Piraten: "Wir sind Laien, keine Berufspolitiker"
Seit drei Wochen ist die Piratenpartei in aller Munde. Ihr Einzug ins Berliner Abgeordnetenhaus hat die Partei in die Öffentlichkeit gerückt. Die erste größere öffentliche Bewährungsprobe in Schleswig-Holstein muss sie am Sonntag bestehen. Dann will sie ihre Landesliste aufstellen. Aber wofür stehen die Piraten? Unser Reporter Constantin Gill ist dieser Frage nachgegangen und hat sich mit zwei Mitgliedern des schleswig-holsteinischen Landesvorstandes getroffen.
Sind alle Piraten Computerfreaks?
Alexander Bühner, politischer Geschäftsführer, und Patrick Ratzmann, Pressesprecher der Piraten in Schleswig-Holstein, kommen mit ihren Umhängetaschen in das Café, in dem wir verabredet sind. Ein kurzes Händeschütteln, dreimal Cola bestellen. Dem Klischee entsprechend müssten alle Piraten eigentlich Computerfreaks sein. Tatsächlich hat Bühner sein Laptop dabei, und Patrick Ratzmann arbeitet in einem Softwareunternehmen - das war es dann aber schon auch mit den Klischees. Der Generalsekretär der Piraten ist Landesbeamter, es gibt Biologen, Geologen, Ingenieure und Studenten in der Partei.
Partei will für neuen Politikstil stehen
Was ist also ein Pirat? Ratzmann und Bühner zögern, dann sind sie sich einig: "Jemand, der etwas bewegen will." Mit der Politik in Bund und Land sei man nicht zufrieden, die Piraten stünden für einen neuen Politikstil - für mehr Bürgerbeteiligung, Transparenz und Basisdemokratie.
Zwischen Glaubwürdigkeit und "Dillettantenbonus"
Der Berliner Piratenabgeordnete Christopher Lauer hatte den Erfolg seiner Partei zuletzt unter anderem mit einem "Dilettantenbonus" und der "Unbedarftheit" der Piraten erklärt. Patrick Ratzmann stimmt dem teilweise zu: "Ja, wir sind Laien - wir sind keine Berufspolitiker, die seit 20 Jahren in Schlips und Kragen durchs Parlament wackeln. Sondern wir sind engagierte Menschen, die sich für Themen interessieren, die allen Menschen am Herzen liegen sollten." Aber das, was Lauer "Dillettantenbonus" nennt, hätte Ratzmann eher "Glaubwürdigkeit" genannt.
Traditionelle Landwirtschaft fördern
Konkrete politische Vorstellungen für Schleswig-Holstein hat man trotz mangelnder Erfahrung: die Förderung der traditionellen Landwirtschaft etwa. Ein Thema, das laut Ratzmann bei vielen Landwirten auf der Landwirtschaftsmesse Norla gut ankam. Und: Öffentliche Stellen sollten nach Ansicht der Piraten lizenzfreie Software nutzen. Die Entwicklung koste zwar Geld - unter dem Strich spare man dadurch aber. So habe es etwa die Stadt München gemacht. Zu Themen wie Schuldenbremse und Euro-Rettungsschirm möchte man sich nicht positionieren: "Da haben wir keine Kompetenz - und sparen uns deshalb Floskeln", so die Ansage.
Ehemalige Grünen-Gründerin Beer will kandidieren
Der Zulauf bei den schleswig-holsteinischen Piraten ist enorm - 450 Mitglieder zählt Geschäftsführer Bühner, davon etwa 100 seit der Berlin-Wahl. Neue Anträge liegen in der Post. Auf ihrem Parteitag am Sonntag wollen die Piraten eine Landesliste aufstellen - unter den Kandidaten ist auch die ehemalige Grünen-Gründerin Angelika Beer. Sie wird mit den anderen Bewerbern zum "Kandidatengrillen" antreten, wie Ratzmann und Bühner es nennen. Denn Diskussionen und konstruktive Kritik gehören nach ihren Worten dazu bei den Piraten. Ob noch Anträge diskutiert werden - und wenn ja, wie viele - ist noch offen. Eine Antragsfrist gibt es nicht.
