HIV und AIDS: Mehr Infektionen bei Älteren
Eine Infektion mit dem Immunschwäche-Virus HIV ist kein Todesurteil mehr. Wird sie rechtzeitig erkannt, lässt sich ein Ausbruch einer AIDS-Erkrankung verhindern. Doch bei jedem zweiten Betroffenen wird die Diagnose erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium gestellt, wenn die Krankheit AIDS bereits ausgebrochen ist. Vor allem ältere Betroffene ahnen oft nicht, dass sie sich mit HIV infiziert haben: Die Zahl der Neuinfektionen im Alter von über 50 Jahren steigt stetig an.
HIV-Infektionen bei Älteren
Ältere HIV-Infizierte gehören oft nicht zu einer der klassischen Risikogruppen:
- homosexuelle Männer
- Drogenabhängige
- Frauen, die ungeschützten Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Sexualpartnern haben
Die HIV-Infektion fällt bei älteren Betroffenen häufig durch das Auftreten von Folgeerkrankungen wie Lungenentzündungen auf. Wann sie sich angesteckt haben, ist oft kaum noch nachzuvollziehen.
Ein möglicher Grund für den Anstieg der HIV-Infektionen in höherem Lebensalter: Safer Sex spielt bei vielen sexuell aktiven Menschen nach den Wechseljahren keine große Rolle mehr, weil das Thema Verhütung an Bedeutung verliert.
HIV-Infektion: Unterschätzte Gefahr
Pro Jahr stecken sich in Deutschland mehr als 3.000 Menschen mit dem Virus an. Vor allem außerhalb der klassischen Risikogruppen ist die Infektionsrate gestiegen. Experten schätzen, dass etwa 13.000 Betroffene gar nicht wissen, dass sie infiziert sind. Sie wiegen sich in einer trügerischen Sicherheit und kommen gar nicht auf die Idee, sich testen zu lassen. Auch viele Ärzte unterschätzen die Gefahr einer HIV-Infektion bei älteren Menschen und raten deshalb nur selten zu einem Test.
Frühzeitiger HIV-Test ist wichtig
Die Deutsche AIDS-Hilfe hat eine Aufklärungskampagne "Kein AIDS für alle!" gestartet. Sie soll darüber aufklären, wie wichtig es ist, eine HIV-Infektion zu erkennen, bevor die AIDS-Krankheit ausbricht. Deshalb sollte immer ein HIV-Test durchgeführt werden, wenn eine Infektion nicht auszuschließen ist.
So wird HIV übertragen
Das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) wird über Blut und andere Körperflüssigkeiten übertragen - vor allem Sperma, Scheidensekret und Analsekret. Häufigster Übertragungsweg ist ungeschützter Sexualverkehr. Auch die Übertragung der Infektion von Schwangeren auf ihr Kind ist insbesondere während der Geburt und durch Stillen möglich. Körperkontakte im alltäglichen sozialen Miteinander sowie die gemeinsame Benutzung von Geschirr, Besteck und sanitären Einrichtungen stellen kein Infektionsrisiko dar. HIV wird weder über Speichel, Tränenflüssigkeit oder Tröpfcheninfektion noch durch Insektenstiche, Nahrungsmittel oder Trinkwasser übertragen.
Was passiert im Körper?
Die Viren vermehren sich in speziellen Zellen des Blutes, den T-Helferzellen. Sie gehören zur Gruppe der Lymphozyten, die für die zelluläre Infektabwehr zuständig sind. Dazu bauen die Viren ihr Erbmaterial in das der Zelle ein und zwingen die Zelle dazu, HI-Viren zu produzieren. Nachdem sich die Viren in den Zellen vermehrt haben, sterben diese ab. Die Folge ist eine ausgeprägte und unwiderrufliche Störung der zellulären Immunabwehr. Erste Symptome treten in der Regel zwei bis drei Wochen nach einer Infektion auf und werden meist als grippaler Infekt verkannt. An die Phase der akuten HIV-Infektion schließt sich meist eine symptomfreie Phase an. Diese kann Monate oder Jahre andauern.
Bei nicht therapierten Erkrankungen treten bei etwa der Hälfte der Infizierten zehn Jahre nach Infektion schwere Immundefekte auf. Diese lebensbedrohlichen Erkrankungen werden als Acquired Immune Deficiency Syndrom (AIDS) bezeichnet. Dabei handelt es sich insbesondere um Lungenentzündungen durch sogenannte opportunistische Krankheitserreger - also Keime, die erst dann Krankheiten auslösen, wenn der Organismus abwehrgeschwächt ist. Bei Gesunden treten diese Erkrankungen gar nicht erst auf oder verlaufen harmlos.
Die Diagnostik der HIV-Infektion basiert auf dem Nachweis spezifischer Antikörper sowie dem Virus selbst oder seiner Erbsubstanz im Blut. Bei einer Infektion sind Virusantigene in der Regel bereits nach 16 bis 18 Tagen und spezifische Antikörper im Durchschnitt 22 Tagen nach Ansteckung nachweisbar. Virale Erbsubstanz kann sogar schon nach elf Tagen nachgewiesen werden. Eine frühe Diagnose von HIV-Infektionen trägt erheblich dazu bei, die Sterblichkeit zu verringern. Zudem hat sie auch präventive Effekte, weil weniger Infektionen unbeabsichtigt übertragen werden.
Medikamente "frieren Erkrankung ein"
Bis heute ist die Krankheit nicht heilbar. Dank moderner Medikamente ist sie allerdings gut zu behandeln. Und auch die Lebenserwartung sowie die Lebensqualität der Betroffenen sind in der Regel gut. Die Medikamente können den Ausbruch von AIDS in der Regel verhindern. Zum einen verhindern die Medikamente, dass die Viren in die Zielzelle eindringen und zum anderen hemmen sie die Virusvermehrung. Die Erkrankung wird dadurch sozusagen eingefroren. Insgesamt stehen heute fünf verschiedene Gruppen von HIV-Medikamenten zur Verfügung. Entry-Inhibitoren verhindern, dass das Virus in die Zelle eindringt. Sie verhindern die Verschmelzung der Virushülle mit der Zellwand. Damit das Virus seine Erbinformationen in der Zelle einbauen kann, muss die Information umgeschrieben werden.
Sogenannte nukleosidhaltige reverse Transkriptasehemmer stören diesen Prozess durch die Einschleusung falscher Eiweiß-Bausteine in die Zelle. Nicht-nukleosidhaltige reverse Transkriptasehemmer hemmen das für die Umschreibung der Erbinformation benötigte Enzym. Proteasehemmer verhindern, dass die in der Zelle produzierten Virenteile zu vollständigen Viren zusammengebaut werden. Die neueste Medikamentengruppe in der HIV-Therapie bilden die sogenannten Integrasehemmer. Sie verhindern den Einbau viraler DNA in die DNA der menschlichen Wirtszelle.
Verschiedene Medikamente für Therapie nötig
Im Idealfall bewirken die Medikamente, dass keine neuen Viren produziert werden. Die Zahl der freien Viren im Blut nimmt ab und die Zahl der T-Helferzellen zu, sodass sich das Immunsystem erholt. In der Regel besteht die Therapie aus einer Kombination von verschiedenen Medikamenten, da die Viren gegen einzelne Medikamente rasch Resistenzen entwickeln.
