Fertigsalat aus dem Supermarkt in einer Plastikverpackung. © Colourbox Foto: kdshutterman

Fragen und Antworten zum Plastikwahnsinn

Stand: 14.11.2019 17:41 Uhr

Mit Plastik umhülltes Obst und Gemüse, Duschgel und Shampoo in Plastikflaschen oder To-go-Verpackungen aus Plastik: Pro Jahr und Kopf verursachen die Bundesbürger rund 38 Kilogramm Verpackungsmüll aus Kunststoff.

Gemüse in Plastik verpackt. © fotolia Foto: diecidodic
Rund 38 Kilogramm Plastik-Verpackungsmüll produziert jeder Bundesbürger pro Jahr.

Damit liegt Deutschland dem Plastikatlas 2019 der Heinrich-Böll-Stiftung und der Naturschutzorganisation BUND zufolge europaweit auf Platz vier: Nur in Luxemburg, Irland und Estland ist der Verbrauch noch höher. Wie steht es um das Recycling der Plastikabfälle? Wie viel Plastik schwimmt in den Weltmeeren? Und welche Alternativen gibt es zum Kunststoff auf Erdöl-Basis?

Wie ist die Recyclingquote bei Plastikmüll?

Laut dem Umweltbundesamt verwertet die Abfallwirtschaft Kunststoffabfälle nahezu vollständig: Im Jahr 2017 seien 47 Prozent aller gesammelten Kunststoffabfälle recycelt und 53 Prozent der Abfälle energetisch verwertet worden - also verbrannt. Der Plastikatlas 2019 kommt allerdings zu ganz anderen Zahlen: Tatsächlich würden in Deutschland nur 15,6 Prozent der anfallenden 5,2 Millionen Tonnen Kunststoffprodukte zum erneuten Gebrauch aufbereitet. 67 Prozent würden verbrannt und 14 Prozent ins Ausland exportiert. Dem Plastikatlas zufolge ist Deutschland nach den USA und Japan der drittgrößte Exporteur von Plastik nach Asien.

Was unternimmt die Bundesregierung gegen die Plastik-Flut?

Die Bundesregierung hat einen Fünf-Punkte-Plan für weniger Plastik und mehr Recycling aufgelegt: Unter anderem sollen überflüssige Produkte wie Wattestäbchen, Plastikgeschirr und Trinkhalme so gut wie möglich aus dem Handel verbannt werden. Hersteller, die Verpackungen aus recyceltem oder gut zu recycelnden Materialien verwenden, müssen weniger an die dualen Systeme zahlen, die sich um die Verwertung der Verpackungsabfälle kümmern. Anfang 2019 trat ein neues Verpackungsgesetz in Kraft, das Verpackungsabfälle verringern und das Recycling verbessern soll.

Eine Person legt in der Obstabteilung eines Supermarktes ein Banane in eine Plastiktüte. © picture alliance Foto: dpa Themendienst
Sogenannte Hemdchentüten für Obst und Gemüse sind auch weiterhin erlaubt.

Im Kampf gegen die Plastikflut brachte die Bundesregierung zudem im November 2019 ein Verbot von leichten Plastiktüten auf den Weg.

Wie viel Plastik treibt in unseren Weltmeeren?

Plastik ist enorm robust und haltbar - damit aber auch sehr schwer abbaubar. Dem Plastikatlas 2019 zufolge landen jährlich etwa 10 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren, ein Großteil über Flüsse. Die Kunststoffabfälle sammeln sich in fünf großen Strudeln im Pazifik, Atlantik und dem Indischen Ozean. Tiere verheddern sich in den Plastikabfällen oder halten sie für Nahrung, fressen sie und verhungern trotz gefüllter Mägen. Zudem wird Plastik im Meer zu immer kleineren Teilen zersetzt und dann von Fischen und anderen Meerestieren aufgenommen. Auf diese Weise gelangt Mikroplastik in den Nahrungskreislauf. Es findet sich praktisch überall: Nicht nur in Fischen und Muscheln, sondern auch in Trinkwasser, Milch und Honig wurde es bereits nachgewiesen.

Wie viel Mikroplastik befindet sich in der Umwelt?

Eine Studie des Fraunhofer-Instituts lieferte dazu erschreckende Zahlen: Allein in Deutschland kommen pro Jahr rund 330.000 Tonnen Mikroplastik-Emissionen zusammen - gut vier Kilogramm pro Kopf. Damit sind 74 Prozent der 446.000 Tonnen Kunststoffe, die in die Umwelt freigesetzt werden Mikroplastik. Makroplastik wie weggeworfene Plastiktüten macht dagegen nur etwa 26 Prozent aus. Ein Drittel der Mikroplastik-Emissionen stammt vom Abrieb von Reifen im Straßenverkehr.

Ist Bioplastik eine Alternative?

Es gibt verschiedene Alternativen zu Kunststoff auf Erdölbasis, die aber auch ihre Schattenseiten haben: So warnen etwa die Verbraucherzentralen vor To-go-Bechern aus Bambus, weil sie gesundheitsschädliches Melamin oder Formaldehyd an die Lebensmittel abgeben können. Auch Bioplastik aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Kartoffeln oder Zuckerrohr steht in der Kritik, weil für die Herstellung Nahrungsmittel verbraucht werden. Forscher experimentieren derzeit noch mit Ersatzstoffen zur Herstellung von biologischen Kunststoffen, etwa Kaffeesatz, Diesteln oder Holz. Und an biologisch unbedenklichen Zusätzen, die biobasierte Kunststoffe auch wirklich haltbar machen.

Was können Verbraucher tun?

Jeder Einzelne kann eine ganze Menge tun, um den eigenen Verpackungsmüll zu reduzieren. Hier einige Beispiele:

  • Wann immer es möglich ist, sollte man zum Einkaufen eigene Taschen, Gefäße oder Dosen mitnehmen, um Verpackungsmüll zu vermeiden.
  • In vielen Städten gibt es inzwischen sogenannte Unverpackt-Läden, bei denen auf Verpackungsmüll verzichtet wird.
  • Nur Obst und Gemüse kaufen, das nicht in Plastik eingepackt ist.
  • Mehrweg- statt Einwegflaschen nutzen; Leitungswasser statt Mineralwasser aus Plastikflaschen trinken.
  • Auf Einwegbecher für den Coffee-to-go verzichten und stattdessen Mehrwegbecher nutzen.
  • Verzicht auf überflüssige Einwegprodukte wie Trinkhalme.
  • Beim Kauf von Kosmetikprodukten auf den Verzicht von Mikroplastik achten, das sich hinter Begriffen wie AC, PA, PE und PP versteckt.

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