Eine Grafik zeigt modellhafte Corona-Viren. © picture alliance/360-Berlin/Jens Knappe Foto: 360-berlin/ Jens Knappe

Omikron: Spätfolgen auch bei mildem Krankheitsverlauf möglich

Stand: 10.04.2022 21:21 Uhr

Durch die vielen Mutationen ist Omikron besonders ansteckend, der Krankheitsverlauf aber oft mild. Doch auch nach leichten Erkrankungen kann es zu Schäden an Gehirn und Organen kommen. Das zeigen Studien zu den früheren Coronavirusvarianten.

Omikron, das kleine "o" des griechischen Alphabets - es steht für die in Südafrika entdeckte Corona-Variante B.1.1.529, ein Virus, dessen Erbgut sich an 50 Stellen vom ursprünglichen Sars-CoV-2-Virus unterscheidet. Allein 32 dieser Veränderungen betreffen das sogenannte Spike-Protein, das dem Virus den Eintritt in die Zellen verschafft und das als Zielstruktur für alle bisher zugelassenen Impfstoffe dient. In Deutschland ist Omikron seit Anfang des Jahres die vorherrschende Coronavirus-Variante.

Mutation verursacht weniger Schäden in der Lunge

Omikron ist zwar ansteckender als der Vorgänger Delta, aber es verursacht auch seltener schwere Verläufe. In England wurde untersucht, wie viele Menschen mit einer Omikron-Infektion ins Krankenhaus mussten: Es sind 30 Prozent weniger als bei Delta.

Das liegt auch an einer Mutation des Virus auf dem sogenannten Spikeprotein: In den unteren Atemwegen, also in den feinen Ästen der Lunge und in den Lungenbläschen, die den Sauerstoff aus der Atemluft in das Blut transportieren, kann Omikron nicht mehr so gut in die Zellen eindringen wie Delta.

Deshalb kann das Virus in den tiefen Teilen der Lunge weniger Schäden verursachen. Eine Lungenentzündung und damit ein schwerer Verlauf wird deshalb unwahrscheinlicher.

Weniger Intensivpatienten durch Omikron

Sogar Ungeimpfte haben deshalb mit Omikron ein um 25 Prozent geringeres Risiko im Krankenhaus zu landen als mit Delta. Bei Zweifach-Geimpften ist das Risiko um 34 Prozent reduziert und bei Geboosterten um 63 Prozent im Vergleich zu einer Delta-Infektion. Für die Kliniken bedeutet das: Schwerkranke Covid-Patienten, die dreifach geimpft sind, sind fast gar nicht auf den Intensivstationen zu finden. Aber aufgrund der hohen Zahl an Neuinfektionen steigt die Belegung der Normalstationen zurzeit in vielen Regionen wieder an.

Da sich gleichzeitig viele Pflegende mit Omikron infizieren und krank ausfallen, ist die Versorgung der Patientinnen und Patienten gefährdet. Eine Folge: Planbare Operationen müssen unter Umständen abgesagt werden.

Infektionsrisiko: Booster-Impfung macht den Unterschied

Impfungen schützen auch vor der Omikron-Variante, allerdings nicht mehr so gut wie vor Delta. Zwei Impfungen reichen nicht mehr, um eine Ansteckung zu verhindern, das zeigt eine dänische Studie. Bei der Infektionswahrscheinlichkeit gibt es keinen Unterschied zwischen Ungeimpften und doppelt Geimpften. Beide können sich gleichermaßen leicht anstecken.

Erst die Booster-Impfung macht einen Unterschied: Sie halbiert das Ansteckungsrisiko. Denn nach einer Booster-Impfung produziert der Körper eine riesige Menge an unterschiedlichen Antikörpern. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass davon wenigstens einige wirksam sind und einen Teil der eingedrungenen Viren unschädlich machen können, um so eine Infektion zu verhindern.

Milde Krankheitsverläufe sollten nicht unterschätzt werden

Die gute Nachricht ist, dass Impfungen auch bei Omikron sehr gut vor schweren Verläufen schützen. Denn die werden nicht nur durch Antikörper verhindert, sondern durch T-Zellen. Und die reagieren nicht so empfindlich auf Mutationen. Eine Infektion mit einem milden Verlauf ist aber auch dann noch möglich. Medizinerinnen und Mediziner sprechen von einem milden Verlauf, wenn Betroffene im Ruhezustand keine Atemnot haben. Wird Sauerstoff benötigt, handelt es sich um einen moderaten Verlauf.

Das heißt, auch ein milder Verlauf kann für Erkrankte äußerst unangenehm sein, mit hohem Fieber, Schüttelfrost und starken Kopf- und Gliederschmerzen einhergehen. Deshalb ist es wichtig, sich vor einer Infektion zu schützen. Booster-Impfung, Kontakteinschränkung und Maske tragen sind dabei die effektivsten Maßnahmen. Dabei am besten eine FFP2-Maske tragen, denn eine Studie belegt: Wenn sie gut sitzt, reduziert sie die Ansteckungsgefahr auf nahezu Null - auch bei Omikron.

Herz und Gehirn: Spätfolgen drohen auch bei mildem Verlauf

Auch wenn eine Infektion mit Omikron mild verlaufen ist, kann es zu Spätfolgen kommen: Viele Menschen leiden nach der Genesung zum Beispiel an Atemlosigkeit, Erschöpfung und Herzproblemen. Für frühere Varianten des Coronavirus konnten Forscher des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf in einer Studie nachweisen, dass noch zehn Monate nach einer milden Infektion Veränderungen an Herz, Lunge und Niere zu sehen waren. Außerdem gab es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für eine Beinvenenthrombose.

Und auch das Gehirn könnte betroffen sein: Eine aktuelle Studie aus England deutet darauf hin, dass schon eine milde Covid-Infektion das Hirn angreift: Bei den untersuchten Menschen, die an der Alpha-Variante des Coronavirus erkrankt waren, zeigten sich charakteristische Veränderungen in der grauen Substanz des Gehirns, außerdem nahm die Größe des Gehirns ab. Ob diese Schäden dauerhaft sind, konnte in der Studie nicht festgestellt werden, dazu sind weitere Untersuchungen nötig.

Husten nach Corona-Infektion

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO verlaufen rund 80 Prozent aller Sars-CoV-2-Infektionen milde. Etwa jeder zweite der von Symptomen Betroffenen leidet an Husten. Der hartnäckige trockene Husten beeinträchtigen die Betroffenen im Alltag oft auch noch nach ihrer Genesung.

Theorien zur Entstehung von Omikron

Wie eine Virusmutante mit derart vielen Veränderungen entstehen konnte, gibt der Wissenschaft noch Rätsel auf. Eine Theorie geht davon aus, dass sich das Virus in einem Menschen mit geschwächtem Immunsystem, zum Beispiel einem Aids-Kranken, über Wochen immer weiter verändert und von dort aus verbreitet haben könnte.

Eine andere vermutet, dass sich das Virus in einer kleinen, abgeschlossenen Gemeinschaft, irgendwo im südlichen Afrika, über Wochen entwickelt haben könnte. Dabei hätte sich das Virus in jedem Infizierten ein bisschen verändert und sei an den nächsten weitergegeben worden, sodass über die Zeit immer mehr Mutationen entstehen konnten.

Omikron ist viel ansteckender als Delta

Die Studie aus Dänemark zeigt: Bei Omikron-Infizierten stecken sich 31 Prozent der anderen im selben Haushalt lebenden Personen an, bei Infizierten mit der Delta-Variante dagegen nur 21 Prozent.

Eine andere Studie zeigt: Schnelltests schlagen bei Omikron häufig erst spät an. Vor allem in den ersten beiden Tagen ist das Ergebnis der Schnelltests unzuverlässig, obwohl Betroffene dann schon infektiös sein können.

Das Virus hat sich stark verändert

Warum ist Omikron so viel ansteckender? Das liegt daran, dass das Virus sich stark verändert hat. Das führt dazu, dass Omikron sich nach dem Eindringen in den Körper in den oberen Atemwegen (Nase, Rachen, Luftröhre, dicken Zweige der Bronchien) 70 Mal schneller vermehren kann als die Delta-Virusvariante.

Denn eine der Mutationen führt dazu, dass das Virus leichter in die Zellen der oberen Atemwege eindringen kann, um sich dort zu vermehren. Nachdem das Virus einmal eingedrungen ist, sind also schnell sehr viele Viren da. Und die werden mit der Ein- und Ausatmung bewegt. Eine infizierte Person stößt also viele Viren aus und kann deshalb auch leichter andere anstecken.

Impfstoff-Hersteller arbeiten an Anpassung

Weil die aktuell verfügbaren Impfstoffe nicht mehr so gut vor der neuen Omikron-Variante schützen, arbeiten Hersteller wie Biontech, Moderna oder Astrazeneca bereits an einer Anpassung ihrer Vakzine. Experten gehen davon aus, dass diese Impfstoffe bis spätestens Juni zur Verfügung stehen werden.

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