Geplanter Lockdown: Das sagen Elternvertreter, Lehrer und Handel
Die strengeren Corona-Regeln werden in Schleswig-Holstein von Hotel-Branche und Elternvertretern begrüßt. Die Lehrergewerkschaft befürchtet dennoch Ansteckungen, der Einzelhandel dramatische Einbußen.
Kein Präsenzunterricht mehr für die Schüler ab der achten Klasse, schärfere Kontaktbeschränkungen, keine familiären Hotelübernachtungen zu Weihnachten - auf die verschärften Corona-Regeln in Schleswig-Holstein reagieren Elternvertreter und Hoteliers verständnisvoll.
Landeselternbeirat: endlich eine Entscheidung
Der Landeselternbeirat der Gemeinschaftsschulen, Thorsten Muschinski, zeigte sich erleichtert darüber, dass nun endlich eine Entscheidung getroffen wurde. Nur mit verschärften Regeln sei die Pandemie in den Griff zu bekommen. Volker Nötzoldt, der Landeselternbeirat der Grundschulen und Förderzentren, begrüsste es, dass, die Eltern der Schulklassen bis zur achten Klasse selbst entscheiden können, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken oder nicht. So gebe es keine Betreuungsprobleme, wie beim ersten Teil-Lockdown im März.
Lehrergewerkschaft fürchtet fehlende Abstände
Von Montag an lernen die Schüler aber der achten Klasse zu Hause. Schüler bis zur siebten Klasse dürfen weiterhin zum Unterricht in die Schule gehen. Die Eltern können ihre Kinder zwar beurlauben - darum bittet die Landesregierung ausdrücklich - müssen sie aber nicht. Man hätte viel früher reagieren müssen, die Kinder in kleineren Gruppen wochenweise unterrichten, kritisiert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke sagte, sie befürchte, dass die Klassen 1 bis 7 trotz der Möglichkeit einer Beurlaubung, volllaufen werden, dass Abstand-Halten nicht möglich sein werde.
Kinderschutzbund: Kinder mit Förderbedarf nicht vernachlässigen
Die Landesvorsitzende des Kinderschutzbundes Schleswig-Holstein, Irene Johns, rief alle Lehrer und Erzieher auf, nun besonders auf Kinder mit Förderbedarf oder aus benachteiligten Familien zu achten. "Denn wir haben gesehen, dass gerade Kinder, die einen besonderen Förderbedarf haben oder Kinder aus benachteiligten Familien im ersten Lockdown massive Probleme hatten und sogar den Anschluss nach den Sommerferien nicht wieder gefunden haben. Das darf sich auf keinen Fall wiederholen", betonte Johns. Und sie sagte weiter: "Wir hoffen, dass alle Eltern, die die Betreuung und Beschulung ihrer Kinder zu Hause nicht übernehmen können, ihre Kinder auch in Kita und Schule schicken, damit der Druck zu Hause nicht wächst", betonte Johns.
Handel fürchtet Lockdown zur umsatzstarken Weihnachtszeit
Die Schulen können sich zumindest auf ein klares Datum einstellen. Für den Einzelhandel gibt es noch keine feste Richtlinie, nur die Vermutung, dass die Geschäfte bald schließen müssen. Eine dramatische Zuspitzung der Lage befürchtet deshalb der Handelsverband Nord. "Für den Einzelhandel zählen die Vorweihnachtszeit und die Tage zwischen den Jahren zu den umsatzstärksten Zeiträumen im Jahr", sagte Hauptgeschäftsführer Dierk Böckenholt. Viele Geschäfte müssten immer noch die Einbußen aus dem ersten Lockdown aufholen. Es sei zu befürchten, dass eine finanzielle Unterstützung bei einer erneuten Schließung allein auf Basis der Überbrückungshilfe für viele Unternehmen das Aus bedeuten wird, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK Schleswig-Holstein, Björn Ipsen. Betroffene bräuchten angemessene und schnelle Entschädigungen.
Hotel- und Gaststättenverband nicht überrascht
Auf die neue Entscheidung, dass Hotels und Ferienwohnungen doch nicht - wie vor Wochen angekündigt - über die Weihnachtsfeiertage für Verwandtschaftsbesuche öffnen dürfen, reagierte Stefan Scholtis vom Hotel- und Gaststättenverband Schleswig-Holstein (Dehoga) verständnisvoll. "Wir sind nicht überrascht, weil wir aufgrund der Infektionszahlen damit gerechnet haben. Es hatten sich einige Betriebe dazu entschlossen, zu öffnen, die werden jetzt hoffentlich genug Zeit haben, ihre Vorplanungen wieder zurückzufahren", sagte er.
Finden Gottesdienste an Heiligabend statt?
Die evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden teilten schriftlich mit, sie hofften darauf, dass die Gottesdienste stattfinden können. Aber sie könnten zur Zeit nicht sagen, was die Entwicklung für den 24.12. bedeutet.
Virologe Fickenscher für sehr schnelle Umsetzung
"Wenn ein klarer Lockdown beabsichtigt ist, dann muss er sehr konsequent stattfinden - und er muss auch sehr bald stattfinden", betonte auch Virologe Helmut Fickenscher von der Uni Kiel gegenüber NDR Schleswig-Holstein. Dass sich nur noch fünf Personen aus zwei Haushalten treffen dürfen, "ist eine Angleichung an die Bundessituation", so Fickenscher. "Wir haben zum Teil eine deutliche Entwicklung der Fallzahlen auch in Kiel und in den Kreisen direkt um Hamburg drumherum. Und wir haben auch schon gesehen, dass Bundesländer mit niedriger Inzidenz sich plötzlich ganz oben in der Liste gefunden haben", betonte er.
