Herzkatheter: Wann ist der Eingriff sinnvoll?

Obwohl die Sterblichkeit bei einem akuten Herzinfarkt und der koronaren Herzkrankheit in den letzten zwei Jahrzehnten stark gesunken ist, sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch immer die häufigste Todesursache in Deutschland. Experten sehen den positiven Trend der Sterblichkeitsraten insbesondere im Zusammenhang mit Fortschritten in der Herzkatheterdiagnostik und -therapie. Dabei spielt auch die flächendeckende Verfügbarkeit von Herzkatheterlaboren eine besondere Rolle. Denn neben Verbesserungen der Rettungssysteme führt die flächendeckende Verfügbarkeit zu erheblichen Verkürzung der Zeit vom Notfall bis hin zu endgültigen Versorgung im Krankenhaus. Und die ist bei einem Herzinfarkt entscheidend.
Herzkatheteruntersuchung: Engstellen können aufgedehnt werden
Im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung (Koronarangiografie) werden die Herzkranzgefäße mithilfe von Kontrastmittel und Röntgenaufnahmen dargestellt. So lassen sich Engstellen oder gar Verschlüsse erkennen und schließlich behandeln. Der Arzt führt dazu einen etwa zwei Millimeter dicken Draht über ein arterielles Blutgefäß in der Leiste oder am Handgelenk bis zum Herzen vor. Zeigen sich Engstellen oder Verschlüsse in den Herzkranzgefäßen, können diese mithilfe eines aufblasbaren Ballons aufgedehnt, mit einem Stent stabilisiert und offen gehalten werden.
Nutzen und Risiken müssen abgewogen werden
Der Nutzen und die Risiken von Herzkatheteruntersuchungen sind immer wieder Anlass von Diskussionen. In Deutschland werden diese im Schnitt dreimal häufiger durchgeführt als in anderen Ländern. Im Jahr 2013 waren es hierzulande über 885.000 - in 342.000 der Fälle wurde dabei auch ein Stent implantiert. Kritische Stimmen sagen, es werde zu viel kathetert. Vor allem finanzielle Anreize seien für die große Zahl an Herzkatheteruntersuchungen verantwortlich.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie weist dagegen darauf hin, dass in einem hohen Maße leitliniengerecht vorgegangen wird. Medizinische Leitlinien legen Behandlungsvorschläge für die Versorgung und Behandlung verschiedener Erkrankungen fest. Sie basieren auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Forschung und werden in regelmäßigen Abständen überprüft und aktualisiert. Dabei sind die Leitlinien keine verbindlichen Behandlungsstrategien, sondern müssen immer an den Einzelfall angepasst werden.
Natürlich ist eine Herzkatheteruntersuchung nicht risikolos. Neben der Strahlenbelastung durch die Röntgenaufnahmen können lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, Blutungen oder ein Schlaganfall den Patienten gefährden. Allerdings sind sich die Experten einig: Stimmt die Indikation, gibt es also einen triftigen Grund für die Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung, ist ihr Nutzen in der Regel größer als ihr Risiko.
Wann ist eine Herzkatheteruntersuchung nicht sinnvoll?
Stimmt die Indikation dagegen nicht, ist das Risiko der Untersuchung zu groß. Kontroll-Herzkatheteruntersuchungen bei Patienten ohne Beschwerden oder weitere Hinweise auf Durchblutungsstörungen des Herzens sind nicht sinnvoll. Und selbst bei bekannten Verengungen von Herzkranzgefäßen, die keine Beschwerden verursachen, ist eine routinemäßige Kontrolluntersuchung nicht notwendig. Empfehlenswert sind dagegen regelmäßige funktionelle Kontrolluntersuchungen, die ein Belastungs-EKG (Ergometrie), eine Ultraschalluntersuchung vom Herzen (Echokardiografie) oder eine Myokardszintigrafie umfassen. In Zukunft werden zudem nichtinvasive Verfahren wie die Computertomografie und die Magnetresonanztomografie eine verstärkte Rolle in der Diagnostik und Kontrolle von Herzkranzgefäßerkrankungen spielen.
