Zahlreiche Menschen sitzen in einem Saal und heben die Hand zur Abstimmung.  Foto: Peer-Axel Kroeske

Wikingeck: Kreis schießt bis zu zwei Millionen Euro vor

Stand: 09.06.2022 18:09 Uhr

Die Finanzierung für den Erdaustausch am kontaminierten Schleiufer war im Mai nach einem Rückzieher des Bundes geplatzt. Jetzt geht der Kreis Schleswig-Flensburg bei den Planungskosten ins Risiko.

von Peer-Axel Kroeske

Björn Hansen steht in einer Halle voller Boote und blickt in die Kamera.  Foto: Peer-Axel Kroeske
Björn Hansen hat den Jachthafen am Wikingeck gekauft. Vorher hatte er dort die Bootshalle gepachtet, die abgerissen werden soll. Jetzt nutzt er eine Halle am Schleswiger Ilensee.

Björn Hansen wusste weitgehend, worauf er sich einlässt, als er vor zwei Jahren den Jachthafen unterhalb des Wikingturms kaufte. In dem Bereich hatte eine Teerpappenfabrik bis 1952 den Boden mit Giftstoffen belastet. Der Bereich gilt als eine der größten Altlasten in Schleswig-Holstein. Krebserregendes Benzol, Toluol und Xylole wurden gefunden. Trotzdem hieß es zunächst, Hansens Flächen am Hafen seien altlastenfrei. Bei einer neuen Probe war ein kleiner Bereich nun doch betroffen. Das nimmt er mit Fassung, ebenso die nötige Erneuerung der Spundwände für 350.000 Euro, die er weitgehend selbst bezahlen muss.

Hafenbesitzer verwundert über politisches Stop-and-Go

Im Vordergrund Jachten, dahinter ragt der Schleswiger Wikingturm auf. © NDR Foto: Peer-Axel Kroeske
Der Jachthafen grenzt direkt an die Sanierungsfläche.

Wenig Verständnis hat er allerdings für das Hin- und Her in der Politik: "Dem Zeitplan blicke ich skeptisch entgegen, weil das alles sehr vage ist mit der Finanzierung", meint er. Planen könne er kaum. "Durch die Sanierung sind bei mir 80 bis 100 Liegeplätze betroffen. Und die Kunden erwarten von mir ja auch eine Information, wann da saniert wird, wie die Parksituation dann sein wird. Ich kann kein Datum nennen. Ich kann ihnen nur sagen: Es wird vielleicht irgendwann saniert, aber wann, weiß ich nicht", sagt Hansen.

Kreis Schleswig-Flensburg geht ins Risiko

Der Streit um die Kosten droht das Sanierungs-Projekt aus der Bahn zu werfen, fürchtet Umwelt-Bereichsleiter Thorsten Roos vom Kreis Schleswig-Flensburg. Er treibt das Projekt seit Jahren voran. Der Rückzieher des Bundes ist für ihn ein Rückschlag. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte angekündigt, nun doch nicht die vorher zugesagten 66 Prozent der Kosten zu übernehmen. Deshalb schlug Roos dem Kreis-Finanzausschuss vor, bis zu zwei Millionen Euro für die nächsten Schritte zu bewilligen. "Ohne die notwendige Vergabe der Ausführungsplanung würde sich das Verfahren um Jahre verzögern. Das derzeitige Vergabeverfahren müsste für den Kreis kostenpflichtig aufgehoben werden," hieß es in der Vorlage im Kreis-Finanzausschuss am Donnerstag.

Organigramm statt klarer Antwort

Landrat Wolfgang Buschmann (parteilos) sorgte in der Sitzung für Schmunzler. Er weiß immer noch nicht, welcher Staatssekretär in Berlin seit dem Regierungswechsel für das Projekt zuständig ist, obwohl er mehrfach angefragt hat: "Stattdessen hat man uns kürzlich ein Organigramm zugesandt mit der stillen Aufforderung, uns doch selbst einen Chef auszusuchen."

Letzte Chance: Klärung bis zum Jahresende

Das einstimmige Votum im Kreis-Finanzausschuss wertet Roos nun als ermutigendes Zeichen. Dennoch könne der Kreis nicht noch weitere Millionen vorschießen. "Ein Problem stellt sich, wenn wir bis zum Jahresende keine Finanzierungsvereinbarung schließen konnten. Dann können wir diese europaweite Ausschreibung nicht durchführen. Aber ich mag gar nicht so weit denken," so der Fachbereichsleiter. Die Positionen scheinen festgefahren. Der Bund argumentiert, er dürfe rein rechtlich nicht mehr als den im Grundbuch eingetragenen Anteil von 42,5 Prozent finanzieren. Das Schleswig-Holsteinische Umweltministerium zeigt sich auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein nicht bereit, seinen Anteil zu erhöhen. Roos hält eine politische Lösung, die auf Freiwilligkeit setzt, aber weiter für den einzig gangbaren Weg. Der Kreis könnte zwar auch alle Akteure per Bescheid verpflichten, zu sanieren. Die Folge wäre aber wohl ein jahrelanger Rechtsstreit um die Kosten, während die krebserregenden Stoffe weiter die Schlei vergiften.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 09.06.2022 | 20:00 Uhr

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