"Iceland Visions" in Greifswald
Die NDR Bigband und Chefdirigent Geir Lysne begaben sich bei den Eldenaer Jazz Evenings auf Erkundungstour durch die brodelnde Musikszene Islands. Unterstützt wurden sie von der Sängerin Ragnheiður Gröndal, Gitarrist Hilmar Jensson und Percussionist Helge Norbakken.
Wegen des schlechten Wetters wurde das Konzert in die Klosterscheune auf dem gleichen Gelände verlegt.
Kleines Land mit großem Potential
"Wenn Du auf einer Insel wie Island überleben willst, musst Du dich wirklich zusammenreißen", sagt Geir Lysne. Er ist zwar in Norwegen aufgewachsen, aber er kennt das Eiland am Polarkreis gut von seinen Besuchen: "Da oben gibt es eine Menge Energie. Ich meine: Sie sind nur 323.000 Leute, aber ihr Handball-Team gehört zu den besten der Welt, gerade waren die Fußballer im EM-Viertelfinale! Es gibt dort eine Menge Nobelpreisträger und Musiker, Filmemacher und Künstler."
Geir Lysne kennt auch den Grund für diese ungewöhnliche Konzentration. "Wenn Du so weit draußen lebst, dann hast Du viel Zeit, an etwas zu arbeiten", erzählt er. Und erinnert sich an seine eigene Jugend in Norwegen: "Als in den 50er-Jahren die amerikanischen Jazzmusiker nach Europa kamen, blieben sie in Dänemark und Schweden hängen. Noch heute erzählen die Leute in Oslo einander von dem einen Konzert, als Thelonious Monk zu uns kam. Aber in Island gab es gar keins!"
Minimalistisch isländisch und explosiv wie ein Vulkan zugleich
Und dennoch - oder gerade wegen dieses Mangels an äußeren Einflüssen - entwickelte sich in Island eine höchst lebendige Musikszene. Von seinen Besuchen bringe er immer stapelweise CDs mit, erzählt Lysne. "Darunter ist eine von Ragga Gröndal: eine wunderbare Stimme, minimalistisch und in der isländischen Folklore verwurzelt." Genau das Richtige für seine Visionen aus dem Land der Geysire: "Ich stelle mir die Musik kraftvoll und explosiv vor, wie einen Vulkan. Und nach so einem Ausbruch wird alles wieder ruhig."
Den untergründig brodelnden Boden der Musik legt der Percussionist Helge Norbakken - bekannt aus den Bands von Jon Balke oder Mari Boine - gemeinsam mit Marcio Doctor, seinem Instrumental-Kollegen in der NDR Bigband. "Die beiden spielen unterschiedliche Klangspektren", erklärt Lysne, "und passen doch perfekt zusammen". Geir Lysne mag starke Kontraste. "Als Künstler versuchen wir immer ein Bild wiederzugeben, ob im Film, in Poesie oder Musik. Aber die echte Inspiration ist für mich nur die Natur."
