Ein Mann steht an eines Segelschiffs mit einem Funkgerät in der Hand während der Kieler Woche. © NDR Foto: Marina Heller

Kieler Woche: Ohne Stephan Giesen herrscht Chaos auf dem Wasser

Stand: 24.06.2022 15:25 Uhr

Stephan Giesen ist bei der Kieler Woche für einen reibungslosen Startablauf der 470er und 420er verantwortlich. Nachdem der 58-Jährige selbst 27 Jahre aktiv segelte, wechselte er in die Wettkampfleitung.

von Marina Heller

Gemeinsam mit seiner Familie reist Stephan Giesen aus Frankfurt an und verbringt den größten Teil seiner Zeit auf dem Wasser. Der Familienvater von zwei Kindern begleitet seit 17 Jahren die Kieler Woche. Dabei ist es nicht die erste Regatta in diesem Jahr. Bereits vor zwei Wochen betreute der 58-Jährige die YES (Young Europeans Sailing), ebenfalls in Kiel. Die Familie entschied sich, die Zeit gemeinsam im Norden zu verbringen.

Persönliche Nähe zum Teilnehmerfeld

Ein Segelschiff ist während der Kieler Woche in der Kieler Förde unterwegs. © NDR Foto: Marina Heller
Die "Slim Lady" ist an diesem Wettkampftag der Einsatzort für Stephan Giesen.

Im August wird er mit seiner Familie erneut in die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt kommen und die Rennleitung für das Event "50 Jahre Olympia" übernehmen. Giesen hat sich seinen guten Ruf in der Szene mit den Jahren erarbeitet. Er kennt sich mit den 420er-Jollen bestens aus, bringt selbst 27 Jahre Segelerfahrung auf dieser Bootsklasse mit. Dadurch entwickelte sich mit den Jahren eine persönliche Verbindung zu dem Teilnehmerfeld.

Nachdem er vor einigen Jahren die internationale Lizenz erworben hat, ist er berechtigt, alle Regatten bis hin zu den Olympischen Spielen zu betreuen. Insgesamt hat Stephan Giesen bisher zwölf Weltmeisterschaften geleitet. Seine Lizenz muss er alle vier Jahre erneuern. Damit wird sichergestellt, dass der hohe Standard gewahrt bleibt. In dieser Zeit muss er mindestens vier Großevents geleitet haben, zu denen auch die Kieler Woche zählt.

Giesen: "Ich drücke bei niemandem ein Auge zu"

Zahlreiche Segelyachten sind bei einer Regatta während der Kieler Woche in der Kieler Förde unterwegs. © NDR Foto: Marina Heller
Bei diesem Rennen auf der Kieler Förde wurde das Team aus der Ukraine wegen eines Fehlstarts disqualifiziert.

An diesem Tag hat Giesen die Verantwortung für gleich zwei Klassen, die direkt hintereinander starten. Die 470er gehen zuerst auf die Bahn, da sie die größere und schnellere Klasse darstellen. Gleich im ersten Lauf erlaubt sich die Nummer 22 aus der Ukraine einen Fehlstart. Der Wettkampfleiter kennt keine Gnade und nimmt das Team sofort aus dem Rennen.

"Ich bin absolut parteilos, sobald ich auf dem Wasser bin. Ich drücke bei niemanden ein Auge zu. Ich merke mir beispielsweise nicht die Bootsnummern von Freunden, somit bin ich nicht beeinflussbar in meinem Job!", sagt der Hesse. Nachdem Start der 470er hat das Team eine kurze Verschnaufpause, bevor sie die 420er auf die Reise schicken. Dieses Mal läuft alles reibungslos und kein Team muss verwarnt werden. An diesem Tag absolvieren beide Klassen jeweils drei Rennen.

Der Nachwuchs findet Gefallen am Job

Ein Mann und eine junge Frau stehen an eines Segelschiffs während der Kieler Woche. © NDR Foto: Marina Heller
Stephan Giese und sein Team behalten die Startvorbereitungen wird im Auge.

In den vergangenen Jahren haben sich immer wieder 420er-Segler entschieden, vom Boot in die Rennleitung zu wechseln. "Wir haben in den letzten Jahren glücklicherweise Nachwuchs gewinnen können", sagt Giesen. "Sie waren von unserer Arbeit begeistert und wollten das Team unterstützen. So haben wir sechs neue Gesichter bei uns an Bord, die mit voller Begeisterung ihren Job erledigen."

Für Giesen ein Glücksfall: "Es hilft uns enorm und verjüngt das Team, ich kann irgendwann beruhigt den Stab an die nächste Generation weitergeben", sagt er. Es sei heutzutage schwierig, junge Menschen für das Ehrenamt zu begeistern. "Es ist Freizeit, die investiert werden muss und dafür sind viele Menschen nicht mehr bereit", meint Giesen. "Bei der Wettfahrtleitung ist nicht genug Aktion im Spiel, weshalb die jungen Leute fast alle mit den Schlauchbooten draußen sind. Aber irgendwann ist man zu alt für ein Schlauchboot und so entsteht der Wechsel", so der ehemalige Segler weiter.

Abwechslung zum Arbeitsalltag

Das Auto ist mit Familie und Material meistens bis unter die Decke gefüllt und so wird von Wettkampf zu Wettkampf gefahren. Drei Viertel des Jahresurlaubs gehen für seine Einsätze drauf. Was die Ehrenamtlichen dafür erhalten? Eine Kieler-Woche-Jacke und den Dank des gesamten Teilnehmerfeldes. Für Familie Giesen eine willkommene Abwechslung vom stressigen Arbeitsalltag.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 25.06.2022 | 10:00 Uhr

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