Long Covid: Symptome und Behandlung bei Post Covid

Stand: 02.11.2023 15:12 Uhr

Symptome wie Husten, Kurzatmigkeit oder Erschöpfung können nach einer Corona-Infektion noch lange bestehen bleiben. Man spricht dann von Post oder Long Covid. Die Behandlung ist oft komplex.

Etliche Genesene haben nach ihrer Infektion mit Sars-CoV-2 mit anhaltenden Beschwerden zu kämpfen und brauchen lange, um sich vollständig von ihrer Erkrankung zu erholen. Manchmal beginnen Covid-Symptome wie Atemwegsbeschwerden sogar erst zwei bis drei Wochen nach einer Infektion, wenn der Test längst wieder negativ ist. Sind die Symptome vier Wochen nach einer Ansteckung noch vorhanden, bezeichnet man das als Long Covid. Wenn die Symptome sogar zwölf Wochen oder länger anhalten, sprechen Mediziner vom Post-Covid-Syndrom.

Eher Frauen von Long Covid betroffen

Auch nach einem milden Verlauf, etwa mit der Omikron-Variante des Coronavirus, kann Long Covid auftreten. Experten schätzen, dass 10 bis 30 Prozent aller Covid-Genesenen fortdauernde gesundheitliche Einschränkungen haben. Allerdings gibt es bisher keine eindeutigen Marker, um Long Covid zweifelsfrei zu diagnostizieren - dazu wird weiter intensiv geforscht. Frauen scheinen durchschnittlich häufiger, Kinder dagegen seltener von Long Covid betroffen zu sein.

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Häufige Symptome von Long Covid

Die Symptome, über die Betroffene klagen, sind vielfältig: Studien zählen bis zu 200 unterschiedliche Long-Covid-Symptome auf. Besonders häufig vertreten sind:

  • Abgeschlagenheit, dauerhaftes Erschöpfungsgefühl (Fatigue), verminderte Leistungsfähigkeit
  • Muskelschmerzen
  • Gliederschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Kurzatmigkeit bzw. Gefühl, dass der Atem "stockt", Schmerzen beim Atmen
  • Probleme beim Riechen und Schmecken
  • trockener Husten
  • Reizhusten
  • Stimmungsveränderungen, depressive Verstimmung
  • Sprechstörungen
  • Konzentrationsstörungen, "Brain Fog"
  • Brustschmerzen, Herzbeschwerden wie Herzstolpern, -pochen
  • Kribbeln in Händen und/oder Füßen
  • Haarausfall
  • Schwindel
  • Libidoverlust
Bei manchen Betroffenen entwickelt sich sogar ein ganzer Symptomkomplex, der Ähnlichkeit mit dem chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) aufweist.

Wie lange die Beschwerden anhalten und ob sie überhaupt wieder vollständig verschwinden, ist schwer vorhersagbar. Vielfach bessern sich die Symptome binnen zwei bis drei Monaten. In manchen Fällen bleiben sie aber deutlich länger.

Stolpern, Extrasystolen: Corona kann das Herz beeinträchtigen

Das Coronavirus beeinträchtigt viele Organe nicht nur während der Infektion, sondern auch danach. Besonders oft betroffen ist das Herz. Viele Corona-Infizierte haben nach ihrer Genesung eine Zeit lang mit Herzstolpern, Extrasystolen - also zusätzlichen Herzschlägen - und verminderter Leistungsfähigkeit zu kämpfen.

Eine US-amerikanischen Studie zeigte, dass besonders bei Menschen mit vorhergegangen schweren Covid-Verläufen und Vorerkrankungen innerhalb eines Jahres nach der Covid-Erkrankung etwa 50 Prozent mehr Schlaganfälle auftraten, etwa 70 bis 85 Prozent mehr Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern, fast doppelt so viele Herzbeutelentzündungen (Perikarditis) und mehr als fünfmal so viele Herzmuskelentzündungen (Myokarditis).

Auch Herzinfarkte, Herzschwäche, Lungenembolien und akuter Herzstillstand betrafen deutlich mehr Menschen, die in den vergangenen Monaten Covid-19 überstanden hatten, als in der Allgemeinbevölkerung.

Auch Menschen mit schwachen Covid-Verläufen klagen zum Teil über anhaltende Herzbeschwerden wie Herzrasen oder Brustschmerzen. Doch eine eindeutige körperliche Ursache fand sich für diese Beschwerden bisher in der Regel nicht. Die kardiologischen Routinebefunde sind meist normal, Laborwerte unauffällig und keine Funktionsstörungen am Herz erkennbar.

Studie: Untersuchungen zeigen kleinste Herzentzündungen

Unauffällige Herzuntersuchungen bei bestehenden Herzbeschwerden: Diesem scheinbaren Widerspruch sind Mediziner vom Universitätsklinikum Frankfurt nachgegangen, und zwar mithilfe eines besonders leistungsstarken Magnetresonanztomografen (Kardio-MRT). Dessen Bilder zeigten bei den Betroffenen kleine, vernarbte Stellen am Herzmuskel (Myokardnarben). Auch winzige Herzbeutelergüsse, also Flüssigkeit zwischen den beiden Schichten des Herzbeutels, waren zu erkennen. Die Studie zeigt, dass anhaltende Herzbeschwerden einen physiologischen Hintergrund haben und nicht auf einer Einbildung der Betroffenen beruhen.

Nach Corona-Infektion nicht zu früh belasten

Grundsätzlich warnen Kardiologen Genesene davor, sich nach der überstandenen Infektion zu früh zu belasten. Wer mit Covid-19 infiziert war, sollte seinem Körper nach der Genesung Zeit geben. Faustregel: Während der Infektion und noch zwei Wochen nach dem Abklingen der Symptome keine körperliche Belastung. Anschließend langsam wieder steigern. Insgesamt so lieber sechs bis acht Wochen beim Sport und bei der Arbeit kürzertreten, als möglicherweise jahrelang unter den Folgen einer nicht auskurierten Covid-19-Infektion zu leiden.

Corona und das Gehirn: "Brain Fog", Schrumpfung der grauen Masse

Das Coronavirus kann auch das Gehirn beeinträchtigen: Viele Genesene berichten von Konzentrationsstörungen, einer Beeinträchtigung ihres Kurzzeit-Gedächtnisses oder dem sogenannten Brain-Fog.

Eine Studie aus Oxford hat gezeigt, dass selbst leichte Krankheitsverläufe die Größe des Gehirns verringern können. Die graue Substanz der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer schrumpfte nach ihrer Erkrankung um bis zu zwei Prozent, möglicherweise aufgrund von Entzündungen im Gehirn und in den Blutgefäßen.

Ursachen für Husten, Atemnot oder Asthma nach Corona-Infektion

Dass sich auch Wochen nach Abklingen einer Covid-19-Erkrankung noch Symptome zeigen, liegt daran, dass die Immunreaktion auf die Infektion bei einigen Menschen stärker als bei anderen ist: Um die Erreger in den körpereigenen Zellen bekämpfen zu können, setzt das Immunsystem Abwehrzellen ein, die die befallenen Zellen unschädlich machen. So wird das Virus daran gehindert, sich zu vermehren.

Doch die Immunreaktion kann Krankheitssymptome wie etwa Reizhusten auch begünstigen - selbst dann noch, wenn das Coronavirus nicht mehr nachweisbar ist. Ein möglicher Grund dafür ist, dass das Immunsystem noch Monate nach der eigentlichen Infektion auf Hochtouren arbeitet. So kann es laut einer britischen Studie zu Entzündungsreaktionen und dadurch verursachte Atemwegsbeeinträchtigungen kommen: Atemnot, Husten und sogar Asthma. Die Studie wurde vor dem Auftreten der Omikron-Variante durchgeführt und zeigte Narbenbildungen im Gewebe von Long-Covid-Patientinnen und -Patienten. Neuere Daten deuten darauf hin, dass Long Covid nach einer Omikron-Infektion milder verläuft.

Eine stark beschleunigte, zu tiefe Atmung, die die Lunge zu stark belüftet (Hyperventilation), könnte laut einer Studie der Berliner Charité eine weitere Erklärung für Long-Covid-Symptome wie Atemnot, Husten oder Müdigkeit sein. 

Weitere Erklärung für eine Reihe der Symptome ist, dass das Sars-CoV-2-Virus eine Gefäßentzündung verursachen kann. Dadurch können die betroffenen Gefäße das Blut nicht mehr richtig im Körper verteilen, Organe und Gewebe bekommen zu wenig Sauerstoff.

Behandlung von Long-Covid-Symptomen: Gibt es Therapien, die helfen?

Bislang gibt es für Long-Covid-Symptome nur individuelle Heilversuche - etwa die Gabe von Medikamenten, Pacing (zu übersetzen etwa mit: "sich selbst das richtige Tempo vorgeben") oder das Erlernen von Atemtechniken. Die Methode richtet sich nach dem Schwerpunkt der Symptome. Bei Sprach- oder Schluckstörungen kann Logopädie zum Einsatz kommen, bei Kribbeln oder Gefühlsstörungen in Armen und Beinen hilft mitunter Ergotherapie. In Reha-Kliniken werden gezielte Atemtherapien eingesetzt und mit Physiotherapie wieder Kraft und Kondition aufgebaut. Über immunstärkende Ernährung - viel Gemüse, Kräuter, abwechslunsgreiche und vor allem frische Kost - kann versucht werden, den Allgemeinzustand positiv zu beeinflussen.

Medikamente: Paxlovid und Kortison-Präparate

Lungenfachärzte verordnen zum Teil Kortisonspray, um die überschießende Immunreaktion herunterzufahren. Benötigt würden weitere Medikamente, die derartig überschießende Immunreaktionen bremsen, sich gegen Auto-Antikörper richten und die Gefäßdurchblutung verbessern, fordern Expertinnen und Experten. Diese Medikamente gibt es schon, sie sind bislang aber meist nur für andere Erkrankungen zugelassen.

Bei Gefahr schwerer Covid-Verläufe kann Paxlovid verschrieben werden. Es kann die Virenvermehrung bremsen. Entzündungshemmend wirken sogenannte mesenchymale Stammzellen und Dexamethason. Inwieweit sie bei Long Covid helfen, muss noch näher untersucht werden.

Long-Covid-Reha: Ganzheitliche, individuelle Behandlung

Fast alle Long-Covid-Patientinnen und -Patienten klagen über Erschöpfung, Atemnot und neuro-kognitive Probleme, dazu kommen meist noch weitere Symptome. Niemand komme laut Expertinnen und Experten nur mit einem Symptom. Die Deutsche Rentenversicherung und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung raten deshalb zu einer interdisziplinär ausgerichteten Rehabilitation. So würden die Chancen, die Beschwerden zu lindern, erhöht. Isoliert auf ein Fachgebiet ausgerichtete Reha-Maßnahmen seien nicht ausreichend.

Bei der Long-Covid-Reha werden alle Patientinnen und Patienten zunächst komplett untersucht. Dazu gehören Herz, Lunge, Gehirn und auch die Psyche. Das bedeutet, Betroffene erhalten eine ganzheitliche, aber auch sehr individuelle Behandlung. Für Medizinerinnen und Mediziner ist das eine hochkomplexe Aufgabe und bedeutet viel Austausch zwischen den einzelnen medizinischen Fachrichtungen. Im Vergleich zu anderen Erkrankungen, zum Beispiel einem Herzinfarkt, gibt es keine bewährten Behandlungsmethoden. Long Covid muss sehr individuell behandelt werden.

Expertise in den Rehakliniken ist entscheidend

Eine Umfrage der Betroffenen-Initiative "Long COVID Deutschland" zeigt, dass das Ergebnis der Rehabilitation entscheidend davon abhängt, ob die Expertinnen und Experten in den Rehakliniken sich mit der Erkrankung und ihren Symptomen auskennen - zum Beispiel der Fatigue oder der sogenannten Post-Exertional Malaise (PEM), einer Verschlechterung der Symptomatik nach geringfügiger körperlicher und/oder geistiger Anstrengung, die meist mit einer Fatigue einher geht.

Wenn Rehaklininken sich mit den aktuellen Therapieformen auskennen, tritt bei den Betroffenen meist eine Besserung ein. Fehlt das Wissen, geht es vielen nach der Reha sogar schlechter.

Reha: Balance zwischen Be- und Entlastung wichtig

Erfolgreich können Therapieansätze wie das Pacing sein. Dabei lernen Betroffene Überanstrengung zu vermeiden. Auch Atemtherapie und Neuro-Training gehören zum Angebot. Wichtig für die Patientinnen und Patienten: Fühlen sie sich zu erschöpft, können sie Termine absagen, um sich auszuruhen. Die Belastungsintoleranz ist typisch für Long Covid. Ein gute Reha rechnet diese mit ein, ist flexibel und fokussiert sich stark auf eine Balance zwischen Be- und Entlastung. Gerade Menschen, die lange allein mit ihrer Erkrankung zurechtkommen mussten, sind sehr verunsichert. Kreislaufprobleme wie Schwindel zum Beispiel resultieren häufig aus Trainingsmangel.

Aktivitäten-Tagebuch führen

Expertinnen und Experten raten Betroffenen, ein Tagebuch über ihre Aktivitäten zu führen, damit sie ein Gefühl dafür bekommen, was sie gemacht haben und was zu viel war. So kann man lernen, die Energie besser einzuteilen und zu erkennen, wann eine Überforderung vorliegt.

Corona-Impfung senkt Long-Covid-Risiko

Als Risikofaktor für Spätfolgen einer Corona-Infektion scheint laut Forschenden der Charité die Höhe der Viruslast eine Rolle zu spielen. Daher kann auch eine vollständige Impfung gegen das Coronavirus das Risiko für Long Covid verringern. Das belegt unter anderem eine Studie aus Großbritannien. Die Daten sagen aus, dass für doppelt Geimpfte das Risiko, an Long Covid zu erkranken, um etwa 50 Prozent geringer ist.

Long Covid bei Kindern ist selten

Wie häufig Kinder und Jugendliche nach einer Corona-Infektion Long Covid entwickeln, ist noch immer sehr schwer zu beziffern. Es sind durchaus auch Kinder betroffen, die nicht im Krankenhaus behandelt werden mussten und nur sehr milde Verläufe hatten. Erste Auswertungen deuten auf eine Quote von etwa 1,5 bis 5 Prozent der Infizierten. Einer texanischen Studie zufolge ist das Risiko für Long Covid am größten bei jungen Menschen, die nicht geimpft sind und/oder an starkem Übergewicht leiden. Insgesamt sinkt aber offenbar auch bei den Kindern das Risiko für Long Covid seit dem Auftreten der neueren Virusvarianten Delta und Omikron.

Bei Kindern vor allem im Kindergarten- und Grundschulalter kann nach einer Covid-Infektion die seltene systemische Entzündungserkrankung PIMS ("Paediatric Inflammatory Multisystem Syndrome") auftreten, die oft mit hohem Fieber einhergeht, aber gut behandelbar ist. PIMS fällt jedoch nicht unter das Long-Covid-Syndrom.

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