Berufsschüler campen aus Geldnot in Travemünde
Bootsbauer-Azubis auf dem Priwall schlafen immer wieder in Zelten oder ihren Autos, um Geld für die Unterbringung und Verpflegung zu sparen. Gewerkschaften fordern die Politik zum Handeln auf.
Aus ganz Deutschland kommen angehende Bootsbauer auf den Priwall nach Travemünde, um ihre zentrale Berufsschule dort zu besuchen. Doch ein Internatszimmer für rund 82 Euro pro Woche inklusive Verpflegung ist offenbar für so manchen nicht erschwinglich. Unter den Bootsbauern oder Segelmacher-Azubis kein neues Phänomen, aber eines, das schleunigst beendet werden sollte, finden die Gewerkschaften DGB und IG Metall.
Berufsschule reißt großes Loch in die Haushaltskasse
Carla Leibundgut ist extra aus der Schweiz nach Plön gezogen, um in Schleswig-Holstein das Bootsbau-Handwerk zu erlernen. Dreimal im Jahr besucht sie dafür auch die Landesberufsschule für Bootsbauer auf dem Priwall. Obwohl ihr Ausbildungsbetrieb die 20-Jährige bezuschusst, reiße ihr die Berufsschule jedes Mal ein großes Loch in die Haushaltskasse. Im ersten Lehrjahr verdiente sie 515 Euro brutto - die Mindestausbildungsvergütung. Die 250 Euro für drei Wochen Berufsschulinternat könne sie kaum aufbringen. Da biete es sich an, lieber im Zelt zu schlafen, erklärt die angehende Bootsbauerin.
Campingbus statt Internatszimmer
Auch ihr Azubi-Kollege Karl Slowik spart sich das Geld für Unterkunft und Verpflegung in der Berufsschule. Er schläft sogar jetzt im Dezember in seinem ausgebauten Campingbus, anstatt sich ein Zimmer zu nehmen. Er finde es schade, dass sich viele Auszubildende nur eine Unterkunft leisten könnten, wenn sie von ihren Eltern unterstützt werden. Problematisch werde jetzt aber langsam die Temperatur draußen und damit auch im Auto.
DGB und IG Metall fordern Hilfe von Landesregierung
In 14 von 16 Bundesländern gibt es laut DGB Nord bereits gesetzliche Regelungen zur Unterstützung bei Fahrt- und Übernachtungskosten für Berufsschüler, die in Landesklassen unterrichtet werden - also an einer zentralen Berufsschule. Nur in Schleswig-Holstein und Bremen nicht. Der DGB und die IG Metall Küste fordern von der Landesregierung, hier nachzubessern. Der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, schlägt der Regierung vor, in der aktuellen Corona-Krise leerstehende Hotelzimmer für die Azubis anzumieten. Die Hotels bräuchten Auslastung, die Auszubildenden Unterkünfte - am besten kostenlose.
