Wie lassen sich Erektionsstörungen behandeln?
Jeder Dritte der über 60-jährigen deutschen Männer leidet an Erektionsstörungen. Bestehen die Symptome über Monate, ist eine Abklärung ratsam. Medikamente, aber auch andere Therapiemaßnahmen können helfen.
Kein Mann spricht gern darüber: Erektionsstörungen. Etwa ein Drittel der über 60-jährigen Männer in Deutschland leidet darunter. Bei den 40- bis 49-Jährigen sind es immerhin schon zehn Prozent. Experten gehen davon aus, dass die Dunkelziffer weit höher liegt. Denn die Erektile Dysfunktion (ED) ist noch immer ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Viele Männer scheuen den Gang zum Arzt. Die Folge: Ohne Behandlung, zum Beispiel mit Medikamenten, verschlimmern sich die Symptome - und die Betroffenen leiden zunehmend.
Häufige Ursachen von Erektionsstörungen
Eine Erektion entsteht durch eine gesteigerte Blutzufuhr in den Penis. Unter hohem Druck wird das Blut durch erweiterte Arterien in den Schwellkörper gepumpt. Dabei werden die Venen zusammengepresst. Die Folge: Der Druck im Schwellkörper steigt an, und der Penis versteift sich. Dieser Vorgang ist nur durch das komplexe Zusammenspiel von Nerven, Blutgefäßen und Hormonen möglich.
Die Gründe für eine Beeinträchtigung der Erektionsfähigkeit sind vielfältig. Meistens entsteht sie durch körperliche Ursachen, aber auch psychische Faktoren können eine Rolle spielen. Es scheint auch einen Zusammenhang zwischen Long Covid und Erektionsstörungen zu geben - Forschende sind dem gerade auf der Spur.
Psychische Gründe für Erektionsprobleme
Psychische Gründe wie Stress, Depressionen, Angsterkrankungen oder belastende Ereignisse lösen eher bei jüngeren Männern Potenzstörungen aus. Dennoch sollten sie immer als Ursache mit in Betracht gezogen werden.
Testosteronmangel als Ursache für Potenzstörungen
Ein (natürlicherweise) sinkender Testosteronspiegel kann mit zunehmendem Alter Probleme verursachen. In seltenen Fällen ist ein Testosteronmangel angeboren. Manchmal ist eine Erektile Dysfunktion auch eine Folge der Einnahme von Medikamenten, von Verletzungen (etwa einer Beckenfraktur) oder Operationen (an Prostata oder Darm).
Erektionsstörungen durch Lebensstil und Vorerkrankungen
Hauptursache ist aber meist der Lebensstil: Rauchen, Alkohol, Übergewicht und Bewegungsmangel können die Blutgefäße schädigen, sodass die Durchblutung im Schwellkörper behindert wird. Potenzstörungen weisen mitunter auf drohende Herzinfarkte und Schlaganfälle hin oder sind auf Krankheiten zurückzuführen, die das zentrale Nervensystem betreffen. Dazu gehören Alzheimer, Morbus Parkinson und Multiple Sklerose. Diabetes mellitus, Bluthochdruck, eine Fettleber oder Fettstoffwechselstörungen fördern Durchblutungsstörungen und damit Erektionsprobleme.
Symptome einer Erektilen Dysfunktion
Eine Potenzstörung liegt vor, wenn
- ein Mann keine Erektion bekommen oder diese nicht erhalten kann, sodass sie für einen Geschlechtsverkehr ausreicht,
- das Problem in mehr als zwei Dritteln der entsprechenden Situationen auftritt und/oder die Probleme über mehrere Monate bestehen.
Diagnose der Erektilen Dysfunktion
Manchmal weisen Erektionsstörungen auf eine ernstzunehmende Erkrankung hin. Bestehen Potenzprobleme über mehrere Monate, sollten Betroffene deshalb ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt beziehungsweise eine Urologin oder einen Urologen aufsuchen.
Zunächst wird in einem Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt abgeklärt, welche Vorerkrankungen, Verletzungen, Operationen, Medikamente oder Lebensumstände ursächlich für die Erkrankung sein können.
Dann stehen mehrere Untersuchungen an. Der Testosteron-Spiegel im Blut wird gemessen und der Penis mit schwachen elektrischen Impulsen auf eine etwaige Nervenschädigung untersucht. Zudem kann ein Schwellkörper-Injektionstest Aufschlüsse über die Funktionsfähigkeit des Schwellkörpers geben. Dazu wird ein Medikament in den Penis gespritzt, das eine Erektion auslösen soll.
Auch ein Aufenthalt im Schlaflabor kann helfen, die Ursachen für die Probleme zu finden. Bei einer nächtlichen penilen Tumeszenzmessung werden spontane Erektionen im Schlaf gemessen. Sind die Werte normal, deutet dies eher auf psychische Ursachen für die Erkrankung hin.
Therapiemöglichkeiten bei Erektionsproblemen

Je nach Untersuchungsergebnis wird der Urologe den Patienten an weitere Fachärztinnen und Fachärzte wie Psychologen, Neurologen oder Kardiologen überweisen. Um die Symptome zu behandeln, kann der Experte zahlreiche Therapiemaßnahmen vorschlagen. Infrage kommen Psychotherapie, Medikamente, mechanische Hilfen und auch Sport.
Behandlung mit Medikamenten: Testosteron, Viagra & Co.
Häufig wird Testosteron als Gel oder per Spritze verabreicht. Auch Tabletten wie das bekannte Viagra kommen zum Einsatz: Die enthaltenen Substanzen, sogenannte PDE-5-Hemmer, bewirken unter anderem eine Erweiterung der Blutgefäße. Bei der Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie (SKAT) spritzt sich der Mann mit einer sehr dünnen Nadel ein Medikament in den Penis. Ähnlich wirkt das sogenannte medikamentöse urethrale System zur Erektion (MUSE): Der Wirkstoff gelangt über eine Art Zäpfchen durch die Harnröhre in den Schwellkörper.
Mechanische Behandlung gegen Erektionsstörungen
Andere Patienten bekommen mittels einer Vakuumpumpe das gewünschte Resultat. Außerdem ist eine Implantation von Silikonkissen in den Schwellkörper möglich. Allerdings ist diese Methode nicht mehr rückgängig zu machen.
Medizinischer Sattel bei Erektiler Dysfunktion
Für Viel-Fahrradfahrer kann die Anschaffung eines ergonomischen Sattels sinnvoll sein. Beim medizinischen Sattel (auch Prostata-Sattel genannt) fehlt die Sattelspitze. Die spezielle Form verhindert, dass die Nerven in diesem empfindlichen Bereich strapaziert werden.
Sport fördert Testosteron-Ausschüttung
Unerlässlich für eine funktionierende Potenz ist eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung. Kraft- und Ausdauersport stärken Muskeln und Gewebe und führen dadurch zu mehr Testosteron-Ausschüttung.
Auch ein spezielles Intervall-Gefäßtraining für die Schwellzellen im Penis kann sinnvoll sein. Ist die optimale Gewebezusammensetzung des Penis (55 Prozent erektionsfördernde Zellen) nicht gegeben, kann man versuchen, die entsprechenden Zellen wieder aufzubauen. Dazu 30 bis 45 Sekunden volle Anstrengung leisten, zum Beispiel im Trippellaufen, dann drei bis dreieinhalb Minuten Pause. Das Ganze wiederholen. Nicht geeignet ist Radfahren, da dabei die Gefäße abgedrückt werden können.
Untrainierte sollten mit zwei Intervallen an zwei Tagen pro Woche vorsichtig anfangen - mit Erholungszeit dazwischen. Das Training kann auf bis zu drei Tage in der Woche mit jeweils sechs Intervallen gesteigert werden. Während der Belastung wird Blut abgesaugt, bei Entspannung schießen Blut und Sauerstoff in den Schwellkörper zurück. Das stimuliert über biochemische Prozesse den Aufbau der wichtigen Zellen.
Beckenbodentraining unterstützt Potenz
Daneben kann gezieltes Beckenbodentraining hilfreich sein: Das, was Frauen nach einer Schwangerschaft hilft, wirkt bei Männern als natürliches Potenzmittel. Denn im Beckenboden liegen die Potenzmuskeln, die funktionell mit den Schwellkörpern im Glied verbunden sind.
Potenzfördernde Ernährung
Wer zu viele Pfunde auf den Rippen hat, profitiert besonders von einer Gewichtsreduktion. Vor allem das Fett im Bauchraum zwischen den Organen muss schmelzen, denn es produziert große Mengen an störenden Hormonen.
Generell sollten Betroffene wenig Süßes zu sich nehmen und ihren Fleischkonsum reduzieren. Stattdessen lieber viel blau-rotes Gemüse und Beeren wie Rotkohl, rote Zwiebeln, Blaubeeren und Brombeeren essen: Eine Studie bestätigt die durchblutungsfördernde Kraft der darin enthaltenen Anthozyane. Außerdem ist erwiesen, dass der Eiweißbestandteil L-Arginin ähnlich wirkt wie Viagra: Er hilft, die Gefäße zu erweitern und den Blutfluss zu steigern. L-Arginin findet sich vor allem in Kürbiskernen, Erdnüssen und Mandeln, Rindfleisch, Thunfisch, Huhn und Linsen.
Sexualität leben - auch ohne Erektion
In Gesprächen können Sexualtherapeutinnen oder -therapeuten ihren Patienten helfen, einen neuen Umgang mit der Sexualität zu finden. Sexualität hat viel mit Bewertungen und Erwartungen zu tun - da lässt sich Einiges lernen und verändern: Wenn die Partnerin oder der Partner verständnisvoll ist, lässt sich die Zweisamkeit auch ohne Erektion genießen.
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