Corona-Isolation: Garg kritisiert Rückzieher von Lauterbach
Bundesgesundheitsminister Lauterbach will die Isolationspflicht für Corona-Positive nun doch nicht abschaffen. Darauf hatten sich Bund und Länder einen Tag zuvor geeinigt. Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Garg ist verärgert.
"Chaotisch" und "unprofessionell" sei dieses Hin und Her, sagte Heiner Garg (FDP) am Mittwochmittag in Kiel. Das beschädige das Vertrauen in die Politik massiv. Lauterbach müsse nun viel erklären. Es könne nicht sein, dass der Bundesgesundheitsminister in einer Fernseh-Talkshow seinen Rückzieher bekanntgebe, ohne vorher die Gesundheitsminister der Länder zu informieren. "Da mag man sich dann fragen, ob das der künftige Umgang miteinander ist. Ich finde das unprofessionell", sagte Garg.
"Die wichtigste Frage ist, ob quasi über Nacht fachliche Gründe auf einmal gegen den gemeinsamen Vorschlag sprechen." Das sehe er aber nicht. Garg räumte ein, dass es eine enorme Herausforderung sei, nach zwei Jahren Pandemie schrittweise den Übergang zu einem endemischen Zustand zu gestalten. Doch aus seiner Sicht gilt: "Änderungen bei der Absonderung zum Monat Mai bleiben richtig und konsequent."
UV Nord und Sozialverband zufrieden
Der Unternehmensverband Nord (UV Nord) ist der Meinung, dass Lauterbachs Rolle rückwärts ein Beleg für die "Hilflosigkeit der Bundesregierung bei der Bewältigung der Corona-Krise" sei. In der Sache findet der UV Nord es allerdings richtig, dass Erkrankte zwingend nach Hause müssen, damit die gesunden Mitarbeiter in den Büros geschützt werden. Lauterbachs ursprüngliche Pläne hatte der UV Nord zuvor kritisiert: "Durch diesen Schritt wird die Verantwortung auf die Unternehmen abgewälzt." Es entstehe Rechtsunsicherheit.
Auch der Sozialverband Schleswig-Holstein (SoVD SH) ist froh, dass der Bundesgesundheitsminister umgeschwenkt ist. Gerade Menschen mit Vorerkrankungen und Ältere seien durch Corona in höchstem Maße gefährdet.
Lauterbach nimmt Beschluss zurück - in Talkshow
In einer Video-Schalte am Montag hatten sich die Mitglieder der Gesundheitsministerkonferenz darauf geeinigt, die Regeln für Corona-Infizierte und Kontaktpersonen zu ändern. So sollte es ab Mai nur noch die "dringende Empfehlung" geben, sich zu isolieren - ausgenommen sind Kranken- und Pflegeberufe. Aktuell ordnen die Gesundheitsämter die Isolation an. Außerdem soll laut dem Beschluss die Quarantäne-Zeit von sieben auf fünf Tage verkürzt werden. Dann kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Rückzieher an - zunächst am Dienstagabend in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" und am Mittwochmorgen auch auf seinem Twitter-Kanal.
"Die Beendigung der Anordnung der Isolation nach Corona-Infektion durch die Gesundheitsämter zugunsten von Freiwilligkeit wäre falsch und wird nicht kommen. Hier habe ich einen Fehler gemacht", schrieb der SPD-Politiker am Mittwoch auf Twitter. Die geplante Änderung entlaste zwar die Gesundheitsämter. Das Signal, dass ein Infizierter selbst über eine Isolation entscheide sei "negativ und verheerend", hatte er im ZDF erklärt. Der "symbolische Schaden", Corona sei nicht gefährlich, sei so verheerend, dass man diese Isolationsanordnung so nicht machen könne. Auf einer Pressekonferenz in Berlin präzisierte er seine Pläne für eine abgeschwächte Isolationspflicht. Diese solle für Infizierte künftig fünf Tage dauern. Für Kontaktpersonen solle es ab dem 1. Mai nur noch eine "dringende Empfehlung" geben, sich für fünf Tage zu isolieren. Dies werde die Gesundheitsämter entlasten, sagte Lauterbach. Den Ländern sei ein entsprechender neuer Vorschlag nun unterbreitet worden.
Reaktionen auf ursprünglichen Plan gemischt
Der Handelsverband Nord hatte zuvor die Lockerungen begrüßt, weil laut Geschäftsführerin Mareike Petersen aktuell viele Beschäftigte ohne Symptome zu Hause sitzen, was den Unternehmen das Leben schwer mache. Sie hatte aber auch erklärt: "Ob es wirklich der richtige Zeitpunkt ist, das müssen natürlich die Virologen und die Politiker entscheiden."
Auch der Kieler Virologe Helmut Fickenscher hatte sich positiv zum geplanten Ende der Isolationspflicht geäußert. Die Grundlage, das Grundgesetz außer Kraft zu setzen und Persönlichkeitsrechte einzuschränken, sei einfach nicht mehr vorhanden. Fickenscher mahnte dennoch zur Vorsicht, vor allem mit Blick auf Ältere und Vorerkrankte.
Deutschlandweit hatten die Pläne zur Aussetzung der Isolationspflicht für durchwachsene Reaktionen gesorgt. Der Sozialverband VdK und die Deutsche Stiftung Patientenschutz sehen große Gefahren für gefährdete Personen. Der Schutz der Risikogruppen spiele für die Politik offenbar überhaupt keine Rolle mehr, hatte der Sozialverband kritisert.
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