Mehrere Windräder stehen auf einem Feld in Niedersachsen, dunkle Wolken ziehen vorbei. © picture alliance/dpa Foto: picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte

Studie: Windkraftflächen in SH nur zur Hälfte nutzbar

Stand: 11.05.2022 16:44 Uhr

Mit zwei Prozent ausgewiesener Windkraftfläche sieht sich Schleswig-Holstein als Vorreiter. Doch der Schein trügt, meint der Branchenverband BWE. Denn moderne, große Anlagen werden durch Abstandsregeln ausgebremst.

Wenn alle Bundesländer zwei Prozent ihrer Flächen für die Windkraft ausweisen, kann Deutschland klimaneutral werden. Dieses Mindestziel hat das Bundeswirtschaftsministerium ausgegeben. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) betonte im Wahlkampf mehrfach, dass sein Land als eines der ersten bereits diesen Anteil erreicht habe. Doch eine neue Studie des Fraunhofer Instituts für Energiewirtschaft (IEE) relativiert diese Einschätzung. Auftraggeber war der Bundesverband Windenergie (BWE) in Schleswig-Holstein. Das Ergebnis: Mit modernen Windanlagen sei nur ein Prozent der Fläche nutzbar.

Windkraftanlagen: Planung mit veralteten Anlagen

Eine Grafik zeigt die Abstandsvorgaben bei der Bebauung von Flächen mit Windkraftanlagen. © NDR / Fraunhofer IEE
Abstandsregel: Moderne Windkraftanlagen sind höher, dafür brauchen sie aber auch mehr Abstand zu Siedlungen und Gebäuden.

Aufgrund der guten Windausbeute kamen Anlagen in Schleswig-Holstein bisher mit Gesamthöhen bis 150 Meter aus. "Diese Typen sind auf dem Weltmarkt aber kaum noch verfügbar," meint BWE-SH Geschäftsführer Marcus Hrach. Bei Ausschreibungen, bei denen Windparks gegeneinander um eine Förderung konkurrieren, hätten sie kaum eine Chance. Moderne Windräder erreichen dagegen knapp 200 Meter in der Spitze. Durch die Abstandsregeln kommen dann aber weniger Flächen in Frage. In Schleswig-Holstein gilt dabei "3H" im Außenbereich und "5H" zu Siedlungen. Das bedeutet: Die Anlagen müssen den fünffachen Abstand ihrer Höhe zu Gebäuden einhalten. In diesem Fall also bis zu einem Kilometer.

Flügelspitzen müssen in ausgewiesenen Flächen bleiben

Eine weitere Besonderheit in Schleswig-Holstein: Die Flügelspitzen dürfen nicht seitlich aus der Windkraftfläche herausragen. Wenn es so bleibt, dann rechnet Carsten Pape vom Fraunhofer Institut sogar mit einer sinkenden Windkraftausbeute nach 2025, da ältere Anlagen außerhalb der geplanten Flächen abgebaut werden.

Mehr als fünf Prozent Fläche für Windkraft geeignet

Beide Regeln sollten sofort abgeschafft werden, fordert der Verband. Abstände würden dann allein durch den Emissionsschutz festgelegt. Um die Versorgung zu sichern, müsste zudem jetzt schon die Planung für weitere Flächen beginnen. "Wir werden mit zwei Prozent nicht auskommen," ist Hrach überzeugt. Zusätzlicher Strom werde gebraucht, um Wärme zu produzieren und auf diese Weise Kohle und Gas zu ersetzen.

Das Flächenpotenzial für die Windkraft sieht der Verband in Schleswig-Holstein sogar bei mehr als fünf Prozent, will dies aber ausdrücklich nicht als Forderung verstanden wissen. Auf dem Weg zur Klimaneutralität müsse jedoch so schnell wie möglich errechnet werden, wie viel Energie Windkraft und Photovoltaik zu welchem Zeitpunkt in den einzelnen Bundesländern liefern sollten. Welche Fläche es dann werde, sei reine Mathematik.

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Mehrere Windräder stehen auf einem Feld. © Carolin Rabe/NDR Foto: Carolin Rabe

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 11.05.2022 | 14:00 Uhr

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