenmodelle in der Regel aus, um den medizinisch erforderlichen Bedarf zu decken. Patienten können sich aber auch für ein Hilfsmittel entscheiden, das über das Notwendige hinausgeht. Das kann zum Beispiel eine hochwertigere Ausführung oder ein Modell mit Sonderfunktionen sein. Diese Mehrkosten werden oft nicht vollständig von der Krankenkasse übernommen.

Auf gute Beratung im Sanitätshaus achten

Leistungserbringer wie Sanitätshäuser sind gesetzlich verpflichtet, im Beratungsgespräch immer auch über mehrkostenfreie Kassenmodelle zu informieren. Verbraucher sollten immer danach fragen und diese testen. Vor einer Unterschrift sollte das Beratungsprotokoll beziehungsweise der Vertrag aufmerksam durchgelesen werden. Eine Rückgabe oder ein Umtausch ist bei den meisten Hilfsmitteln in der Regel nicht vorgesehen. Daher rät die Verbraucherzentrale von Spontankäufen ab. Jeder Kauf im Sanitätshaus sollte gut überlegt sein, weil man im Zweifel auf dem Produkt sitzen bleibt.

Hilfsmittel online bestellen

Hilfsmittel lassen sich auch im Internet bestellen, das ist aber nicht immer ratsam: Müssen bei Hilfsmitteln individuelle Anpassungen vorgenommen werden, empfiehlt der Sozialverband Deutschland einen Kauf im stationären Sanitätshaus, weil dort eine individuelle Beratung vorgenommen werden kann. Rezeptfreie Artikel wie Duschhocker oder Blutdruckmesser können aber im Netz günstiger als im Geschäft sein. Auch bei regelmäßig benötigten Hilfsmitteln wie Inkontinenz-Artikeln kann eine Bestellung im Internet Sinn machen, weil oft ein Preisvorteil oder Rabatt gewährt wird.

Neben Krankenkasse auch andere Kostenträger möglich

Bei der Übernahme der Kosten für ein Hilfsmittel kommen mehrere Kostenträger infrage. Meist ist die gesetzliche Krankenversicherung die richtige Adresse. Je nachdem für welchen Zweck oder aus welchem Grund das Hilfsmittel benötigt wird, können auch die Rentenversicherung, die Unfallversicherung, die Arbeitsagentur oder das Sozialamt die Kosten übernehmen.

Was ist der Unterschied zu Pflegehilfsmitteln?

Pflegehilfsmittel werden von der gesetzlichen Pflegeversicherung gewährt. Voraussetzung hierfür ist eine festgestellte Pflegebedürftigkeit, also das Vorliegen eines Pflegegrades. Bei Pflegehilfsmitteln handelt es sich um Geräte und Sachmittel, die zur häuslichen Pflege notwendig sind. Sie sollen die Pflege erleichtern und dazu beitragen, Beschwerden zu lindern oder dem Pflegebedürftigen eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen.

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