Carmustin - Preisexplosion bei Krebsmedikament
Die Stammzelltransplantation ist die einzige Therapie, die schwerkranke Menschen mit Leukämie oder Lymphknotenkrebs heilen kann. Dabei wird zunächst mit einer hochdosierten Chemotherapie das gesamte blutbildende System vernichtet, bevor den Patienten gesunde Blutstammzellen infundiert werden, die sich in ihrem Knochenmark ansiedeln und das blutbildende System wieder aufbauen. Diese sehr aufwendige Therapie kommt nur zum Einsatz bei Patienten, die keine andere Heilungsmöglichkeit haben oder wo andere, weniger eingreifende Therapien nicht so effektiv sind. Ein entscheidender Baustein dieser Therapie ist das Medikament Carmustin. Es ist seit 40 Jahren auf dem Markt und hat in zahlreichen Studien seine Wirksamkeit bewiesen. Doch nun ist es in kurzer Zeit extrem viel teurer geworden und das bringt Ärzte in Gewissenskonflikte: Wenn Medikamente so teuer werden, ist das nicht mehr durch die Zahlungen der Krankenkassen gedeckt - und das bringt die Kliniken in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Lizenz für Medikament nach Indien verkauft
Bis 2013 gehörte die Lizenz für das Medikament einem britischen Hersteller, der für 100 Milligramm 35 Euro berechnete. Dann verkauften die Briten die Carmustin-Lizenz an die indische Firma Emcure, deren Tochterfirma Tillomed nun pro 100 Milligramm 1.400 Euro verlangt - das 40-fache des ursprünglichen Preises. Begründet wird die Preiserhöhung mit "gestiegenen Kosten für die Herstellung wie auch für die Distribution an die Patienten". Außerdem habe Emcure "in Forschung und Entwicklung investiert, um das Produkt zu verbessern". Mediziner halten diese Argumentation für nicht stichhaltig: Ein Medikament, das so lange auf dem Markt ist, dürfe nach Ablauf des Patents nicht mehr so hohe Preise erzielen. Sie kritisieren die Preiserhöhung als unseriöses Verhalten des Herstellers, das dieser auch nicht mit Kosten für Forschung und Entwicklung begründen könne.
Wirtschaftliche Probleme für Krankenhäuser
Das Verhalten des neuen Herstellers hat dazu geführt, dass der wirtschaftliche Druck auf die Krankenhäuser wächst, denn eine Anpassung der Fallpauschalen an die hohen Preise dauert oft mehr als zwei Jahre. Das zwingt die behandelnden Ärzte, nach Alternativen zu suchen und auf andere Medikamente auszuweichen. Doch die sind nicht so etabliert und gut erforscht wie das bewährte Carmustin.
Ärzte und Kassen fordern Gesetzgeber zum Handeln auf
Carmustin ist kein Einzelfall: Auf dem weltweiten Pharmamarkt entstehen immer mehr Monopole - und manche Hersteller nutzen das gnadenlos aus. Die Krankenkassen müssen zahlen, was gefordert wird. Und dieses Geld fehlt dann an anderer Stelle. Mediziner und Krankenkassen fordern deshalb fairen Wettbewerb auf dem Pharmamarkt statt allmächtiger Monopole mit maximalem Profit. Bei unverzichtbaren Medikamenten müsse letztlich die Politik eingreifen und per Gesetz Rabatte durchsetzen, wenn alle Verhandlungen scheitern.
