Stand: 28.08.2019 17:53 Uhr

Rätsel um Durchsuchung bei Polizeigewerkschafter

Was steckt hinter den Durchsuchungen bei der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Kiel und in der Privatwohnung und am Arbeitsplatz von DPolG-Landesvize Thomas Nommensen in Lübeck? Einen Tag nach den Maßnahmen hat sich am Mittwoch der Innen- und Rechtsausschuss des Landtags mit dem Fall beschäftigt. Auf Antrag der SPD wurde der Fall auf die Tagesordnung gehievt. Die Abgeordneten wollten von Vertretern der Kieler Staatsanwaltschaft wissen, wie es dazu gekommen ist, dass der hochrangige Gewerkschafter, der auch im Personalrat der Polizei vertreten ist, in den Fokus der Ermittlungen gerückt ist. Zeugen belasten Nommensen.

Nommensen: Vorwürfe sind ausgesprochen konstruiert

Der Fall hat reichlich Brisanz, denn Nommensen hat sich mehrfach kritisch im Zusammenhang mit der Affäre um mögliche Fehler in früheren Ermittlungen gegen Rocker zu Wort gemeldet. "Die Vorwürfe sind ausgesprochen konstruiert und entbehren jeder Grundlage", sagte Nommensen und bezeichnete die Vorwürfe als skandalös. Nommensen sagte NDR Schleswig-Holstein, dass er vor Monaten während einer Feierstunde im Kieler Rathaus dabei beobachtet worden sein soll, wie er mehrere Whats-App-Nachrichten mit einem Journalisten ausgetauscht hatte. Selbstverständlich habe er Kontakt zur Presse gehabt, so Nommensen. Das sei nicht verboten - vielmehr werde das von einem Gewerkschafter erwartet.

Ermittler: Durchsuchung hat nichts mit Ausschuss zur Rockeraffäre zu tun

Oberstaatsanwalt Henning Hadeler sagte, es gebe unter anderem einen Zeugenhinweis, der Nommensen belastet. Und - Hadeler widerspricht Nommensens Vorwurf, es sei ein Versuch, ihn als kritischen Gewerkschafter mundtot zu machen: "Meine Behörde hat zu keiner Zeit Weisungen erhalten oder Kontakt zur Führung des Innenministeriums gehabt." Die Durchsuchungen stünden in keinem Zusammenhang mit dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Rockeraffäre, so der Kieler Oberstaatsanwalt. "Das gesamte Vorgehen - wie auch die Beschlüsse - haben keinen Bezug zum Untersuchungsausschuss oder der Tätigkeit des Beschuldigten als Gewerkschafter."

Polizeiinterna an Presse weitergegeben?

Laut Staatsanwaltschaft geht es um den Anfangsverdacht des Durchstechens von Polizeiinterna an die Presse. Auslöser waren Anzeigen im Zusammenhang mit der Entlassung eines Polizeischülers, der mit einer Hakenkreuzbinde fotografiert worden war, sowie nach der Geiselnahme in der Justizvollzugsanstalt Lübeck im Juni. "Während der laufenden Geiselnahme sind Informationen der Polizei nach außen gedrungen", sagte Hadeler. Es sei um das Foto des Geiselnehmers, dessen Bewaffnung und Forderung gegangen. "Das hatte erhebliche Sicherheitsrelevanz." "Schnittmengen" hätten zu dem Verdacht gegen den Gewerkschafter geführt.

Persönliche Unterlagen liegen beim LKA

Bei der Durchsuchung seines Hauses in Lübeck am Dienstag seien auch vertrauliche Unterlagen beschlagnahmt worden, kritisiert Nommensen. Dabei handele es sich um eine Zusammenstellung für den PUA zur Aufklärung der Rockeraffäre. Dagegen hat Nommensen nach eigenen Angaben Widerspruch eingelegt - die Staatsanwaltschaft bestreitet das. Die sichergestellten Unterlagen würden versiegelt im Landeskriminalamt verwahrt werden, sagte Hadeler.

Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft schaltet sich ein

Der Fall sorgt inzwischen auch über die Landesgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit. Am Mittwochmittag traf der Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, in Kiel ein. Er sei von Berlin nach Schleswig-Holstein gekommen, um ein Zeichen zu setzen. Die Vorwürfe gegen Nommensen halte er für völlig absurd, so Wendt wörtlich. Er fordert, dass das Verfahren eingestellt wird.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 28.08.2019 | 15:00 Uhr

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