Ein Mann hält eine Einmal-Maske an den Gummibändern in den Händen © Colourbox Foto: nito

Corona-Sommerwelle: BA.4 und BA.5 vorherrschend

Stand: 20.06.2022 13:26 Uhr

Der Sommer rollt an, doch mit ihm leider auch die nächste Corona-Welle. Warum infizieren sich derzeit so viele Menschen mit dem Coronavirus? Und für wen ist die vierte Impfung jetzt sinnvoll?

Auslöser für die steigenden Infektionszahlen sind die beiden neuen Omikron-Varianten BA.4 und BA.5. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt aktuell (Stand 21. Juni) bei 458 pro 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: Im vergangenen Juni lag die Inzidenz pro 100.000 Einwohner bei 25. Hinzu kommt: Da mittlerweile deutlich weniger PCR-Tests durchgeführt werden, fließen viele Erkrankungsfälle nicht in die Statistik ein. Die Dunkelziffer liegt also vermutlich weitaus höher. Zum Glück verzeichnen die Ärztinnen und Ärzte momentan kaum schwere Verläufe.

Warum infizieren sich so viele Menschen mit dem Coronavirus?

Zwei Gründe werden für die steigende Zahl der Infektionen verantwortlich gemacht:

  • Zurzeit verbreiten sich zwei neue Virusvarianten, Omikron BA.4 und BA.5, rasant. Epidemiologen und Epidemiologinnen erwarten, dass die Sublinie Omikron BA.5 bereits in dieser Woche das Infektionsgeschehen beherrschen wird.
  • Durch den fast völligen Wegfall der Corona-Schutzmaßnahmen erleben die Menschen das erste Mal eine Welle ungeschützt. So können sich die neuen Virusvarianten BA.4 und BA.5, die besonders ansteckend sind, auch besonders gut verbreiten.

Coronavirus-Untervarianten BA.4 und BA.5 stark ansteckend

Dass sich immer neue Virusvarianten bilden, ist eine ganz natürliche Entwicklung, vor allem wenn viele Menschen miteinander Kontakt haben. Denn Viren mutieren im menschlichen Körper ständig. Einmal in die Zelle eingedrungen, vermehrt sich das Virus und fertigt innerhalb kürzester Zeit Millionen Kopien von sich selbst an. Bei der Vervielfältigung der Erbinformation kommt es immer wieder zu Kopierfehlern, also zu kleinsten Veränderungen oder Mutationen. Trägt eine dieser Veränderungen dazu bei, dass das Virus leichter in menschliche Zellen eindringen kann und somit ansteckender wird, setzt sich diese Mutation auf Dauer durch.

Omikron-BA.1 und -BA.2 waren bereits deutlich ansteckender als die zuvor vorherrschende Delta-Variante. Die neuen Sublinien BA.4 und BA.5 sind offenbar noch besser übertragbar. Forscher und Forscherinnen haben bereits eine Mutation im Spike-Protein identifiziert, die dafür verantwortlich ist. Eine weitere Mutation scheint außerdem dazu zu führen, dass BA.4 und BA.5 die Immunantwort des Körpers besser umgehen können. Das bedeutet, dass sich auch Geimpfte und Genesene, die eine Infektion mit einer anderen Variante durchgemacht haben, wieder infizieren können. So erklärt sich, dass es zurzeit einen derartigen Anstieg der Fallzahlen gibt.

Ob die neuen Untervarianten auch schwerer krank machen, ist zurzeit noch unklar. In Portugal, wo die BA.5 -Welle schon länger rollt, ist zwar auch die Anzahl der Todesfälle gestiegen, aber das muss nicht bedeuten, dass das Virus pathogener ist. Hier könnte vielmehr eine Rolle spielen, dass dort viele ältere Menschen erkrankten, deren dritte Impfung schon lange zurücklag und die noch keinen Booster erhalten hatten.

Biontech-Studie: Vorhandene Antikörper passen nicht gut genug

Der Impfstoffhersteller Biontech hat untersucht, wie gut die Impfung und eine durchgemachte Erkrankung mit Omikron BA.1 vor einer Infektion mit anderen Virusvarianten schützen. Das Ergebnis: Zwei- bis dreifach Geimpfte, die eine BA.1-Infektion durchgemacht hatten, waren relativ gut gegen ältere Corona-Varianten geschützt. Denn sie bildeten gut passende Antikörper, die alle älteren SARS-CoV-2-Varianten neutralisieren konnten. Allerdings gilt das nicht für die jetzt dominierende neue Sublinie BA.5. Die neue Corona-Variante hat sich so verändert, dass die gebildeten Antikörper nicht gut genug passen, um eine Infektion zu verhindern. Ob eine durchgemachte Infektion mit Omikron BA.2 besser vor den neuen Sublinien schützt, wird derzeit noch untersucht.

Für wen ist die vierte Impfung sinnvoll?

Im Moment gehen Expertinnen und Experten davon aus, dass Erkrankte nach einer Corona-Infektion für etwa sechs Wochen vor einer erneuten Ansteckung geschützt sind - ein eher kurzer Zeitraum. Vermutlich wird unsere Immunantwort auf die SARS-CoV-2-Viren durch Impfungen und immer wieder durchgemachte Infektionen über die Jahre breiter.

Sicher sind sich Expertinnen und Experten, dass die vollständige Impfung auch bei den neuen Varianten einen Schutz vor schwerer Erkrankung bietet. Junge, gesunde Menschen mit einer dreifachen Impfung sind in der Regel vor einem schweren Verlauf gut geschützt. Über 70-Jährigen, Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern, Menschen mit Immunschwäche sowie medizinischem Personal empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), mit einer vierten Impfung das Immunsystem noch einmal anzustoßen. Dann ist auch bei ihnen eine ganze Weile ein guter Schutz vor schwerer Erkrankung gegeben. Dies wird momentan bei Corona-Ausbrüchen in Seniorenheimen deutlich: Bei den Vierfach-Geimpften verläuft die Erkrankung in der Regel leicht.

Impfschutz vervollständigen und Maske tragen

Darauf zu warten, bis ein an Omikron angepasster Impfstoff auf dem Markt ist, ergibt keinen Sinn. Denn die Welle rollt jetzt. Außerdem ist nicht sicher, wann die zweite Corona-Impfstoffgeneration kommt. Zunächst war eine Verfügbarkeit für April oder Mai angekündigt, nun wird der Herbst als Zeitpunkt genannt. Klar ist nur: Die Impfstoffentwicklung bei Biontech, Moderna und Co. läuft den immer neuen Varianten momentan hinterher.

Deshalb gibt es diesen Sommer auch nur zwei Dinge, die man tun kann:

  • Den Impfschutz vervollständigen, wenn man das bisher noch nicht getan hat.
  • Die AHA+L-Regel beachten, das heißt In Innenräumen Maske tragen, auf Hygiene achten, Abstand halten, lüften

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