"Amandas Suche" von Isabel Allende
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Ursprünglich sollte Isabel Allendes erster Krimi eine Co-Produktion werden – zusammen mit ihrem Mann, dem Krimiautoren William C. Gordon, wollte die Bestsellerautorin das Buch schreiben. Aber schon nach 24 Stunden hing der Haussegen offenbar so schief, dass Isabel Allende das Projekt alleine vorantrieb. Womöglich, weil beide unter dem Begriff "Krimi" etwas grundsätzlich Verschiedenes verstehen - denn eine waschechte Kriminalgeschichte, wie sie seit Jo Nesbø oder Jussi Adler-Olsen die Buchhandlungen füllen, hat Isabel Allende nicht geschrieben. Ganz im Gegenteil.
Die Titelheldin Amanda und das Verbrechen
Auf den ersten gut 200 Seiten spielt der Krimi allenfalls eine Nebenrolle. Auch Amanda, die Titelheldin, ist nur eine von vielen Figuren, die Isabelle Allende auffährt. Detailverliebt und penibel stellt sie immer mehr Figuren vor, die in Amandas Leben oder dem ihrer Mutter Indiana eine Rolle spielen. Amanda ist ein frühreifer Teenager – reichlich vorlaut, etwas verwöhnt, hochintelligent und mit einem Interesse an Gewaltverbrechen, dass es ihrem Vater Bob, dem Chef der Mordkommission in San Francisco, graust.
Ihre Vorliebe für Morde teilt die 17-Jährige beim Online-Spiel Ripper mit anderen Teenies. Angefangen hat alles als Rollenspiel – inzwischen aber beschäftigen sich die Hobbyermittler mit realen Verbrechen in San Francisco. Die nötigen Details über die Morde trägt Amandas Großvater Blake zusammen – und auch ihr Vater plaudert mehr als das Dienstgeheimnis erlauben würde über den jeweiligen Stand der Ermittlungen. Und Morde gibt es in der Stadt reichlich.
Opfer gibt es jede Menge
Da ist der Hausmeister einer Schule, der mit einem Baseballschläger im Hintern aufgefunden wird. Da ist der mit Elektroschockern getötete Psychiater, dem ein Hakenkreuz in die Brust geritzt wurde. Oder auch die Jugendrichterin, die erst betäubt und erdrosselt wurde, um dann an einem Deckenventilator aufgeknüpft zu werden. Morde, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben – und für die Teenies der Stoff für ein Rollenspiel bleiben.
Aber dann verschwindet Amandas Mutter Indiana. Anzeichen, dass auch ihr Gefahr droht, gab es schon vorher – jemand war offenbar in die Wohnung der Reiki-Heilerin und hat ihre Unterwäsche stibitzt. Und dann verschwindet die lebensfrohe Blondine – und aus dem Ripper-Spiel wird Ernst.
Bis der Krimi zum Krimi wird dauert es eine ganze Weile
Aber der Weg dorthin ist lang. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis der Krimi bei Isabel Allende auch zu einem solchen wird. Eben noch kommen endlich Details zu einem Mord ans Licht, da plaudert Isabell Allende seitenweise über die Krankheits- und Lebensgeschichte einer von Indianas Patientinnen, die noch nicht einmal zur Nebenfigur taugt. Nur eines von vielen Beispielen, für die Sprünge und Rückblenden, die die eigentliche Handlung dahin mäandern lassen.
Mit einer bemerkenswerten Tiefe stellt Isabel Allende Figur um Figur vor – und liefert damit eine großartige Familiengeschichte und ein liebevolles und ungeschminktes San Francisco-Porträt obendrein. Aber die Details und das Klein-Klein der Hintergründe ersticken all zu oft die Spannung, bevor der Krimi überhaupt in Fahrt kommt. Für Krimifans, die harten Stoff aus Skandinavien gewohnt sind, dürfte "Amandas Suche" damit zu einer echten Geduldsprobe werden. Wer Isabel Allende wiederum schon früher kennen und lieben gelernt hat, der dürfte auch mit ihrem ersten Krimi nicht fremdeln.
Amandas Suche
- Seitenzahl:
- 479 Seiten
- Verlag:
- Suhrkamp Verlag
- Veröffentlichungsdatum:
- 3. August 2014
- Bestellnummer:
- 978-3518424100
- Preis:
- 24,95 €
