Kindesmissbrauch in Münster: Norderstedter vor Gericht
Im Missbrauchskomplex Münster hat am Dienstag ein erster Prozess vor dem Landgericht Münster begonnen. Verantworten muss sich ein Mann aus Schleswig-Holstein.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 53-jährigen Mann vor, im August 2019 einen damals neunjährigen Jungen aus Münster (NRW) schwer sexuell missbraucht zu haben. Bei dem Kind handelt es sich um den Ziehsohn des Hauptbeschuldigten in dem Gesamtkomplex. Der Angeklagte aus Norderstedt (Kreis Segeberg) hat nach Angaben von Ermittlungsleiter Joachim Poll gestanden, das Kind in Münster mindestens einmal schwer sexuell missbraucht zu haben. Der Staatsanwaltschaft zufolge machte der Angeklagte in seiner Aussage auch Angaben zu weiteren Beschuldigten des Gesamtkomplexes. Noch vor Verlesung der Anklageschrift am Dienstag wurde die Öffentlichkeit aus Gründen des Opferschutzes ausgeschlossen, wie ein Sprecher des Landgerichts schilderte.
Missbrauchter Junge muss wohl nicht aussagen
Nach Angaben eines Gerichtssprechers gab es am ersten Prozesstag eine Aussage des 53-jährigen Angeschuldigten. Nach aktuellem Stand brauche der missbrauchte Junge nicht selbst aussagen, sagte der Gerichtssprecher weiter. Stattdessen werde am nächsten Prozesstag am 23. November die Vernehmungsbeamtin gehört, die den Jungen verhört habe. Zu dem Termin soll auch ein psychiatrischer Gutachter Auskunft geben.
Tatort war offenbar ein Campingplatz in Niedersachsen
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Münster soll die Tat in der Wohnung der Mutter des Hauptverdächtigen aus Aachen stattgefunden haben. Der 53-Jährige soll sich mit seinem Wohnmobil auf einem Campingplatz in Niedersachsen aufgehalten haben. Auch dort soll ein Junge missbraucht worden sein. Der Norderstedter soll in engem Kontakt zu den anderen festgenommenen Männern gestanden haben. Unklar ist, inwieweit er an Übergriffen auf weitere Kinder beteiligt war.
Anfang Juni wurden Vorwürfe bekannt
Der Fall des schweren sexuellen Missbrauchs mehrerer Kinder in Münster war Anfang Juni bekannt geworden. Die weiteren Ermittlungen brachten eine ganze Reihe von Beschuldigten in mehreren Bundesländern ans Licht - und mehrere mutmaßliche Opfer, zum Teil die eigenen Kinder der Tatverdächtigen. Allein nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Münster sitzen acht Männer in Untersuchungshaft. Mehrere weitere Verfahren liegen bei anderen Ermittlungsbehörden.
Staatsanwaltschaft erhebt weitere Anklagen im Missbrauchsfall
Der größte Prozess gegen fünf Beschuldigte startet am 12. November. Die Anklageschrift richtet sich gegen den 27 Jahre alten Hauptverdächtigen aus Münster und dessen Mutter, wie das Gericht erklärte. Der 27-Jährige soll den Sohn seiner langjährigen Lebensgefährtin wiederholt anderen Männern für sexualisierte Gewaltverbrechen zur Verfügung gestellt und auch immer wieder selbst vergewaltigt haben.
Außerdem sind drei Männer aus Staufenberg (Hessen), Hannover (Niedersachsen) und Schorfheide (Brandenburg) angeklagt. Die fünf Beschuldigten befinden sich in Untersuchungshaft. Insgesamt werden den Beschuldigten Missbrauchsfälle zwischen 2018 und Mai 2020 vorgeworfen.
