Geburtshilfe: Zu viele Kaiserschnitt-OPs?
Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten haben sich die Kaiserschnittraten in den meisten Industrienationen mehr als verdoppelt. In Deutschland kommt mittlerweile jedes dritte Kind so zur Welt, es gibt allerdings große regionale Unterschiede. Ein Kaiserschnitt kann Leben retten, doch die Indikationen für die einstige Notfall-OP sind heute vielfältiger denn je und werden von Ärzten höchst unterschiedlich ausgelegt. In manchen Ländern, so etwa in Brasilien und China, sind Geburten per Kaiserschnitt sogar bereits häufiger als natürliche.
Mehr Geld für Kaiserschnitt-Operationen
Experten schätzen, dass fünf bis zehn Prozent der Kaiserschnitte nicht erforderlich wären. Obwohl die Operation schneller, zeitlich und personell einfacher zu planen ist, erhält eine Klinik für einen geplanten Kaiserschnitt rund 1.000 Euro mehr als für eine natürliche Geburt. Das führt auf lange Sicht zu weiteren Problemen, denn die jüngeren Ärzte sammeln so immer weniger Erfahrung mit der natürlichen Geburtshilfe in schwierigeren Fällen. So bleibt ihnen letztlich kaum noch eine andere Möglichkeit als der Kaiserschnitt.
Kaiserschnittgeburt als Auslöser für Krankheiten
Für Mütter stellt die Sectio caesarea - so der medizinische Ausdruck für den Kaiserschnitt - seit jeher ein höheres Risiko dar. Doch nun zeigen neue Forschungen, dass er auch für das Kind Ursache verschiedener Erkrankungen sein könnte, beispielsweise Asthma und Allergien.
Außerdem verfestigt sich weltweit die Theorie, dass die Besiedelung mit einer Vielzahl von Keimen während der natürlichen vaginalen Geburt hilft, Erkrankungen vorzubeugen. Diesen natürlichen Schutz bekommen Kaiserschnittkinder nicht automatisch mit.
Wann ist ein Kaiserschnitt nötig?
Erforderlich ist ein Kaiserschnitt immer dann, wenn es um das Leben oder die Gesundheit von Mutter und Kind geht:
- Die Herztöne des Kindes verschlechtern sich unter der Geburt dramatisch.
- Das Baby liegt quer im Bauch.
- Die Plazenta löst sich zu früh ab.
- Die Frau droht zu verbluten.
In vielen Kliniken herrscht noch die alte Regel "Einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt". Dabei ist vielmehr entscheidend, warum der erste Kaiserschnitt durchgeführt wurde und ob bei einer weiteren Schwangerschaft die gleichen Voraussetzungen vorliegen. Oft ist auch nach einem Kaiserschnitt in der Vorgeschichte eine normale Geburt möglich.
Risiken der Kaiserschnitt-OP
Wie jede Operation birgt auch ein Kaiserschnitt Risiken wie Thrombosen, Embolien und Wundheilungsstörungen. Deshalb sollte ein unnötiger Kaiserschnitt vermieden werden. Im schlimmsten Fall droht bei einer weiteren Schwangerschaft - egal ob mit natürlicher Geburt oder Kaiserschnitt - sogar ein Organverlust. Denn wenn sich die Plazenta in der folgenden Schwangerschaft mit der alten Kaiserschnittnarbe verbindet, kann sie sich nicht ablösen. Das bedeutet, dass die Frau ihre Gebärmutter verliert.
Kaiserschnitt: Vorteile und Risiken individuell abwägen
Bei der Geburtsplanung sollten Frauen die Vorteile und Risiken eines Kaiserschnitts individuell abwägen:
- Ist zum Beispiel das Kind zu schwer oder mangelversorgt, ist der Kaiserschnitt in der Regel die beste Option.
- Bei der als schwierig geltenden Beckenendlage ist ein Kaiserschnitt dank moderner Technik nicht unbedingt erforderlich, sofern die Voraussetzungen für eine natürliche Geburt gegeben sind und das Kind nicht gefährdet wird.
Eine strahlungsfreie Kernspintomografie zeigt, ob das Kind sicher durch das Becken der Frau passt. Ist das der Fall, steht einer natürlichen Geburt nichts im Wege.
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