Ersatzteile aus dem 3D-Drucker für Züge in ganz Deutschland
Deutlich schneller und oft auch günstiger: Ein Team im Bahn-Instandhaltungswerk in Neumünster tüftelt seit Jahren an Ersatzteilen für Züge aus dem 3D-Drucker.
Vier große rote Waggons stehen in der Halle des Instandhaltungswerks in Neumünster. Die typischen Doppelstockwagen sind zur Revision hier: Alle sechs Jahre werden sie überprüft - ähnlich wie bei der Hauptuntersuchung für Autos. Und in einem dieser Wagen gab's dieses Mal ein ungewöhnliches Problem: Eine eigentlich fest verschraubte Kunststoff-Abdeckung fehlte. Ein Loch in der Verkleidung, direkt neben der Tür. "Offen bleiben darf das nicht, da könnte man sich verletzen", sagt Carsten Wolfgramm. Er ist Experte für 3D-Druck - und wurde hier um Rat gefragt. Denn der Hersteller des Zuges hat diese Abdeckung nicht auf Lager, müsste sie extra produzieren.
Jahrelange Forschung an der richtigen Technik
Bevor also dieser Waggon wochenlang in der Werkstatt bleiben muss, hat sich Carsten Wolfgramm die alten Zeichnungen des Teils besorgt und den großen 3D-Drucker gestartet. Mehrere der Druckmaschinen in unterschiedlichen Größen stehen hier. Seit Jahren tüftelt das Team an den richtigen Materialien und Abläufen. Mittlerweile können sie hunderte verschiedene Bauteile fertigen. Vom Kleiderhaken über Lüftungsgitter bis hin zu der fehlenden Abdeckung. Der Kunststoff, den sie dafür verwenden, erfüllt besonders hohe Ansprüche, ist also beispielsweise lange flammenbeständig.
Der Vorteil: Auch besonders komplizierte Teile können die Maschinen drucken, ohne dass vorab zum Beispiel aufwendige Gussformen hergestellt werden müssen. "Momentan sind wir eigentlich nur von der Größe des Baurahmens beeinflusst, was bei uns bei der Großmaschine jetzt 70 Zentimeter in der Breite, 50 Zentimeter in der Tiefe und 60 Zentimeter hoch bedeutet. Da drin ist eigentlich alles möglich", erklärt Wolfgramm.
Bei Einzelteilen deutlich günstiger
Ab Mitte des Jahres sollen alle Bahnwerke in Deutschland mit gedruckten Kunststoff-Ersatzteilen aus Neumünster beliefert werden. Damit wird der Konzern unabhängiger von globalen Lieferketten. Im Moment sei 3D-Druck noch eine recht teure Technologie, deshalb lohne sich der Einsatz auch noch nicht für Massenanfertigungen, sagt Stefanie Brickwede, Leiterin des Konzernprojekts. "Da bin ich immer noch bei den herkömmlichen Fertigungsverfahren. Aber wenn ich kleine Serien oder Einzelteile brauche, dann ist tatsächlich der 3D-Druck billiger."
Bis 2030 sollen so 10.000 Ersatzteile, die nur selten benötigt werden, in einem digitalen Warenlager vorgehalten werden. Die Zeichnungen dafür sind gespeichert und sobald ein Teil fehlt, wird es auf Knopfdruck in einer der Druckmaschinen gefertigt. "So können wir auch unsere Züge pünktlich wieder bereitstellen", so Brickwede.
Züge schnell wieder aus der Werkstatt raus
Der 3D-Druck in der Neumünsteraner Werkstatt ist deutlich schneller als die bisherigen Bestellprozesse. Das zeigt auch das Beispiel mit der fehlenden Abdeckung im Waggon: "Vom Feststellen - da fehlt was - bis hin zum fertig lackierten Einbauteil haben wir eine Woche gebraucht", sagt Carsten Wolfgramm stolz. Beim Zulieferer wären es bis zu zwölf Wochen gewesen. Und so lange hätte der rote Waggon wohl auch noch hier in der Halle gestanden. Jetzt kann er dank Zukunftstechnologie aus Neumünster pünktlich wieder auf die Gleise.
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