Vorwürfe gegen NDR SH: Landesrundfunkrat bereitet Prüfung vor
Nach schweren Vorwürfen gegen Führungskräfte des NDR Schleswig-Holstein hat der Landesrundfunkrat in einer Sondersitzung am Montag beschlossen, dass es eine objektive und umfassende Prüfung geben soll. Laut der Vorsitzenden Pooth wird zunächst an einem Konzept gearbeitet, wie die Vorwürfe geprüft werden sollen. Das sei eine sehr große Verantwortung.
Die Sachlage sei nicht einfach, sagt die Vorsitzende des Landesrundfunkrates Laura Pooth einen Tag nachdem beschlossen wurde, die Vorwürfe gegen den NDR in Schleswig-Holstein zu prüfen. Dabei soll auch aufgearbeitet werden, ob es in der Vergangenheit einen politischen Filter in der Berichterstattung gegeben haben könnte - wie es einige Medien berichten. Konkret geht es unter anderem darum, ob einzelne NDR Mitarbeiter nicht genug Distanz zu Politikern halten. Der NDR hat diese Vorwürfe zurückgewiesen. Das unabhängige Gremium will sich zunächst im eigenen Kreis mit den Vorwürfen beschäftigen, sich aber auch wenn nötig externen Sachverstand dazu holen.
"Das Wichtige ist jetzt, dass wir einen kühlen Kopf bewahren, dass wir mit Bedacht und sensibel diesen Prozess einleiten", erklärt Pooth. Es handle sich um eine Aufgabe, vor der bisher kaum jemand gestanden habe. Außerdem seien die Vorwürfe diffus, ein Lösungsweg liege nicht direkt auf dem Tisch.
Pooth: Es wird keine schnellen Ergebnisse geben
"Ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen, da setzen wir Kanzlei oder Institut XY dran und dann bekommen wir die Lösung. Aber so einfach ist das in dieser Frage nicht und vor allem nicht, bei allen Faktoren, die uns wichtig sind zu berücksichtigen." Konkret meint die Vorsitzende des Landesrundfunkrates - die auch den DGB Nord leitet - den Ruf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Journalisten Generalverdacht stellen.
Deshalb sind laut Pooth auch keine schnellen Ergebnisse vom Landesrundfunkrat zu erwarten. Man handle nach der Devise: Sorgfalt vor Schnelligkeit. Volker Thormählen, Direktor des Landesfunkhauses in Kiel hat zugesagt, den Landesrundfunkrat zu unterstützen - und alle geforderten Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Journalistenverband: "Vorwürfe schaden dem NDR"
Der Deutsche Journalistenverband Nord (DJV) begrüßt, dass die Vorwürfe um den NDR in Schleswig-Holstein vom Landesrundfunkrat aufgearbeitet werden. Allein der Eindruck, dass es einen Eingriff in die politische Berichterstattung gegeben haben könnte, schade dem Sender, sagt DJV-Geschäftsführer, Stefan Endter.
"Es steht hier wirklich das Vertrauen in die unabhängige, qualitätsjournalistische Arbeit in Rede. Der NDR muss alles tun, um hier Offenheit zu schaffen, um das Ganze aufzuklären", sagt Endter. Als es um die Vorgänge beim Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) ging, sei vom NDR sehr deutlich gemacht worden, dass man mit Transparenz und Klarheit gegen Fehlentwicklungen vorgehen will. "Dazu bietet sich jetzt Gelegenheit", richtet sich der DJV-Mann an die Chefetage des Funkhauses in Kiel.
Funkhausdirektor will Klima im Haus verbessern
Ein weiterer Vorwurf, über den einige Medien berichteten: Im Landesfunkhaus herrsche ein "Klima der Angst". Die Funkhausdirektion in Kiel will sich nach eigener Aussage intensiv mit dem Vorwurf im Haus auseinandersetzen. Volker Thormählen, Direktor des Landesfunkhauses, sagt: "Wir werden uns um das Thema Kultur, Kommunikation, Klima in unserem Haus kümmern. Das werden wir schnell angehen." Dazu wolle er viele Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen führen.
Opposition begrüßt Untersuchung des Landesrundfunkrates
Die Vorwürfe werden auch in der Landespolitik diskutiert. Die Opposition in Schleswig-Holstein begrüßt, dass der Landesrundfunkrat die Vorwürfe nun prüfen will. Der FDP-Landtagsabgeordnete und Parteivize Bernd Buchholz meint, dass gerade der Vorwurf der Einflussnahme sehr gewichtig sei. Die Vorkommnisse müssten deshalb auch im Landtag erörtert werden. Das sei auch wichtig, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verteidigen, so Buchholz: "Ansonsten erleben wir ja schon oft hysterische Debatte, von denen ich die Sorge habe, dass sie denjenigen in die Hand spielen, die das gesamte öffentlich-rechtliche System und auch andere journalistische Abhängigkeiten infrage stellen wollen. Dazu darf es nicht kommen und gerade auch deshalb brauchen wir diese Form der Aufklärung jetzt um die Dinge auch auszuräumen, die da gewesen sind."
Ähnlich sieht es auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Losse-Müller: "Das ist das richtige Gremium. Wir brauchen einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der stark ist." Die SPD-Fraktion habe eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt, nach der Ministerpräsident, Chef der Staatskanzlei und Regierungssprecher alle "Treffen und Telefonate jenseits des üblichen Kontakts zwischen Medien und Regierung" abseits presseöffentlicher Termine, Pressekonferenzen und Interviews sowie deren Inhalt offenlegen sollen, nur für den Zeitraum April 2020 bis Juni 2022. Er halte den vertraulichen Austausch zwischen Journalisten und Politik sowie von Journalisten und Behörden für wichtig, so Losse-Müller. Die Frage sei aber, ob es darüber hinaus Absprachen gab. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Koch weist den Vorschlag zurück. Damit werde das Bild von unlauteren Verbindungen geschürt, für die es bislang aber keinerlei Anhaltspunkte gebe.
In der ursprünglichen Fassung dieses Artikels war der Inhalt der SPD-Anfrage an die Landesregierung unscharf formuliert. Das führte zu einem falschen Verständnis. Wir haben das korrigiert.