Mehr Fälle von rechter Gewalt in Schleswig-Holstein
Körperverletzungen, Drohungen und Sachbeschädigungen - alles aus rechter, antisemitischer oder rassistischer Motivation: Die Zahlen, die das "Zentrum für Betroffene rechter Angriffe" (Zebra e.V.) seit 2017 jährlich veröffentlicht, steigen weiter an. Im vergangenen Jahr gab es demnach 57 solcher Straftaten und insgesamt 113 Opfer, unter ihnen 19 Kinder.
Die Zahlen sammelt der Verein Zebra nach Kriterien, die der Verband der Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt definiert hat. Bedeutet konkret: Die Mitarbeiter von Zebra überprüfen überregionale, regionale sowie lokale Medien und suchen dort nach Hinweisen auf rechte Straftaten. Um zu überprüfen und sicherzustellen, dass an entsprechenden Berichten etwas dran ist, nehmen sie Kontakt zu den Betroffenen auf. Erst danach wandert der Fall in die Zebra-Statistik.
Zebra: "Wir schauen eben häufig genauer hin"
Zwischen dieser Auflistung und den Zahlen der Polizei gibt es in der Regel einen deutlichen Unterschied. Beispiel 2018: Damals zählte der Verein 51 rechte und rassistische Gewaltdelikte und somit 40 Prozent mehr als die Polizei in Schleswig-Holstein. Einen solchen Vergleich gibt es für 2019 bisher nicht, weil die Polizei ihre Zahlen noch nicht veröffentlicht hat. Wegen der Corona-Krise fehlt dort noch das letzte Quartal. Doch weil die bei der Polizei registrierten Fälle als eine Quelle mit einfließen, sagt Vereinsmitarbeiter Kai Stoltmann, könnten die Zahlen in der Zebra-Statistik noch steigen. Grundsätzlich meint er: "Wir schauen eben häufig genauer hin und versuchen das Dunkelfeld aufzuhellen."
Nach Kreisen und kreisfreien Städten aufgeschlüsselt heißt es - Stand jetzt - dass 2019 im Kreis Segeberg zwölf rechte Gewalttaten begangen wurden, in Kiel elf und in Flensburg sieben. Ostholstein und der Kreis Herzogtum-Lauenburg verzeichneten jeweils eine rechte Gewalttat und sind damit am wenigsten betroffen.
Gewalttaten durch rechtsextremen "Aryan Circle"
Zebra e.V. wird aus dem bundesweiten Fördertopf "Demokratie Leben!" und aus Mitteln des Landes finanziert. Der Verein bezeichnet sich aber als unabhängig. Er hat mittlerweile fünf Berater, die in Schleswig-Holstein mit Opfern, deren Angehörigen oder Augenzeugen sprechen. Im vergangenen Jahr sei der Beratungsbedarf deutlich angestiegen, meldet Zebra. Das hänge unter anderem mit dem "Aryan Circle" aus dem Kreis Segeberg zusammen.
Diese Gruppe, übersetzt "Arischer Zirkel", gilt als gewaltbereit und rechtsextrem. Zu ihr soll auch der vorbestrafte und bundesweit bekannte Rechtsextreme Bernd T. gehören. Die Gruppe ist seit gut einem Jahr in und um Bad Segeberg aktiv und immer wieder mit Gewalttaten aufgefallen. Vor dem Amtsgericht Neumünster läuft zurzeit ein Prozess gegen ein "Aryan Circle"-Mitglied. Der Mann ist unter anderem wegen Körperverletzung in mehreren Fällen angeklagt.
