Grote-Rücktritt: Günther sieht keine Fehler bei sich
Das Büro ist für Politiker auch immer wieder ein Ort für schwere und schwerwiegende Entscheidungen. NDR Schleswig-Holstein besucht Spitzenpolitikerinnen und -politiker des Landes zum Sommerinterview genau dort. Heute: Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).
Diesmal ist es nicht nur irgendein Büro, sondern das Amtszimmer des Ministerpräsidenten. Naturgemäß geht es hier etwas gediegener zu. Aber auch für Persönliches ist noch Platz. Auf dem Schreibtisch von Daniel Günther stehen private Bilder "zum Motivieren" - und in einer Glasvitrine seine Medaillen vom Laufen. Die liegen "etwas unsortiert, gebe ich zu", wie Günther sagt. Das sei aber "das Einzige, das im Büro ein bisschen unaufgeräumt ist." In Sichtweite hängt an der Wand ein Kreuz.
Jamaika hat "noch Einiges umzusetzen"
In der Vitrine mit den Medaillen liegt auch der Koalitionsvertrag von Jamaika. Irgendwie ja auch eine Auszeichnung und "wirklich etwas, womit man angeben kann", findet Günther: "Hat ja sonst bisher kaum jemand in Deutschland hingekriegt." Doch während am Anfang noch große Harmonie zwischen CDU, Grünen und FDP herrschte, kommt es inzwischen doch häufiger zu Meinungsverschiedenheiten - und irgendwann wird auch wieder gewählt. Gut denkbar, dass die Partner im Wahlkampf wieder zu Gegnern werden - oder?
Günther meint, aus dem Koalitionsvertrag sei "noch Einiges umzusetzen" und er habe auch keinen Zweifel daran, dass "alle immer noch beseelt davon sind, dass man besonders gut bei den Leuten ankommt, wenn man vernünftig miteinander zusammenarbeitet."
Zu Ende ist dagegen die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU). Das Gespräch, das zu dessen Entlassung führt, fand am großen Besprechungstisch in der Mitte des Amtszimmers statt. Das war "eines der schwersten Gespräche, die ich führen musste," sagt Günther. Ob er Fehler gemacht habe? "Bei dieser ganzen Causa hatte ich keine andere Entscheidungsmöglichkeit - es gab überhaupt nichts, was ich hätte anders machen sollen", stellt Günther fest.
Günther: Wo war Stegner bei der letzten Erklärung?
Etwas gereizt reagiert er entsprechend auf die Ankündigung von SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD), Günther im Innen- und Rechtsausschuss befragen zu wollen - obwohl er dort schon einmal Auskunft gegeben habe: "Ich hätte es gut gefunden, wenn Herr Stegner einfach an dem Tag auch da gewesen wäre, als ich dazu Stellung bezogen habe." Überhaupt scheinen die Fronten zwischen Regierungschef und Oppositionsführer inzwischen verhärtet zu sein - zu Beginn der Corona-Krise hatte Stegner noch mit am Kabinettstisch gesessen.
Staatsanwältin in der Staatskanzlei - kein Problem für Günther
Jetzt sagt Günther: "Ich wundere mich auch ein bisschen darüber, dass Herr Stegner in einer Zeit, in der Menschen um ihren Arbeitsplatz bangen, in der Menschen Angst um ihre Firma haben, wie ein Oppositionsführer dann wochenlang nichts anderes tun kann, als Mitarbeiter im öffentlichen Dienst zu diffamieren." Konkret geht es um die Kieler Oberstaatsanwältin Birgit Heß. Günther verteidigt die Tatsache, dass Heß in die Staatskanzlei kam, um Fragen zu einem brisanten Bericht zu einem Strafverfahren zu beantworten. "Da gibt es überhaupt nichts dran vorbeizudeuten", sagt Günther.
Corona-Lehren: Für zwei Stunden nach Berlin? "Schwachsinn"
Während der Corona-Krise änderte sich auch für den Regierungschef der Arbeitsalltag: Während Günther sonst viel Zeit im Auto verbringt - und dort quasi sein Büro hat - verbrachte er in den vergangenen Monaten die meiste Zeit in der Staatskanzlei. Und kommunizierte über Telefonkonferenzen und Videoschalten. Günther wünscht sich, dass manche Gewohnheiten auch nach Corona weitergehen. Persönliche Kontakte seien zwar wichtig, aber "diese unsinnigen Fahrten nach Berlin, um zwei Stunden Präsidiumssitzung zu machen, das werde ich bestimmt nicht wieder machen. Das ist einfach totaler Schwachsinn", sagt Günther. Das bekomme man auch alles über Videokonferenzen hin, sagt er und ist sich sicher: "Das wird sich auch dauerhaft durchsetzen."
