Wie Fledermäuse durch Haussanierungen bedroht werden

Stand: 16.04.2023 06:00 Uhr

Wer sein Haus sanieren will, sollte sich vorher Rat beim Naturschutzbund NABU holen. Denn wenn im Gebälk Fledermäuse überwintern, sollte man mit den Arbeiten besser bis zum Sommer warten.

Wenn es dämmert, dann schwärmen sie aus und jagen: Fledermäuse. Jetzt im Frühling verlassen sie ihre Winterquartiere, um Insekten zu fangen - wenn sie können. Denn wenn das Gebäude, in dem sie überwintert haben, gerade energetisch saniert wird, dann kommen sie unter Umständen nicht mehr hinaus. Unter der Dämmung können laut dem Naturschutzbund NABU hunderte Fledermäuse lebendig eingeschlossen werden. Allein in Schleswig-Holstein gibt es laut NABU 3.000 registrierte Fledermausquartiere in Gebäuden. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.

Rund 1.000 Anrufe beim NABU im Jahr

Um die Tiere zu schützen, berät der NABU Hausbesitzer, die ihr Eigenheim energetisch sanieren wollen. 1.000 Anrufe verzeichneten die Naturschützer nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr, Tendenz steigend.

Auch der Vorbesitzer von Luca Sarah Brandts Haus hatte sich hilfesuchend an den NABU gewandt, weil er 200 Tiere in der Wand entdeckt hatte. Die neue Eigentümerin bekam dann Post von den Naturschützern und erfuhr so von den Fledermäusen. "Wir wussten erstmal gar nicht, was wir machen sollen, haben uns informiert, aber am Haus gar nichts weiter gemacht", sagt Brandt.

Biologe: "Fledermäuse sind sehr findig, was Quartiere angeht"

Biologe Florian Gloza-Rausch sucht mit einer speziellen Kamera nach Fledermäusen hinter einer Regenrinne an einem Wohnhaus. © NDR Foto: Elin Halvorsen
Biologe Florian Gloza-Rausch sucht mit einem Endoskop die Spalten am Mauerwerk nach Fledermäusen.

Nun ist Biologe Florian Gloza-Rausch am Gebäude im Einsatz und sucht nach Fledermausquartieren. Doch sie zu finden gleicht einer Detektivarbeit. "Die Fledermäuse sind immer sehr findig, was ihre Quartiere angeht, finden Baumängel oder Hohlräume" erklärt Gloza-Rausch. "Sie scheinen irgendwo hier ein wunderbares Versteck gefunden zu haben."

Fledermäuse finden immer weniger Nahrung

Laut NABU gibt es in Europa insgesamt 30 unterschiedliche Fledermausarten, in Deutschland sind es 23 und in Schleswig-Holstein 15 Arten. Die Tiere können bis zu 30 Jahre alt werden. Mücken, Fliegen, Mistkäfer stehen unter anderem auf ihren Speiseplänen, je nach Art. Ein Problem: In der industrialisierten Landschaft gibt es immer weniger Insekten. Außerdem tragen Fledermäuse jeweils nur ein Junges aus, und das nur einmal im Jahr. Wird eine Kolonie gestört oder sogar vernichtet, dauert es daher lange bis sie sich erholt oder sich neue Tiere ansiedeln.

Wer den Artenschutz ignoriert, riskiert hohe Strafen

Wer bei einer Sanierung den Fledermausschutz vorsätzlich ignoriert, riskiert laut NABU Strafen in fünfstelliger Höhe. Denn bei Baumaßnahmen ist es verpflichtend, den Artenschutz mitzudenken, auch für Insekten und Vögel. Noch nie sei das Ausmaß des Artensterbens so groß gewesen wie heute, sagt Biologe Gloza-Rausch. Vielen sei die Regelung im Bundesnaturschutzgesetz aber nicht bekannt.

Dachsanierung auf Mitte August verschieben

Der NABU betont, dass es meist sehr einfach sei, den Fledermäusen zu helfen. Zum Beispiel, wenn man seine Dachsanierung erst ab Mitte August plant, wenn die bedrohten Tiere ihr Quartier sicher verlassen haben - oder indem man Einflugschneisen freihält. Auf Luca Sarah Brandts Baustelle werden jetzt am Pferdestall nebenan Ersatzquartiere angebracht, damit die Fledermäuse umziehen können. Erst dann kann Brandt weiter bauen. Die neue Besitzerin kostet die Umsiedlung übrigens nichts, sagt Biologe Gloza-Rausch, denn auf Antrag bezahlt das Land.

Weitere Informationen
24 verschiedene Kästen sind am diesem Haus für ein Fledermaus-Forschungsprojekt angebracht. © NDR Foto: Elin Halvorsen

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 16.04.2023 | 10:00 Uhr

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