Kommentar: Corona ist keine Verhandlungssache
Wie lange dauert es wohl noch, bis die Länder auf die Kanzlerin hören? Das fragt sich Isabel Reifenrath in ihrem Kommentar.
Trotz Appellen: Kontaktreduzierung von nur 40 Prozent
Auch in meinem privaten Umfeld wird ständig diskutiert: während die einen erst geimpft wieder Freunde empfangen wollen, nutzen die anderen die Regeln voll aus. Es wirkt, als sei Corona verhandelbar. Als ob ein Teil der Leute die Appelle der Kanzlerin gar nicht hört. Immer wieder bittet sie darum, alle unnötigen Kontakte einzuschränken. Es hat aber gerade mal eine Kontaktreduzierung um vierzig Prozent gegeben.
Merkel und Söder appellieren auch, an Weihnachten wenn möglich nicht mit zehn Erwachsenen und ihren Kindern zu feiern, Silvester keine Party zu machen und nicht in den Skiurlaub zu fahren. Verboten ist es aber nicht. Ich habe kein Verständnis mehr für die Rücksichtnahme der Bundesregierung.
Ängste der Ärzte, Lehrer und Schüler nicht ignorieren
Wenn es den Krankenpflegern und Ärzten nur ein klein wenig helfen kann, dass an Silvester nicht geböllert wird – dann sollten wir dieses Opfer bringen. Wenn Lehrer Angst haben jeden Tag vor dreißig Schülern zu unterrichten – können wir das doch nicht einfach ignorieren. Wenn tausende Kinder sich jeden Tag in den Schulbussen knubbeln – kann es nicht sein, dass es an der Geldfrage scheitert, weitere Busse einzusetzen.
Beschlüsse senden das falsche Signal
Appelle reichen in einer Pandemie nicht. Das Signal ist: Corona ist verhandelbar. Der Sieben-Tage-Inzidenzwert war erst bei 50 schlimm, jetzt ist er es bei 200. Selbst dann können die Länder aber noch machen, was sie wollen. An Weihnachten dürfen die Familien nun untereinander verhandeln, ob sie mit zehn Erwachsenen plus Kindern feiern oder das vielleicht doch lieber lassen. Verhandlungssache Corona. Nur blöd, dass das Virus nicht mit sich verhandeln lässt!
Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie dieser Kommentar geben die persönliche Sicht der Autorin/des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sich Kommentare bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.
