Voll im Leben mit künstlichem Herzen
Wenn das Herz versagt, bringt das die Betroffenen in Lebensgefahr - und unter Umständen auf die Warteliste für eine Herztransplantation. In Schleswig-Holstein brauchten im vergangenen Jahr 33 Menschen ein Spenderherz. Die Rettung für einen Mann aus Gudow: ein künstliches Herz.
Es wurde eigentlich als Übergangslösung für Patienten auf den Organspende-Wartelisten entwickelt - das Herzunterstützungssystem, auch Kunstherz genannt. Dank dieser Technik kann Norman Rost aus Gudow (Kreis Herzogtum Lauenburg) ein fast normales Leben führen. Vor zwei Jahren hatte ihn eine lebensgefährliche Herzmuskelentzündung komplett ausgebremst. "Ich habe eine Grippe verschleppt, bin trotzdem arbeiten gegangen", sagt der 48-Jährige. Kurz darauf fühlte er sich ständig schlapp, rang nach ein paar Treppenstufen nach Luft. "Ich hatte keine Kraft mehr. Dabei war ich immer fit, habe Fußball gespielt." Bei gesunden Menschen liegt die Herzkapazität bei rund 60 Prozent. Ihre Herzen pumpen bei jedem Schlag mehr als die Hälfte des Inhalts in den Blutkreislauf. Norman Rosts Herzkapazität lag gerade noch bei 14 Prozent, sagt er.
Dauerbegleiter: Rucksack oder Tasche mit Technik und Akkus
Im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Lübeck wurde Norman Rost das künstliche Herz eingesetzt. Die Pumpe, direkt an seinem geschwächten Herzen angebracht, unterstützt das Organ seitdem. Ein Kabel führt aus dem Bauch heraus - es verbindet das Gerät im Körper mit einer Steuereinheit und Akkus, die Norman Rost in einem kleinen Rucksack immer bei sich trägt. "Der ist jetzt ein Teil von mir. Beim Autofahren, Duschen - daran gewöhnt man sich." Nach der OP ging es ihm schnell wieder besser, sagt Norman Rost. Mittlerweile könne der Klempner sogar seinem anstrengenden Job wieder nachgehen. "Jeden Tag habe ich besser Luft bekommen."
Nur wenige Patienten haben eine Chance auf ein neues Herz
Die Kunstherzambulanz an der Lübecker Uniklinik betreut derzeit rund 25 Patientinnen und Patienten. Für viele Betroffene sind diese Systeme die letzte Hoffnung. "Mittlerweile ist der Organspendemangel so eklatant, dass eine Herztransplantation nur noch für einen ganz kleinen Kreis der Patienten in Frage kommt", sagt Buntaro Fujita, Oberarzt der Kunstherzambulanz. So würden viele Patienten stattdessen Kunstherzen implantiert bekommen und tragen sie ihr Leben lang. Das gelte insbesondere für Betroffene ab 65, die wegen ihres Alters keine Chance auf ein Spenderherz mehr haben. In Schleswig-Holstein brauchten im vergangenen Jahr 33 Menschen ein Spenderherz - nur sieben wurden nach Angaben des UKSH 2021 transplantiert.
Nachteile der Kunstherzen: Mögliche Blutgerinnsel, Infektionen und Defekte
Die Systeme leisteten so viel wie ein Spenderherz, eine perfekte Alternative zur Transplantation seien die Kunstherzen allerdings noch nicht, sagt Herzmediziner Buntaro Fujita. Die technischen Geräte im Brustkorb können Blutgerinnsel begünstigen - deshalb müssen die Patienten dauerhaft Blutverdünner einnehmen. Dann können über die Stelle am Bauch, aus der das Kabel in den Körper hineinführt, auch Bakterien in den Körper eindringen. Dazu könne das künstliche Herz - wie alle technischen Geräte - auch mal versagen. Trotz alledem könne diese Technik vielen herzkranken Patienten Lebensjahre schenken - und dazu Lebensqualität, sagt der Arzt.
Norman Rost: "Hauptsache, ich werde das Ding los"
Wer einmal ein Kunstherz trägt, trägt es in der Regel ein Leben lang - oder bis zur Organtransplantation. Nur in seltenen Fällen erholen sich die Herzen der Betroffenen durch die Unterstützung des Kunstherzens soweit, dass die Patienten den Rucksack irgendwann dauerhaft ablegen können, sagt Oberarzt Buntaro Fujita. Norman Rost ist optimistisch, dass er zu ihnen zählen wird. Auf eine Warteliste für ein Spenderorgan wollte er nie, sagt er. Seine Herzkapazität habe sich wieder auf 40 Prozent verbessert - lange Spaziergänge mit seiner Labradorhündin seien kein Problem mehr. Im August hat er den nächsten Untersuchungstermin - er hofft, dass sich seine Werte weiter verbessert haben. "Wenn ich das Ding noch zwei Jahre tragen muss, ist mir das auch egal. Hauptsache, ich werde das Ding los - das ist mein Ziel."