E-Zigaretten: Vape-Trend bei vielen Jugendlichen in SH

Stand: 10.02.2023 18:11 Uhr

Einweg-E-Zigaretten sind eine Umweltsünde. Wie gesundheitsschädlich die sogenannten Vapes sind, ist umstritten. Ein differenzierter Blick auf den Jugend-Trend und die Branche in Schleswig-Holstein lohnt sich.

von Jörn Zahlmann

Sie tragen Namen wie Pink Lemonade oder Peach Ice und sehen aus wie etwas zu dick geratene Filzstifte: Einweg-E-Zigaretten - auch Einweg-Vapes (engl. Vaporizer, dt. Verdampfer) genannt. Besitzer müssen nur am schwarzen Mundstück ziehen, um den synthetisch-fruchtigen Dampf zu inhalieren. Deutschlandweit wandern laut dem Bündnis für tabakfreien Genuss (BfTG) monatlich fünf Millionen Einweg-E-Zigaretten über den Ladentisch - und wenig später nach etwa 600 Zügen in den Müll, inklusive Akku.

Allein in Schleswig-Holstein gibt es etwa 200 Fachgeschäfte für E-Zigaretten, schätzt das Bündnis. Durch den Vertrieb in Tankstellen und Kiosken gibt es die Einmal-E-Zigaretten ähnlich wie Tabakprodukte an fast jeder Ecke. Dadurch gelangten sie leichter in die Hände von Jugendlichen, fürchten Experten. Dabei sind Einmal-E-Zigaretten, egal ob mit oder ohne Nikotin, offiziell erst ab einem Mindestalter von 18 Jahren erhältlich.

Zwei Vape-Zigaretten liegen auf einer Mauer in einer Innenstadt © NDR Foto: Jörn Zahlmann
AUDIO: E-Zigaretten unter Jugendlichen immer beliebter (3 Min)

Influencer und Musiker bewerben Produkte häufig

Vape-Zigaretten stehen in einem Verkaufsregal © NDR Foto: Jörn Zahlmann
Deutschlandweit wandern monatlich Millionen von Einweg-Vapes über den Ladentisch.

Obwohl ähnliche Einweg-Produkte bereits seit vielen Jahren existieren, sind die Verkaufszahlen für sogenannte Disposables von Herstellern wie "Elfbar" oder "X-Bar" erst im vergangenen Jahr durch die Decke gegangen. Ein Grund dafür: Influencer und Musiker haben sie in Deutschland mehr oder weniger offensichtlich als Lifestyle-Produkt vermarktet, besonders auf den Plattformen TikTok und Instagram.

Das ist ein rechtlicher Graubereich, denn an Minderjährige gerichtete Werbung für diese Produkte ist verboten. Rapper wie Haftbefehl haben sogar eigene Einweg-E-Zigaretten herausgebracht. Das spricht offensichtlich eine junge Zielgruppe an.

"Am Kiosk haben sie uns erzählt, dass das gesund ist"

"Ich und ein Kumpel haben das halt auf TikTok gesehen. Und dann wollten wir mal zum Kiosk gehen und das da holen. Da haben sie uns erzählt, dass das gesund ist und nicht schädlich ist, und dann haben sie uns das verkauft", erzählt der zwölfjährige Damian aus Itzehoe im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein.

Seine Schulleiterin Sophie Steltner bestätigt den Trend: "Die Schüler benutzen das in der Freizeit sicherlich, also zumindest wenn ich sie nachmittags auf den Sportplätzen oder in der Stadt sehe. Man sieht es ja auch in TikTok-Videos oder wenn sie sich auf Insta ablichten. Dort ist das auch gerne mal eine Pose mit einem Vape in der Hand."

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Ein Mann raucht Vapes. © Screenshot
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Björn Malchow von der Landesstelle für Suchtgefahren beobachtet diese Entwicklung in den sozialen Medien mit großer Sorge: "Es ist schon erstaunlich, dass viele Influencer auch nebenbei, während sie andere Videos sehen, vapen. Es gibt Challenges, die die Kiddies dazu animieren, Vapes zu rauchen. Das kriegen wir mit unseren bescheidenen Mitteln kaum eingefangen."

Die E-Zigarette als Alternative für Raucher

Das Bündnis für tabakfreien Genuss skizziert einen Fall von illegalen Verkäufen an Jugendliche: "Ein Händler in Itzehoe, der nachgewiesen E-Zigaretten an Jugendliche verkauft hat, wurde lediglich verwarnt und ihm ein Bußgeld von 75 Euro angedroht. Das reicht bei Weitem nicht aus", sagt der BfTG-Vorsitzende Dustin Dahlmann.

Eine Aufbewahrungsbox für Akkus und Batterien steht auf einem Verkaufstresen von den E-Zigaretten "Vapes" © NDR Foto: Jörn Zahlmann
Nachhaltig geht anders: Einweg-E-Zigaretten bedeuten viel Müll.

Das Bündnis und Händler verurteilen den Verkauf von Einweg-E-Zigaretten an Minderjährige zwar scharf, halten es aber für falsch, deshalb die ganze Branche in die Schmuddelecke zu drängen. "Natürlich verkaufe ich viel lieber die Mehrwegprodukte, allein schon aus Nachhaltigkeitsaspekten", sagt Dierk Jürgens, der seit sechseinhalb Jahren einen Vape-Shop in Heide im Kreis Dithmarschen betreibt.

Jürgens' Kunden würden stärker auf Mehrwegprodukte zurückgreifen, je länger sie sich mit der Thematik beschäftigen: "Mehr als 90 Prozent meiner Kunden sind oder waren Raucher, die auf eine weniger schädliche Alternative zurückgreifen wollen, und diese Möglichkeit bieten E-Zigaretten nun einmal ganz klar."

Der Anteil an Einmal-E-Zigaretten macht laut BfTG mittlerweile 40 Prozent an dem Markt für E-Zigaretten aus, der in Deutschland insgesamt einen Umsatz von rund 575 Millionen Euro erwirtschafte.

Schädlichkeit noch immer umstritten

Hersteller und Händler von E-Zigaretten verweisen auf eine Vielzahl von Studien, die E-Zigaretten eine weitaus geringere Schädlichkeit als Tabakprodukten bescheinigen. Kritiker wie Björn Malchow stellen genau das aufgrund fehlender Langzeitstudien infrage: "Auch wenn es auf dem Papier weniger Schadstoffe sind, kann man diesen Dampf viel tiefer einatmen als Zigarettenrauch, weil er nicht so heiß ist. Und das schädigt sehr wahrscheinlich die kleinen Lungenbläschen noch mehr als normaler Zigarettenrauch."

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Das sogenannte Liquid von E-Zigaretten besteht neben destilliertem Wasser aus Aromastoffen, Nikotin und der Flüssigkeit Propylenglykol. Gesundheitlich bedenklich ist vor allem, das der schnell wachsende Markt für Einweg-E-Zigaretten in den vergangenen Monaten von Fälschungen überschwemmt wurde. Der Anteil dieser Fälschungen liegt derzeit laut BftG bei etwa zehn Prozent, Tendenz abnehmend.

Diese illegalen Produkte erfüllen häufig nicht die Anforderungen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. "Fälschungen kann man dadurch erkennen, dass auf den E-Zigaretten nicht 600 oder 800 als maximale Anzahl von Zügen angegeben ist, sondern eine Zahl jenseits von 1.000. Für diese Produkte gibt es in Deutschland nämlich gar keine Zulassung", sagt Händler Dierk Jürgens.

Liquid-Steuer und aufladbare Akkus kommen

Die Politik reagiert auf den E-Zigaretten-Hype. Eine sogenannte Liquidsteuer macht die Produkte ab Mitte Februar teilweise deutlich teurer. Und: Mehrere große Hersteller haben angekündigt, ab Ende Februar auch Modelle mit wiederverwendbarem Akku herauszubringen. Das ist zwar weniger schädlich für die Umwelt, aber es steht zu befürchten, dass sich auch diese Produkte bei jungen Menschen größter Beliebtheit erfreuen werden.

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Eine Frau raucht eine E-Zigarette. © tunedin - Fotolia Foto: Bernd Friedel

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 10.02.2023 | 17:00 Uhr

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