Bischof Franz-Josef Bode liegt im Dom von Osnabrück vor dem Altar auf dem Boden. © picture alliance / dpa | Friso Gentsch Foto: Friso Gentsch

Missbrauchsstudie im Bistum Osnabrück – Vertrauen am Boden

Stand: 22.09.2022 18:03 Uhr

Eine Missbrauchsstudie der Universistät Osnabrück sieht schwere Fehler bei Bischof Franz-Josef Bode. Ein Rücktritt kommt für ihn aber nicht in Frage.

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Autor Florian Breitmeier aus der Redaktion Religion und Gesellschaft

Ein Kommentar von Florian Breitmeier

Im Jahr 2010 lag Bischof Bode am Boden. Eine eindrucksvolle Geste im Osnabrücker Dom. Da schien ein Oberhirte die Dramatik des Missbrauchsskandals verstanden zu haben. Bode versprach damals, alle Möglichkeiten der Hilfen für die Betroffenen ausschöpfen zu wollen. Die Forscherinnen und Forscher der Universität Osnabrück haben in ihrem Zwischenbericht nun festgestellt, dass er sein Versprechen nicht eingehalten hat. Die katholische Kirche ist nicht großzügig, wenn es um Zahlungen an die Betroffenen geht. Zudem haben die Wissenschaftler zahlreiche Pflichtverletzungen der Osnabrücker Bistumsleitung festgestellt, der Franz-Josef Bode letztverantwortlich vorsteht. Die Glaubwürdigkeit des Bischofs ist seit Dienstag schwer beschädigt. Gleichwohl möchte Bode im Amt bleiben.

VIDEO: Missbrauchsstudie: Bischof Bode will im Amt bleiben (22.09.2022) (1 Min)

Kein Rücktritt - das ist die katholische Realität

Er wolle, so sagt er, Verantwortung für das Versagen in der Vergangenheit übernehmen. Ein Rücktrittsgesuch möchte er nicht anbieten. Der Papst würde es sehr wahrscheinlich ohnehin nicht annehmen. Für Franziskus sind Pflichtverletzungen im bischöflichen Amt nicht zwingend ein Grund, einen Oberhirten scharf zu kritisieren oder gar auf dessen Bitte hin von seinen Aufgaben zu entbinden. Das ist katholische Realität, so schwer das für Menschen nachzuvollziehen sein mag, die ihn ihrem Arbeitsalltag ganz andere Dinge erleben.

Bode erklärt sich praktisch für unabkömmlich

Keine Frage: Die meisten Katholikinnen und Katholiken im Bistum Osnabrück sind erleichtert, dass ihnen Bischof Franz-Josef Bode erhalten bleibt. Ein zweifellos beliebter Bischof, der in seiner Amtsführung gezeigt hat, dass er Gestaltungsmacht abgeben kann. Und sicher: Bode setzt sich in der Kirche konsequent für notwendige Reformen ein und hat seit 2019 mit einem institutionellen Schutzkonzept in Fragen sexualisierter Gewalt in seinem Bistum Bemerkenswertes auf den Weg gebracht. Gleichwohl bleibt nun ein bitterer Beigeschmack. Ein Rücktritt und eine damit einhergehende Vakanz an der Bistumsspitze, so begründet Bischof Bode seine Entscheidung, würde den wichtigen Aufarbeitungsprozess nur verzögern, nicht voranbringen. Er erklärt sich praktisch für unabkömmlich, was zur Folge hat, dass er im Amt bleibt.

Fachkompetenz von außen soll Versäumnisse auffangen

Das ist schon aus sich heraus fragwürdig. Bischof Bode stellt damit aber auch seiner eigenen Verwaltung kein gutes Zeugnis aus. Denn wenn sich der Bischof trotz fehlerhaften und kritikwürdigen Verhaltens weiterhin für unabkömmlich hält, um bereits angeschobene Dinge vorantreiben und scharf kontrollieren zu können - dann lässt das tief blicken. Das Bistum allein schafft es nicht. Stattdessen soll noch mehr Fachkompetenz von außen eingeholt werden, eine Ombudsstelle für die Interessen der Betroffenen soll es geben, um ihre Perspektiven - wie schon vor Jahren versprochen - endlich konsequent einzubeziehen.

Aussage von Bode zu Anerkennungsleistungen irritiert

Eine Aussage von Bischof Bode muss viele Betroffene am Donnerstag gleichwohl sehr verärgert haben. Bode erklärte nämlich, dass ihm erst durch die Präsentation der Teilstudie diese Woche klar geworden sei, dass sich die finanziellen Ausgleichszahlungen der Bischofskonferenz an die Betroffenen häufig unterhalb der staatlichen Rechtsprechung bewegen. Dabei hat der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz seit 2021 mehrfach Kritik am Verfahren geäußert. Noch im Juni vergangenen Jahres wurde ein so genannter "Hilferuf an alle Erzbischöfe, Bischöfe und Generalvikare der deutschen Bistümer" verschickt. Im August 2021 folgte ein weiterer Aufruf vor der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda. Dort wurde auch über die Kritik der Betroffenen beraten. Dass Bischof Bode von all dem nichts - oder viel zu wenig - mitbekommen haben will, ist schwer nachvollziehbar. Vertrauen unter den Betroffenen gewinnt man mit solchen Aussagen jedenfalls nicht. Vertrauen muss sich Bischof Bode nun aber wieder hart erarbeiten. So gesehen, liegt er zwölf Jahre nach dem Missbrauchsskandal 2010 wieder am Boden.

Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie dieser Kommentar geben die persönliche Sicht der Autorin / des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sich Kommentare bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Osnabrück | 25.09.2022 | 15:00 Uhr

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