Maria und Jesus in der Krippe © fotolia Foto: Alexander Hoffmann

Jesus und Maria im Islam und im Christentum

Stand: 13.12.2019 15:39 Uhr

Christentum und Islam sind sich näher als man denkt. Bibel und Koran erzählen teilweise sogar dieselben Geschichten. Im Koran wird er "Isa ibn Maryam" genannt, was übersetzt so viel wie "Jesus, Sohn Marias" bedeutet.

von Michael Hollenbach

Ein Mann liest im Koran © dpa - Bildfunk Foto: Ali Ali
Maryam spielt als Mutter von Jesus im Koran eine wichtige Rolle.

Isa, also Jesus, ist für die Muslime ein Prophet, sagt die islamische Theologin Hamideh Mohagheghi. Er werde im Koran besonders hervorgehoben: "Es gibt viele Muslime, gerade in der mystischen Tradition, für die Jesus ein Prophet ist, der auch Fürbitte halten kann, dass sie sich in besonderen Situationen an ihn wenden." Und auch Maryam spielt als Mutter von Jesus im Koran eine wichtige Rolle: "Vor allem - sie ist die einzige Frau, die im Koran mit Namen genannt wird. Sie wird im Koran als auserwählte Frau genannt, ein Begriff, den man auch für Propheten verwendet im Koran.

In Sure 19, der so genannten Maryam-Sure, geht es um die Geburt Jesu. Wie im Lukasevangelium des Neuen Testaments, so erscheint auch im Koran Maria ein Engel. Da heißt es: "Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Ich bin doch der Gesandte deines Herrn. Ich bin von ihm zu dir geschickt, um dir einen lauteren Jungen zu schenken. Sie sagte: Wie sollte ich einen Jungen bekommen, wo mich kein Mann berührt hat? Ich bin doch keine Hure! Er sagte: Dein Herr sagt: Es fällt mir leicht, dies zu bewerkstelligen.

Prophet und (nicht) Gottes Sohn

Ein Mann betrachtet ein Buch in der Ausstellung "Eine Reise durch die islamische Zeit". © NDR Foto: Ann-Kristin Mennen
Ein Mann betrachtet ein Buch in der Ausstellung "Eine Reise durch die islamische Zeit".

Der katholische Theologe Karl-Josef Kuschel sieht Parallelen: "In beiden Fällen, sowohl bei Lukas wie auch im Koran - in Sure 19 - gibt es auch hier eine theozentrische Pointe. Nämlich: Gott hat die Macht, zu tun, was er will. Mit der Geburt Jesu, sagen beide großen Schriften übereinstimmend, setzt Gott sich gegen menschliche Skepsis, gegen menschliches Zögern, gegen die Menschlichkeit des Menschen durch. Gott überspielt sozusagen hier menschliche Möglichkeiten, und deshalb ist es eben ein besonderes Zeichen."

Aber anders als im Christentum ist Jesus im Islam eben ein Prophet und nicht Gottes Sohn, so Kuschel: "Also, seine Zentralität als messianischer Heilsbringer wird im Neuen Testament herausgestellt. Daran ist der Koran nicht interessiert. Der Koran ordnet Jesus ein in die Reihe der großen Propheten, eines der vielen Zeichen Gottes."

Ohne Jesus kein Christentum - ohne Messias kein Heilig Abend

Ohne Jesus als Messias und Sohn Gottes gäbe es kein Christentum. Doch diese Bedeutung kann er im Islam gar nicht einnehmen, betont Karl-Josef Kuschel: "Im Koran ist Jesus Teil der großen Geschichte der Zeichen Gottes, in der Geschichte der Menschheit. Am Ende kommt Mohammed, am Ende der Koran, der das alles abschließt, aufnimmt, zusammenbündelt. Der Koran hat hier das letzte entscheidende Wort, insofern kann man sagen: Für Muslime gilt, Gottes Offenbarung ist im Koran Buch geworden."

Hamideh Mohagheghi © NDR
Die Muslima Hamideh Mohagheghi hat auch schon mal einen Weihnachtsbaum in die Wohnung gestellt.

Im Gegensatz zu den Christen feiern die Muslime kein Weihnachten, denn kein Messias, kein Heilig Abend. Für muslimische Kinder in Deutschland schwer verständlich, meint die hannoversche Muslima Hamideh Mohagheghi: "Alternative ist zum Beispiel, dass man einen Ramadan-Kalender hat anstatt Adventskalender, und man feiert auch die muslimischen Feiertage sehr groß, dass die Kinder da ihre Geschenke bekommen."

Dürfen Muslime der Geburt Jesu gedenken?

Hamideh Mohagheghi hat, als ihre Kinder klein waren, auch schon mal einen Weihnachtsbaum in die Wohnung gestellt. Radikale Muslime wie der Salafist Pierre Vogel lehnen dagegen Advent und Weihnachten rigoros ab. Vogel verdammt sogar Muslime, die den Christen einen schönen Advent oder frohe Weihnachten wünschen: "Was glauben die Christen, was da passiert ist? Sie glauben, dass Gott da geboren wurde. Das ist im islamischen Sinne eine Gotteslästerung."

Mustafa Yoldas von der Schura, der islamischen Gemeinschaft in Hamburg, sieht das ganz anders. Auch Muslime dürften der Geburt Jesu gedenken: "Jesus ist ein geachteter und geliebter Prophet im Islam. Wenn es darum geht, den Geburtstag des Propheten Jesu zu feiern, habe ich damit kein Problem."

Ein Mann liest im Koran © dpa - Bildfunk Foto: Ali Ali
AUDIO: Die Weihnachtsgeschichte im Koran und in der Bibel (5 Min)

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 13.12.2019 | 15:20 Uhr

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Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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